St. Gallen – Der Schweizer Aktienmarkt dümpelt seit Monaten vor sich her. Im April hat er das letzte Kursrallye hingelegt, nachdem die Probleme der Credit Suisse und der amerikanischen Regionalbanken aus den Schlagzeilen verschwunden waren. Seither bewegen sich die Aktienkurse in einem engen Rahmen, im Trend aber nach unten. Der Swiss Performance Index hat in dieser Zeit schleichend 7% an Wert eingebüsst. Die positiven Impulse fehlen und je länger das andauert, desto stärker nehmen die Verleiderverkäufe zu. Doch woher sollen die positiven Impulse kommen?
Naheliegend sind die Themen, die die Finanzwelt momentan generell bewegen: Inflation, Zinsen und Konjunktur. Die Inflationsraten steigen wieder an, getrieben durch höhere Benzinpreise. In der Schweiz werden die höheren Mieten und der höhere Strompreis die Inflationsrate bis im Januar wieder über die Marke von 2% treiben. Der grundlegende Inflationsdruck, gemessen an der Kernrate ohne die stark schwankenden Preiskomponenten wie die Energiepreise, ist jedoch auf dem Rückzug, langsam, aber stetig. Diese Entwicklung ist nicht schlagzeilenträchtig, weshalb sie als positiver Impulsgeber kein grosses Gewicht hat.
Zinsausblick
Die Inflationsentwicklung ist aber ein entscheidender Faktor für die Geldpolitik der Zentralbanken. Von der SNB erwarte ich keine Zinserhöhung mehr. Sollte die Fed den Zins bis Ende Jahr noch einmal um 0.25% anheben, hätte das nur einen geringen Einfluss auf die Märkte. Die Zentralbanken werden die Zinsen aber nicht so rasch wieder senken wie bei den letzten Zinszyklen. Dazu fehlt die Finanzkrise wie 2009 oder die tiefe Rezession wie 2002 oder beim Ausbruch von Corona. Diese Erkenntnis fliesst momentan in die Finanzmärkte ein und lässt die Kapitalmarktzinsen steigen.
Während die SNB ihren Leitzins bis 2025 auf dem aktuellen Niveau von 1.75% halten kann, wird die Fed im nächsten Jahr die Zinsen langsam nach unten nehmen müssen. Zinsen über 5% in den USA sind konjunkturbremsend und nicht nachhaltig. Sobald es ihre Inflationseinschätzung erlaubt, wird die Fed deshalb zu einer expansiveren Geldpolitik übergehen. Das kann in der zweiten Jahreshälfte 2024 geschehen. Die Finanzmärkte werden aber bereits vorher darüber spekulieren, wann der erste Zinsschritt erfolgen wird. Das wird den Aktienmärkten einen Schub verleihen.
Konjunkturtalsohle
Bleibt der dritte Treiber, die Konjunktur. Die wirtschaftliche Abschwächung ist im Gange. Sie konzentriert sich bisher auf die Industrie und den Exportsektor, wird sich mit der Zeit aber auch auf nachgelagerte Bereiche wie die Dienstleistungen auswirken. Sie verläuft langsamer als auch von mir ursprünglich erwartet. Bis die Talsohle erreicht ist und der Aufschwung winken wird, dauert es deshalb auch länger und wird sich in das nächste Jahr hineinziehen. Die Analysten und die Finanzmärkte schauen auch hier voraus. Die Gewinnerwartungen der Analysten an die Unternehmen haben schon gedreht. Zaghaft gehen sie von höheren Gewinnen im nächsten Jahr aus. Wenn sich diese Einschätzung bestätigt und beschleunigt, wird das den Aktien ebenfalls positive Impulse verliehen.
Es braucht noch etwas Geduld. Das Dümpeln bei den Aktien und damit die Gefahr einer Erosion der Kurse kann noch weitergehen. Der Ausblick auf das nächste Jahr ist aber vielversprechend. Es lohnt sich, sein Aktienportfolio langsam darauf auszurichten. Beeilen muss man sich nicht. Da das Timing jedoch eine schwierige Sache ist, sollten die ersten Schritte bald einmal angegangen werden. (SGKB/mc/ps)