SGKB Investment views: Das Pfund ist das Opfer des Brexit
St. Gallen – Das einst so stolze Britische Pfund ist nur noch ein Schatten seiner selbst. Bei der Einführung flexibler Wechselkurse 1972 musste für ein Pfund 10 Franken bezahlt werden. 1980 waren es noch 4 Franken. 1992 fand George Soros das Pfund bei 2.50 Franken als überbewertet und startete seine berühmte Spekulationsattacke gegen die Bank of England. Die Unsicherheit vor und vor allem nach der Brexit-Abstimmung Ende Juni hat den Kurs von 1.55 um weitere 20% auf noch 1.20 Franken gedrückt. Eine Trendwende für das Geld Ihrer Majestät ist nicht in Sicht.
Der Brexit hat bisher vor allem in den Medien und den politischen Diskussionen stattgefunden. Dies ist nicht verwunderlich, da Grossbritannien nach wie vor Mitglied der EU mit allen Rechten und Pflichten ist. Die befürchtete Abwanderung von Firmen von der Insel auf den Kontinent hat noch nicht stattgefunden. Ein solcher Schritt ist komplex und teuer.
Abwarten …
Da macht es Sinn, zuerst einmal abzuwarten, wie der zukünftige Zugang zum EU-Binnenmarkt aussehen wird. Zudem zeigt das Beispiel von Nissan oder der Entscheid für eine dritte Startbahn am Flughafen Heathrow, dass die britische Regierung bereit ist, mit Geld und Zugeständnissen wichtige Wirtschaftszweige zu ködern. Das Wachstum des BIP im dritten Quartal, dem ersten nach der Abstimmung, ist mit einem Plus von 0.5% gut ausgefallen und hat sich im Vergleich zu den Vorquartalen gehalten. Überraschend stark war dabei das Plus von 1.6% bei den privaten Investitionen. Seit der Abstimmung haben die britischen Aktien 17% zugelegt. Dies liegt jedoch am schwachen Pfund und den damit verbundenen besseren Aussichten der Exportfirmen.
Die wirtschaftlichen Konsequenzen des Brexit werden erst zum Tragen kommen, wenn der Austritt aus der EU effektiv eingereicht ist und das Bild der zukünftigen Zusammenarbeit zwischen dem Königreich und dem Kontinent klarer wird. Aus heutiger Sicht scheint die Regierung in London einen «harten» Brexit anzustreben. Sie ist bereit, den EU-Zugang der Beschränkung der Personenfreizügigkeit zu opfern. Ob das politisches Pokern im Vorfeld der Verhandlungen mit der EU ist oder effektiv umgesetzt wird, wird sich in den nächsten zwei Jahren zeigen.
… verbessert die Aussichten für das Pfund nicht
Die Unsicherheit ist Gift für das Vertrauen in die Britische Währung, insbesondere wenn sich die Anzeichen für einen harten Brexit verdichten sollten. Dazu kommen ökonomische Faktoren, welche gegen das Pfund sprechen. Die Bank of England betont bei jeder Gelegenheit, dass sie die erwarteten wirtschaftlichen Probleme mit einer sehr expansiven Geldpolitik abfedern will und bereit ist, die Zinsen weiter zu senken.
Die Inflation in Grossbritannien ist innerhalb eines Jahrs von 0.7% auf 2.0% gestiegen. Durch den Kursverlust des Pfunds werden die Importgüter noch teurer, was mit der Zeit mittels Preiserhöhungen an die Konsumenten weitergegeben wird. Tiefere Zinsen und höhere Inflation sind jedoch Belastungsfaktoren für die Währung. Wer im nächsten Jahr grössere Ausgaben in Pfund tätigen muss oder plant, nach England oder Schottland in die Ferien zu gehen, der kann mit dem Kauf des Pfunds ruhig noch zuwarten. (SGKB/mc/ps)