SGKB investment views: Der Wind im Immobilienmarkt wird rauer
Die Fed und die EZB haben es letzte Woche vorgemacht. Die SNB wird am 21. September die Zinsen in einem letzten Schritt noch einmal um 0.25% erhöhen. Zinssenkungen werden in der Schweiz aber erst Ende 2024 ein Thema sein. Mit 2.00% ist der Leitzins der SNB rund 1% tiefer als das Top bei den letzten Zinserhöhungszyklen. Ausgehend vom tieferen Ausgangszins ist die absolute Erhöhung jedoch vergleichbar. Die höheren Zinsen schlagen auf die Finanzierungskosten der Immobilienbesitzer durch. Bei den Geldmarkthypotheken spürt man das sofort, bei den Festhypotheken spätestens bei deren Refinanzierung. Das Finanzierungsumfeld für Immobilien wird rauer.
von Thomas Stucki, CIO St.Galler Kantonalbank SGKB
Die Nachfrage nach Wohneigentum hat nachgelassen. Beim Handel mit Eigentumswohnungen ist dadurch die Preisentwicklung ins Stocken geraten, wobei der Wegfall von sogenannten «Buy-to-let»-Käufern eine nicht unwesentliche Rolle spielt. Die Preise von Einfamilienhäusern verhalten sich aufgrund der anhaltenden Knappheit dagegen stabiler.
Unterschiedliche Einschätzungen bei Renditeliegenschaften
Bei den Renditeliegenschaften ist die Unsicherheit und die Divergenz grösser als beim privaten Wohneigentum. Das zeigt sich in den unterschiedlichen Einschätzungen der Experten. Während Fahrländer Partner in ihren Transaktionsdaten im ersten Quartal einen deutlichen Einbruch der Preise feststellen, berichtet IAZI noch von weiter steigenden Preisen. Dass die Auswahl des Samples so unterschiedliche Resultate hervorbringt, zeigt die aktuelle Heterogenität des Marktes.
Bei der Beurteilung der Aussichten spielt neben den fundamentalen Rahmenbedingungen vor allem das Verhalten der institutionellen Investoren eine wichtige Rolle. Die Nachfrage nach Wohnungen wird weiterhin wachsen. Die demografische Veränderungen sorgen dafür, dass die Belegungsdichte pro Wohnung abnimmt und somit der Bedarf an Wohnraum steigt. Viele der offenen Stellen können zudem nur mit Personen aus dem Ausland besetzt werden, was die Nachfrage nach Mietwohnungen ebenfalls ankurbelt. Die Aufwärtstendenz bei den Angebotsmieten wird sich daher fortsetzen. Die Bestandesmieten werden ebenfalls anziehen, da der massgebliche Referenzzinssatz ein zweites Mal ansteigen wird.
Gesunde Preiskorrektur
Das Verhalten der Institutionellen Anleger ist dagegen weniger eindeutig. Die Nachfrage der Pensionskassen nach Immobilien nimmt ab. Durch die Verluste bei den Aktien und Obligationen 2022 bei gleichzeitig positiven Erträgen bei den Immobilien (Ausnahme: Immobilienfonds) ist der Immobilienanteil in ihren Portfolios gestiegen. Teilweise wurde die obere Grenze der Bandbreite für Immobilien im Anlagereglement erreicht oder überschritten. Diese Kassen werden vorderhand keine Immobilien mehr kaufen. Gleichzeitig sind die Renditeanforderungen an die Immobilien gestiegen, da auf den Obligationen wieder eine Rendite von 2% oder mehr erzielt werden kann.
Die Transaktionspreise für Renditeliegenschaften werden unter Druck geraten, was sich mit der Zeit auch auf die Bewertung von Bestandesliegenschaften auswirken wird. Einen aktiven Abbau der Immobilien und damit verbundene Verkäufe werden die Institutionellen Investoren aber nicht vornehmen. Ich erwarte deshalb eine gesunde Preiskorrektur, aber keine Immobilienkrise. (SGKB/mc)