SGKB investment views: Die Eurozone ist zurück im alten Fahrwasser

Thomas Stucki, Chief Investment Officer bei der St.Galler Kantonalbank. (Foto: SGKB)

Die Zentralbanken haben ihre Zinspolitik angesichts der steigenden und vor allem der sich ausbreitenden Inflation angepasst und die Leizinsen angehoben. Die Ausnahme ist die Europäische Zentralbank, die es bisher bei einer Ankündigung eines minimalen Schrittes von 0.25% für den Juli belassen hat. Dies trotz einer Inflationsrate von über 8% in vielen Euroländern und der Eurozone insgesamt. Aber schon die Ankündigung hat die Schulden der südlichen Euroländer wieder in den Fokus gerückt. Die Rendite der 10-jährigen Anleihe Italiens ist auf 4.20% gestiegen. Anfang Jahr lag sie noch bei 0.50%. Aufgeschreckt hat die EZB vor allem die Ausweitung der Kreditrisikoprämie Italiens gegenüber den deutschen Anleihen auf deutlich über 2%.

von Thomas Stucki, CIO der St.Galler Kantonalbank

Die EZB hat darauf reagiert und an einer Sondersitzung beschlossen, bei den Käufen von Anleihen sich noch stärker auf Anleihen der schuldengeplagten Länder wie Italien, Portugal oder Griechenland zu konzentrieren. Der schon zuvor nur noch auf dem Papier herrschende Anspruch, sich nicht an der Staatsfinanzierung der Euroländer zu beteiligen, wurde damit endgültig fallengelassen. Dies hat zwar die italienischen Renditen auf 3.50% gedrückt, aber der Reputation der EZB und der Eurozone weiteren Schaden zugefügt.

Italien im Scheinwerferlicht
Die Notmassnahme hat vor allem gezeigt, wie angespannt die Nerven im Frankfurter Eurotower sind. Man will eine Diskussion über eine neuerliche Eurokrise gar nicht erst aufkommen lassen. Kurzfristig war die EZB damit erfolgreich. Ob es mittelfristig auch so ist, steht dagegen auf einem anderen Blatt. Um die Inflation unter Kontrolle zu bringen, muss die EZB die Zinsen stärker und schneller erhöhen als sie dies bisher vorgesehen hat. Jede Zinserhöhung wird wie ein Scheinwerfer auf die hohen Schulden Italiens leuchten und diese zum Thema machen. Es rächt sich, dass die Lösung der strukturellen Probleme des Konstruktes Euro und die Stärkung der fiskalpolitischen Disziplin der Mitglieder nie angegangen wurde. Um die Eurozone stabil zu halten, wird die EZB immer stärker als Garant der italienischen Zahlungsfähigkeit auftreten müssen.

Franken bleibt stark
Für den Euro heisst das, dass er immer wieder hinterfragt wird und regelmässig unter Druck kommt. Ein schwacher Euro hilft zwar der europäischen Exportindustrie, verstärkt in der aktuellen Situation aber die Inflationsprobleme der EZB. Für die Unternehmen in der Schweiz bedeutet das, dass man sich weiter mit einem latent schwachen Euro auseinandersetzen muss. Diesbezüglich haben sie in den letzten zehn Jahren bereits einiges an Erfahrung gewinnen können. Gegenüber dem Franken wird der Euro in den nächsten Monaten um die Parität herumpendeln. Mittelfristig wird ein Euro jedoch weniger als einen Franken kosten. Trotz dem stärkeren Franken wird die SNB nicht darum herumkommen, die Zinsen weiter anzuheben, um die Inflationsrate wieder unter 2% zu drücken. Das wird den Druck auf den Euro zusätzlich verstärken. Die SNB wird am Devisenmarkt deshalb auch in Zukunft öfter zu den Verkäufern von Franken als zu den Käufern von Franken gehören. Der Abbau der Devisenreserven ist für sie wohl mehr Wunschdenken als mögliche Realität. (SGKB/mc)

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