SGKB Investment views: Die tiefen Zinsen schaffen ein grosses Anlagerisiko
St. Gallen – Viele Pensionskassen haben in den letzten Jahren ihre Aktienquote und die Gewichtung verschiedener Alternativen Anlagen kräftig aufgestockt. Auslöser war in den meisten Fällen das Tiefzinsumfeld, allenfalls kombiniert mit einer grösseren Risikofähigkeit dank gestiegenen Schwankungsreserven. Die finanzielle Situation der Pensionskassen ist momentan gut, nachdem die Aktienmärkte in den letzten 10 Jahren eine Performance von mehr als 300% hingelegt haben. Gemäss der Swisscanto Pensionskassenstudie lag der durchschnittliche Deckungsgrad der privatrechtlichen Pensionskassen Ende 2020 bei 116% und dürfte in diesem Jahr weiter gestiegen sein.
Rückschläge im normalen Rahmen, wie sie an den Aktienmärkten regelmässig vorkommen, können durch den Sicherheitspuffer aufgefangen werden. Problematischer wird es in Crashsituationen wie 2008 oder im März 2020, weil dann auch die versteckten Risiken in den Portfolios gnadenlos zuschlagen. Von diesen Risiken gibt es bei vielen Kassen immer mehr. Der Haupttreiber hinter dieser Entwicklung sind die tiefen bis hin zu negativen Renditen bei den sicheren Obligationen. Durchschnittlich haben die Kassen knapp 30% in Obligationen investiert, mehrheitlich in Franken oder in Franken abgesichert. Diese geben dem Portfolio die nötige Stabilität, tragen aber nichts zur Erzielung der notwendigen Mindestrendite bei. Entsprechend gross ist der Druck und der Wille, das Portfolio renditebringender zu gestalten.
Höhere Risiken – mit mehr oder weniger Transparenz
Der klassische Ausweg ist die Erhöhung der Aktienquote oder das Halten eines grösseren Immobilienportfolios. Mehr Aktien zu halten, ist einfach umzusetzen. Zudem sind die Risiken und Abhängigkeiten von diversifizierten Aktienportfolios offensichtlich und transparent. Bei den Immobilien wird es schon schwieriger, sowohl in der Umsetzung als auch in der Transparenz der Risiken. Mangels Anlagemöglichkeiten in der Schweiz wird auf Produkte mit ausländischen Immobilien ausgewichen, oft ohne die genauen Kenntnisse über deren Risiken, den effektiven Kosten und den mangelnden Möglichkeiten beim Verkauf in schwierigen Zeiten. Ein weiterer Ausweg sind Alternative Anlagen. Diese versprechen, die langen Haltefristen mit einer entsprechenden Illiquiditätsprämie zu entschädigen. In der Realität wird diese meistens durch die Kosten eliminiert. Zudem sind die Produkte kaum durchschaubar und risikomässig ein Blindflug.
Aber auch im vermeintlich sicheren Obligationenteil werden auf der Suche nach Rendite immer mehr Risiken aufgeladen. Die einfachste Methode ist das Ausweichen auf Schuldner mit einem schlechteren Rating bis hin zu High YieldAnleihen. Komplexer wird es bei den Anleihen aus Schwellenländern, zumal in Lokalwährung. Die Rendite ist zwar hoch, die Verluste auf der Währung sind es meistens aber auch, wie das Beispiel der Türkischen Lira wieder vor Augen führt. Noch schwieriger abzuschätzen sind die Risiken bei Strukturen, die mit Optionalitäten agieren oder mit ausländischem Senior Private Debt und den damit verbundenen, meist angelsächsischen Rechtsstrukturen.
Überraschungen in Stresssituationen
In all diesen Anlagen werden nur ein paar wenige Prozente des Portfolios investiert. Im Einzelfall sind sie risikomässig tragbar. Bei Stresssituationen an den Finanzmärkten verlieren sie aber alle überdurchschnittlich viel an Wert, weil viele verzweifelte Verkäufer auf eine geringe Anzahl an potenziellen Käufern treffen. Die daraus resultieren Verwerfungen an den Märkten bringen die versteckten Risiken ans Tageslicht. Zu den Verlusten bei den Aktien, die in den ALM-Studien meistens korrekt erfasst und gewichtet werden, summieren sich plötzlich die negativen Überraschungen und der Risikopuffer schmelzt dahin wie der Schnee in der Frühlingssonne. (SGKB/mc/ps)