Von Thomas Stucki, CIO St.Galler Kantonalbank
St. Gallen – Heute beginnen in Iowa die Vorwahlen in den USA. In den nächsten Wochen folgenden die anderen Staaten Schlag auf Schlag. Bei den Wahlkampfveranstaltungen geht es um viele Themen, die Schulden der USA gehören aber nur am Rande dazu, wenn überhaupt. Die Leute interessiert es nicht und mit der Schuldenbekämpfung kann nicht gepunktet werden. In einer Woche steht die US-Verwaltung wieder vor einer teilweisen Zahlungsunfähigkeit. Ein Teil des provisorischen Budgets, das zwischen den Republikanern und den Demokraten im Herbst ausgehandelt wurde, läuft aus und muss verlängert werden. Der rechte Flügel der Republikaner im Repräsentantenhaus stellt sich einmal mehr quer. Vordergründig geben sie an, dass sie damit den weiteren Schuldenaufbau verhindern wollen. Effektiv geht es ihnen darum, den Staat zu schwächen. Das Schuldenproblem angehen wollen sie auch nicht. Die damit verbundenen schmerzhaften Einschränkungen können sie ihrer Klientel nicht zumuten.
Also steigen die Schulden der USA munter weiter an. Mittlerweile haben sie eine Summe von 34’000 Mrd. US-Dollar erreicht. Für die Zinsen gab das Treasury im letzten Jahr 68 Mrd. US-Dollar aus, 12% der gesamten Ausgaben. Damit kostet der Schuldendienst fast so viel wie das Militär. Neben der steigenden Summe der Schulden schlagen auch die höheren Zinsen durch. Vor drei Jahren umfasste die Zinsrechnung noch 25 Mrd. US-Dollar oder 5% der Ausgaben.
Einfache Finanzierung
Dass die US-Schulden politisch nur ein populistisches und kein ernstgenommenes Thema sind, hängt auch mit deren leichten Finanzierung zusammen. Der grösste Gläubiger des US-Finanzministeriums ist die Fed mit einem Anteil von 14%. Seit dem Sommer 2022 hat die Fed ihre Bestände an US-Treasuries jedoch um 1’000 Mrd. US-Dollar reduziert, ohne dass es an den Märkten je ein grosses Thema war. Andere Investoren fanden sich mit Leichtigkeit. Die grossen Fondsverwalter wie Vanguard, Fidelity oder BlackRock sprangen in die Bresche. Ein positiver Faktor bei der Beurteilung der US-Schuldenlage ist der mit 22% relativ kleine Anteil an ausländischen Haltern von Treasuries, angeführt von Japan. China hat seine Positionen seit 2018 um einen Drittel reduziert. Die Drohkulisse, dass China den USA den Geldhahn zudreht, ist sehr brüchig geworden.
Nur zwischendurch ein Thema sind die US-Schulden an den Finanzmärkten. Wenn die Schuldenobergrenze oder die Schliessung der Bundesverwaltung droht, wird die Zahlungsunfähigkeit der USA und der Zusammenbruch des globalen Finanzsystems heraufbeschworen. Nach der üblichen Last-Minute-Einigung in Washington verschwindet das Thema schnell wieder. Die angedrohten höheren Zinsen aufgrund von Rating-Herabstufungen haben sich nie materialisiert. Der Treiber hinter den US-Zinsen sind die Zinserwartungen an die Fed.
Widerstandsfähiger US-Dollar
Diese werden durch die Inflation und die Konjunktur bestimmt und nicht durch das «Kreditrisiko USA». Gering ist der Einfluss der Schulden auch auf die Währung. Der US-Dollar wird in unserer Wahrnehmung immer schwächer. Das mag richtig sein für die Zeit zwischen 2000 und 2010, als der US-Dollar zum Franken von 1.80 auf die Parität fiel. Auf diesem Niveau hielt er sich dann mehr als zehn Jahre, auch dank der SNB, bevor er in den letzten Monaten auf 85 Rappen fiel. Schwächer wurde der US-Dollar aber nur gegen den Franken. Handelsgewichtet wird der US-Dollar schon seit längerem immer teurer. Seit 2018 hat er sich um 25% aufgewertet, gleich viel wie der Franken.Von den Kursrückgängen an den Aktienmärkten während der ersten Handelstage darf man sich nicht zu stark beeindrucken lassen. Im Gegenteil: Die Aktien verschiedener Firmen aus dem Technologiebereich oder der Industrie sind so stark gefallen, dass sich unerwartet gute Einstiegsmöglichkeiten bieten. (SGKB/mc/ps)