SGKB Investment Views: Die Zentralbankchefs steuern aus dem Hintergrund

SGKB Investment Views: Die Zentralbankchefs steuern aus dem Hintergrund
Thomas Stucki, Chief Investment Officer bei der St.Galler Kantonalbank. (Foto: SGKB)

St. Gallen – Die Finanzkrise 2008 hat die Zentralbanken und ihre Chefs aus dem lange gepflegten Schattendasein ins Rampenlicht der Hauptbühne katapultiert. Es galt, den kompletten Zusammenbruch des Finanzsystems zu verhindern. Dafür hatten sie die nötigen Kompetenzen und Mittel. Die Corona-Krise schlägt direkt auf die Realwirtschaft durch, ohne den Umweg über das Finanzsystem. Der betroffene Bereich der Wirtschaft ist deutlich grösser als 2008, weshalb das auf die Stärkung des Finanzsystems ausgerichtete Instrumentarium der Zentralbanken diesmal zu kurz greift. Gefordert sind staatliche Hilfen, die breit eingesetzt werden können, um den Kollaps vieler Unternehmen zu verhindern. Dennoch kommt den Zentralbanken und ihren Chefs im Hintergrund auch in der aktuellen Krise eine wichtige Rolle zu.

Die Stossrichtung der Aktionen ist bei den verschiedenen Zentralbanken ähnlich. Sie wollen mit genügend Liquidität für die Banken sicherstellen, dass die Stabilität des Finanzsystems nicht in Frage gestellt wird. Damit sind sie bisher sehr erfolgreich. Darüber hinaus versuchen sie, mit ihren Mitteln der Wirtschaft zu helfen. Diesbezüglich sind das Vorgehen und die Erfolge unterschiedlich.

Wirksame Anleihenkaufprogramme
Die Fed und Jerome Powell haben nach Startschwierigkeiten in die Spur gefunden. Die beiden ausserordentlichen Zinssenkungen wirkten überhastet und haben mehr Ängste geweckt als positive Impulse ausgelöst. Zinssenkungen bringen im aktuellen Umfeld nichts. Die Konsumenten kommen im Lockdown nicht zurück, weil die Zinsen bei Null sind. Mit ihrer Ankündigung, bei Bedarf unbeschränkt Anleihen zu kaufen, hat die Fed den Stress im amerikanischen Kapitalmarkt gelindert. Mit diesem Programm wird sie auch die zusätzlichen US-Treasuries absorbieren, die zur Finanzierung der US-Hilfsprogramme emittiert werden. Die Auftritte von Fed-Präsident Jerome Powell strahlen auch wieder die nötige Ruhe und Souveränität aus.

Die EZB und ihre Präsidentin Christine Lagarde suchen dagegen noch ihre Rolle. Die EZB hat zwar ein riesiges QE-Programm von 750 Mrd. Euro gesprochen. Wozu die Gelder verwendet werden, ist aber noch unklar. Zudem agiert Christine Lagarde nicht sehr vertrauenserweckend. Nachdem sie zu Beginn gesagt hat, dass die EZB die italienischen Schulden nicht finanzieren werde, macht sie sich nun für die Corona-Bonds und damit die gemeinschaftliche Finanzierung der Ausgaben der südlichen EU-Länder stark. Anstatt darüber eine Grundsatzdiskussion mit Angela Merkel zu führen, würde sie besser die die Bereitschaft der EZB für die Unterstützung einer raschen Hilfe für Italien signalisieren. Die nötigen Gefässe wie den ESM gibt es in der EU schon von der Hilfe für Griechenland. Diese Gefässe sind zudem gut dotiert.

Gezielte Massnahmen der SNB
Eine souveräne Figur geben die SNB und Thomas Jordan ab. Man spürt keinen hektischen Aktivismus, sondern ein wohlüberlegtes Vorgehen. Die SNB hat auf eine Zinssenkung verzichtet, die in der aktuellen Situation eh nichts bringt. Sie unterstützt die Wirtschaft durch gezielte Interventionen am Devisenmarkt, um den Franken nicht zu stark werden zu lassen. Dieses Instrument hat sich in den letzten Jahren bewährt und die Mittel der SNB sind bei weitem noch nicht ausgeschöpft.

Zudem entlastet sie die Banken und sichert so das wichtige Bindeglied zwischen Regierung und Wirtschaft. Gleichzeitig stellt sie die Gelder für das angelaufene Überbrückungsprogramm des Bundes zur Verfügung. Die Zentralbanken können die Wirtschaft nicht über die Corona-Krise tragen. Gefragt sind grosse, aber zielgerichtete und rasch umgesetzte staatliche Hilfsprogramme. Die Zentralbanken sind für diese Hilfsbemühungen dennoch ein wichtiger Faktor. Sie haben das, was die staatlichen Programme nötig haben werden: grosse Mengen an Geld. (SGKB/mc/pg)

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