SGKB Investment views: Droht eine neue Dot.com-Bubble?
St. Gallen – Im Frühjahr 2000 war die Dot-Com-Blase geplatzt und hatte die Börsen weltweit in die Tiefe gerissen. Im Vorfeld wurden die Aktien von Firmen, die irgendetwas mit dem Internet zu tun hatten, auch wenn es nur der Name war, mit Milliarden bewertet. Dass die meisten von ihnen nichts verdienten, war egal. Nach dem Platzen der Blase dauerte es drei Jahre, bis der Trend der Aktienkurse wieder nach oben drehte. Der S&P500 verlor in dieser Zeit 50%, der Swiss Performance Index gar 55%. Eine ähnliche Entwicklung wie 2000 ist heute wieder zu beobachten. Damit sind nicht die Technologieaktien gemeint, die stark an Wert zugelegt haben, sondern die Vorgänge bei den Kryptowährungen.
Dass der Preis des Bitcoin 50’000 US-Dollar beträgt und er mit einer Marktkapitalisierung von fast 1’000 Mrd. US-Dollar doppelt so wertvoll ist wie der Detailhandelsriese Walmart, mag ja noch gehen. Schliesslich hat er sich als feste Grösse etabliert und es existiert für den Bitcoin ein eingespielter Handel mit einem ansehnlichen Handelsvolumen. Dieses beträgt das Fünffache des täglich gehandelten Volumens in der Aktie der weltweit grössten Firma Apple. Schwierig nachzuvollziehen sind jedoch die Vorgänge bei anderen Kryptowährungen.
Dogecoin, Polkadot und andere Kuriositäten
Von dem von den eigenen Herausgebern als Witzwährung ohne Funktion bezeichneten Dogecoin wollen wir dabei gar nicht sprechen. Von der Kryptowährung «Polkadot» dürften die wenigsten schon etwas gehört haben. Ihr Preis ist in diesem Jahr von 5 US-Dollar auf fast 50 US-Dollar gestiegen und sie ist mit 43 Mrd. US-Dollar doppelt so viel wert wie der Liftbauer Schindler. Gehandelt wird in dieser Währung pro Tag das halbe Volumen der Apple-Aktie. Noch schräger sind die Vorgänge in der Kryptowährung «Internet Computer». Sie wurde am 11. Mai lanciert und wies am Ende des ersten Tages eine Marktkapitalisierung von 53 Mrd. US-Dollar auf. Scheinbar soll die der Währung zugrundeliegende Blockchain die Cloud-Dienstleistungen revolutionieren.
Entscheidend ist, wer Kryptowährungen hält
Der Hype um die Kryptowährungen kann und wird wahrscheinlich noch etwas weitergehen. Irgendwann wird wie bei der Dot-Com-Hysterie die Blase jedoch platzen. Wenn sich der Preis der Kryptowährungen ausgehend vom heutigen Stand halbiert, fallen Verluste von 1’200 Mrd. US-Dollar an. Ob das Platzen der Blase weitere Teile der Finanzmärkte oder gar die Weltwirtschaft mit in den Strudel reissen kann, hängt in erster Linie davon ab, wo und bei wem diese Verluste anfallen. Bei den Kryptowährungen dürften vor allem private Investoren und ein paar institutionelle Anleger betroffen sein. Diese erleiden zwar schmerzliche Verluste, bringen das Finanzsystem aber nicht zum Einsturz. Das war bei der Dot-Com-Blase anders. Damals waren viele Banken involviert, die durch die Verluste ihrer Direktanlagen in den entsprechenden Aktien oder durch Kreditausfälle aufgrund der Verluste ihrer Kunden in Existenznöte gerieten. Probleme bei den Banken weiten sich sehr schnell auf das gesamte Finanzsystem und durch dieses auch auf die Realwirtschaft aus.
Ein Einbruch der Preise der Kryptowährungen ist mit den heute investierten Volumen noch kein grosses Problem für das Finanzsystem und die Wirtschaft. Gefährlich wird es dann, wenn die Investitionen in die Kryptowährungen mit Hilfe von Krediten stark ausgeweitet würden. Je länger der Hype dauert, desto grösser wird die Gefahr, dass die Investment Banken im grösseren Stil auf den Zug aufspringen. Darum wäre es nicht schlecht, die Luft in den Kryptowährungen würde eher früher als später abgelassen werden. (SGKB/mc/ps)