SGKB investment views: Fed und EZB an unterschiedlichen Wegmarken

Thomas Stucki

Thomas Stucki, Chief Investment Officer bei der St.Galler Kantonalbank. (Foto: SGKB)

Am Mittwoch wird die Fed ihren Zinsentscheid fällen, am Donnerstag folgen die Bank of England und die EZB. Die SNB hat weniger ordentliche geldpolitische Sitzungen und wird erst am 23. März den nächsten Zinsentscheid fällen. Eine ausserordentliche Zinsanpassung vorher drängt sich nicht auf. Wie üblich wird im Vorfeld spekuliert, wie stark die Zinserhöhungen ausfallen und welche Signale für die zukünftige Geldpolitik ausgesendet werden. Dabei ist die Ausgangslage für die Fed eine andere als für die EZB.

von Thomas Stucki, CIO St. Galler Kantonalbank

In den USA hat die Fed ihren Leitzins seit dem letzten März in teilweise ungewöhnlich grossen Schritten von jeweils 0.75% insgesamt um 4.25% angehoben. Das Zinsniveau bei den Krediten und Hypotheken hat ein Niveau erreicht, das über dem konjunkturneutralen Bereich liegt und auf die US-Wirtschaft eine bremsende Wirkung entfaltet. Die Inflationsrate ist in den letzten Monaten von 9.1% auf 6.5% gefallen. Damit ist sie noch sehr weit vom angepeilten Zielwert von 2% entfernt. Gleichzeitig zeigt sich der Arbeitsmarkt robust. Die Zahl der offenen Stellen ist trotz einem Rückgang in den letzten Monaten immer noch fast doppelt so hoch wie die Zahl der Arbeit suchenden Personen, was den Druck für Lohnerhöhungen aufrechterhält. Ein Ende der Zinserhöhungen ist deshalb noch nicht angebracht.

Fed +0.25%; EZB mindestens +0.5%
Dass die Fed nun das Tempo der Zinserhöhungen drosselt und wahrscheinlich zu Anpassungen in 0.25%-Schritten übergeht, macht nach dem starken Anstieg im letzten Jahr Sinn. Ich erwarte, dass bis Mitte Jahr noch ein paar kleinere Zinsschritte folgen werden und am Ende ein Niveau knapp über 5% erreicht wird. Dort werden die Zinsen für eine Weile bleiben. An die rasche Trendumkehr nach unten glaube ich nicht, weil die Fed nicht überschossen hat und die Konjunktur sich zwar wie gewünscht abschwächt, aber nicht einbricht.

Die EZB ist dagegen erst am Anfang ihres Zinserhöhungszyklus. Es dauerte bis zum September, bevor der EZB-Rat trotz einer aus dem Ruder gelaufenen Inflationsentwicklung sich zu einer restriktiveren Zinspolitik entscheiden konnte. Seither macht aber auch er ernst und hat den Leitzins von Null auf 2.50% erhöht.

Damit befindet sich der Zins erst am unteren Ende des konjunkturneutralen Bereichs. Von einer inflationshemmenden Geldpolitik kann noch nicht gesprochen werden, obschon die Inflationsrate von 10.6% auf immer noch schmerzhafte 9.2% gefallen ist. In vielen Euroländern steigen die Preise mit einer Rate von deutlich mehr als 10% an. Die EZB darf keine Erwartung aufkommen lassen, dass ihr Wille zur Bekämpfung der Inflation nachlässt. Die Rahmenbedingungen für weitere Zinserhöhungen haben sich für die EZB verbessert. Die befürchtete Energiekrise ist nicht eingetreten. Die Preise für Erdgas und Strom sind deutlich gefallen, was die Firmen und die Haushalte entlastet. Politisch ist es rund um die Eurozone ruhig. Die deutschen Panzer haben die italienischen Schulden aus den Schlagzeilen verdrängt. Es gilt in Frankfurt die Gelegenheit zu nutzen und mit einem weiteren Schritt von mindestens 0.50% ein Zeichen zu setzen. Ich gehe davon aus, dass bis Mitte Jahr der Leitzins in der Eurozone 4.00% erreichen wird.

Mehr Speilraum für die SNB
Für die SNB bedeutet das, dass die Zinsdifferenz zum US-Dollar und zum Euro bis im März deutlich grösser wird, was die Attraktivität des Frankens schmälert. Die SNB hat jedoch kein Interesse an einem schwachen Franken, um die importierte Inflation in Grenzen zu halten. Entsprechend hat sie den Freiraum,
ihrerseits den Leitzins um weitere 0.50% zu erhöhen. Die nach wie vor zu hohe Inflation in der Schweiz und das immer noch sehr tiefe Zinsniveau hierzulande erfordern das und die stabile Konjunkturlage in der Schweiz erlaubt dies. (SGKB/mc/pg)

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