St. Gallen – Die Zahl der leerstehenden Mietwohnungen nimmt zu. Der Leerwohnungsanteil ist gesamtschweizerisch mit 1.7% so hoch wie seit 25 Jahren nicht mehr. In einzelnen Regionen ausserhalb der grossen Städte liegt der Anteil deutlich höher. Wenn man durch das Land fährt und die vielen Baustellen sieht, hat man aber nicht den Eindruck, dass der Bau neuer Wohnungen zurückgeht. Die Zahl der leeren Wohnungen wird daher weiter steigen, was sich negativ auf den Mietertrag der Immobilienbesitzer auswirken wird. Einerseits fehlen die Mieteinnahmen der leerstehenden Wohnungen, andererseits werden die Mieten in den stark betroffenen Regionen sinken.
Bei den Gewerbe- und Büroliegenschaften sieht es nicht besser aus. Zur Zunahme des Online-Handels kommen nun noch die Folgen der Corona-Rezession hinzu. Bisher konnten die Geschäftsschliessungen dank den Covid-Krediten und den anderen Hilfsmassnahmen in Grenzen gehalten werden. Auf Dauer müssen die Betriebe jedoch wieder auf den eigenen Beinen stehen können.
Strukturwandel wirkt auf Immobilienmarkt
Der Corona-Einbruch war so stark, dass es zu strukturellen Veränderungen in der Wirtschaft kommen wird. Diesen werden in den nächsten Wochen viele Betriebe zum Opfer fallen. Frei werdende Gewerberäume zu den alten Konditionen neu zu vermieten, wird schwierig sein. Bei den Büros wird sich neben den rezessionsbedingten Leerständen der Schub beim Home-Office bemerkbar machen. Die Firmen werden ihre Büroräumlichkeiten neu strukturieren und den Raumbedarf reduzieren. Dies wird spätestens nach dem Ende der Corona- Pandemie und nach der Aufhebung der nötigen Abstandsregelungen zu einem grossen Angebot an freien Büroflächen führen.
Die Aussichten für die Immobilieninvestoren waren schon besser. Dennoch wird es nicht zu einem markanten Einbruch bei der Nachfrage nach Immobilien und damit verbunden mit einem Einbruch der Immobilienpreise kommen. Die Renditen, die mit den Immobilien erzielt werden, werden kleiner sein. War eine Rendite von weniger als 3% vor noch nicht allzu langer Zeit für viele Investoren ein «No go», liegt diese Grenze nun eher bei 2%. Im Vergleich zu den Renditen von 0% bei den Obligationen sind Immobilien gerade für institutionelle Anleger wie Pensionskassen auch zu den tieferen Erträgen jedoch immer noch attraktiv.
Weiterhin hohe Immobiliennachfrage
Gegenüber dem anderen Renditetreiber, den Aktien, haben die Immobilien den Vorteil, dass sie weniger schwankungsanfällig sind. Die Pensionskassen werden deshalb bemüht sein, zumindest ihre aktuelle Gewichtung der Immobilien im Portfolio zu halten. Da die meisten Pensionskassen mehr Einzahlungen als Rentenausgaben haben, müssen sie weiter in Immobilien investieren, um die bestehende Gewichtung zu halten. Ihre Nachfrage nach Immobilien wird deshalb hoch bleiben. Das gleiche gilt für die Privatinvestoren. Personen mit grossen Barbeständen werden von ihren Banken zunehmend mit Negativzinsen konfrontiert und versuchen, diesen auszuweichen. Obligationen sind für sie zu den aktuellen Renditen keine Alternativen und noch mehr Aktien wollen sie aus Furcht vor möglichen Kursverlusten auch nicht halten. Kleinere Renditeliegenschaften sind da oft ein willkommener Ausweg.
Die Preise der Immobilien werden trotz sinkender Erträge nicht sinken, solange die Zinsen auf den heutigen tiefen Niveaus bleiben. Das Eis wird aber dünner. Sollte es zu einem raschen und starken Anstieg der Zinsen um gegen zwei Prozent kommen, werden die Obligationen wieder zu einer Alternative und die Immobilienpreise laufen Gefahr, ins Rutschen zu kommen. Angesichts der wirtschaftlichen Lage und den Aussichten für noch während mehreren Jahren anhaltende Negativzinsen der SNB ist diese Gefahr aber gering. (SGKB/mc)