SGKB investment views: Janet Yellen hat vieles richtig gemacht
St. Gallen – Heute übergibt Janet Yellen die Führung der Fed an ihren Nachfolger Jerome Powell. Am letzten Mittwoch hat sie ihren letzten geldpolitischen Entscheid der Fed so gefällt, wie sie es während ihrer gesamten Amtszeit gemacht hat: überlegt, ohne Effekthascherei und konsequent das Ziel einer graduellen Straffung der Zinsen verfolgend.
Janet Yellen hat von ihrem Vorgänger Ben Bernanke eine Fed übernommen, die eine sehr expansive Geldpolitik führte. Das Quantitative Easing-Programm und damit die Ausweitung der Fed-Bilanz war am Laufen. Zinserhöhungen waren noch kein Thema, obwohl die Arbeitslosenrate schon auf die 6.5% gesunken war, die Bernanke als Marke für eine Änderung der Geldpolitik ins Spiel gebracht hatte. Zudem sass den Finanzmärkten noch der Tapering-Schock vom Sommer 2013 in den Knochen, als die Rendite der 10-jährigen Treasury-Note innert weniger Wochen von 1.60% auf 3.00% emporschnellte und an den Aktienmärkten zu deutlichen Kursverlusten führte.
Nach dem Auslaufen des QE-Programms Ende 2014 verhielt sich die Fed lange Zeit ruhig, obwohl die Arbeitslosenrate stetig weiter sank. Yellen fehlte der Lohndruck nach oben. Zudem nahm sie sich die Zeit, um die Finanzmärkte auf die Zinswende vorzubereiten. Als im Dezember 2015 dann der erste Zinsschritt vollzogen wurde, war das zwar ein mediales Ereignis, aber an den Finanzmärkten keine Überraschung mehr. Die Fed liess sich dann ein ganzes Jahr Zeit, um die Zinsen zum zweiten Mal anzuheben. Der Einbruch der Rohstoffpreise drückte die Inflationsraten nach unten. Zudem war nicht sicher, wie stark die Industrie unter dem Investitionsstopp der Energiefirmen leiden würde.
Langes zögern – transparentes Vorgehen
Janet Yellen wurde in dieser Zeit teilweise vorgeworfen, sie sei zu zögerlich in ihren geldpolitischen Entscheiden. Erst im letzten Jahr hat die Fed dann damit begonnen, in einem regelmässigen Rhythmus die Zinsen weiter zu erhöhen. Dabei wurde immer wieder betont, dass man den Prozess graduell und für die Wirtschaft und die Finanzmärkte schonend vollziehen will.
Das Meisterstück vollbrachte Janet Yellen mit dem Start des Abbaus der Fed-Bilanz im letzten Oktober. Die Befürchtung war gross, dass die Märkte kippen könnten, wenn dem System die vorher hineingepumpte Liquidität wieder entzogen wird. Die Märkte wurden von der Fed jedoch so gut darauf vorbereitet, dass der Start des Abbaus kein Thema war. Das Vorgehen der Fed ist transparent und auf mehrere Jahre ausgerichtet. Seit dem Herbst werden nicht mehr alle Fälligkeiten von Anleihen im Portfolio der Fed reinvestiert. Zuerst war der Betrag mit 10 Mrd. Dollar pro Monat noch gering. Heute sind es 20 Mrd. Dollar pro Monat und Ende Jahr werden es 50 Mrd. Dollar pro Monat sein. Der Abbau geht sehr ruhig und ohne offensichtlichen Einfluss auf die Märkte vonstatten.
Rolle der Politik
Janet Yellen ist es gelungen, in ihrem letzten Amtsjahr die Fed aus dem politischen Lärm in Washington herauszuhalten. Sie liess sich auch durch die showmässige Inszenierung der Wahl des neuen Fed-Präsidenten nicht beeinflussen und zog ihr Programm durch.
Die Unabhängigkeit der Fed wird die grosse Herausforderung für ihren Nachfolger sein. Der geldpolitische Pfad der Fed ist vorgezeichnet und wird von Jerome Powell so weiter-geführt werden. Die solide US-Wirtschaft und der trotz zunehmenden Anzeichen von Kapazitätsengpässen immer noch tiefe Inflationsdruck lassen eine ruhige Fed-Politik weiter zu. Die Gefahr ist aber gross, dass Donald Trump versuchen wird, stärkeren Einfluss auf die Fed zu nehmen und von Jerome Powell Loyalität einzufordern, ähnlich wie er es mit anderen von ihm ernannten Mandatsträgern macht. Die Gefahr wird vor allem dann zunehmen, wenn sich die US-Wirtschaft abschwächen sollte und Jobs nicht mehr geschaffen werden, sondern verloren gehen. (SGKB/mc)
Dr. Thomas Stucki ist CIO der St.Galler Kantonalbank. Herr Stucki hat einen Abschluss mit Doktorat in Volkswirtschaft von der Universität Bern und ist CFA Charterholder. Er führt bei der St.Galler Kantonalbank das Investment Center mit rund 35 Mitarbeitenden. Er ist verantwortlich für die Verwaltung von Kundenmandaten und Anlagefonds im Umfang von 6,0 Milliarden Franken. Zuvor war er als Leiter Asset Management der Schweizerischen Nationalbank verantwortlich für die Verwaltung der Devisenreserven.
St. Galler Kantonalbank AG
Die St.Galler Kantonalbank wurde 1868 gegründet und ist seit 2001 an der Börse SIX Swiss Exchange kotiert. Der Kanton St. Gallen hält als Mehrheitsaktionär 54.8% des Aktienkapitals. Als Universalbank bietet sie den Kunden in ihrem Heimmarkt die gesamte Palette von Finanzdienstleistungen an. In Zürich ist sie mit einer auf Vermögensverwaltung spezialisierten Niederlassung präsent. Mit ihrer umfassenden Dienstleistungspalette betreut sie Privatkunden in der Deutschschweiz in allen Fragen der privaten Vermögensplanung und Vermögensverwaltung. Am 31. Dezember 2016 beschäftigte die St.Galler Kantonalbank Gruppe insgesamt 1227 Mitarbeitende und verwaltete Kundenvermögen von CHF 38.3 Milliarden. Das Stammhaus besitzt Staatsgarantie und das Aa1-Rating von Moody’s.