SGKB Investment views: Kollateralschäden werden in Kauf genommen

Thomas Stucki, Chief Investment Officer bei der St.Galler Kantonalbank. (Foto: SGKB)

St. Gallen – Eine Lehre aus der Finanzkrise 2008 war, dass Rettungsmassnahmen dann wirken, wenn sie beeindrucken. Beeindrucken tun sie vor allem, wenn sehr viel Geld in die Hand genommen wird. Sowohl die Politiker als auch die Zentralbanken leben in der Corona-Krise diesen Grundsatz bis zum Exzess aus. Ein staatliches Milliardenpaket, um die die Unternehmen und die Konsumenten über die Rezession zu retten, folgt dem anderen. Dabei werden die Beträge immer grösser, wie der Vorschlag für ein EU-Paket von 500 Milliarden Euro zeigt. Die Zentralbanken pumpen ihrerseits Hunderte von Milliarden in die Kreditmärkte, um das Finanzsystem zu sichern. Der kurzfristige Erfolg ist wichtig. Die langfristigen Konsequenzen werden bewusst in Kauf genommen.

Die Staatsverschuldung steigt weiter an und wird noch stärker zu einer Hypothek für die zukünftigen Generationen. Die zusätzliche Verschuldung muss in den nächsten Jahren oder gar Jahrzehnten wieder abgebaut werden. Das bedeutet, dass der Staat entweder sparen muss oder dass er höhere Steuern erheben wird. Beides wirkt sich negativ auf die konjunkturelle Entwicklung aus. Während finanziell solide Länder wie die Schweiz oder Deutschland diesen Weg gehen können, werden bereits heute stark verschuldete Länder wie Italien die zusätzliche Schuldenlast einfach stehen lassen und ihre Schuldenquote langfristig erhöhen. Das wird sie in Zukunft noch anfälliger machen auf neue Krisen und es wird ihre Abhängigkeit von häufig ausländischen Gläubigern erhöhen.

Abhängigkeiten
Die verschiedenen Abhängigkeiten sind durch die Corona-Rettungsmassnahmen generell gestiegen. Bei Unternehmen, welche dank Corona-Hilfen die Krise überstehen, wird die politische Einflussnahme zunehmen. Ein alarmierendes Beispiel dafür ist die Einschränkung in der Freiheit der Dividendenausschüttung. Die Corona-Hilfen werden auch als Argument für neue Regulierungen dienen, welche den Unternehmen auferlegt werden, beispielsweise den Fluggesellschaften. Dass ausufernde Regulierungen als Folge solcher Rettungsübungen politisch salonfähig werden, mussten die Banken nach der Finanzkrise erfahren. Die Folge wird ein schwächeres Wirtschafswachstum sein. Auch die Abhängigkeiten zwischen den Staaten werden zunehmen. Beispielsweise werden in der EU die wirtschaftlich und finanziell schwachen Länder noch stärker am Tropf der starken Länder hängen, was die Spannungen innerhalb der EU weiter erhöhen wird.

Die Zentralbanken weiten ihr Mandat immer weiter aus und zementieren damit ihre Retterrolle. Sich aus dieser nach der Krise zu verabschieden, wird für sie schwierig bis unmöglich sein. Die EZB wird dauerhaft einen grossen Teil der Finanzierung der schwachen Euroländer übernehmen müssen. Ansonsten ist die Gefahr von explorierenden Zinsen für italienische Staatsanleihen zu gross. Die Fed wird ihre Position als grösster Gläubiger des amerikanischen Staates dauerhaft ausbauen und über den Kauf von Treasuries auch zukünftig einen Grossteil der wachsenden Budgetdefizite finanzieren. Die SNB soll mit ihren Geldern fast alles retten, angefangen bei der AHV bis hin zu den Pensionskas-sen. Weitere Ideen für die Verwendung von SNB-Geldern werden unweigerlich folgen.

Falsche Anreize
Die langfristigen Auswirkungen der Corona-Rettungspakte haben eines gemeinsam. Sie setzen falsche Anreize und schränken die wirtschaftliche Effizienz ein. Die Konsequenz wird sein, dass die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise länger anhalten werden und dass das zukünftige Wirtschaftswachstum geringer ausfallen wird. Nach der Finanzkrise haben die Ökonomen gerätselt, warum die Erholung aus der Rezession weniger stark ausgefallen ist als in früheren Zyklen. Die Jahre nach der Finanzkrise waren nur das Vorspiel von dem, was sie nach der Corona-Rezession antreffen werden. (SGKB/mc/ps)

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