von Thomas Stucki, CIO St.Galler Kantonalbank
St. Gallen – Am Donnerstag wird die Nationalbank den nächsten Zinsentscheid fällen. Ich gehe davon aus, dass die SNB den Leitzins noch einmal um 0.25% auf 2.00% anheben wird. Die Konjunktur in der Schweiz schwächt sich ab, insbesondere im Verarbeitenden Gewerbe und im Exportsektor. Die Nachfrage beim privaten Konsum ist aber anhaltend hoch, was es den konsumnahen Bereichen wie dem Detailhandel und dem Gastgewerbe ermöglicht, die Preise verbreitet anzuheben. Die Inlandteuerung liegt immer noch über 2% und ist damit im Vergleich zu den in der Vergangenheit üblichen 0.5% viel zu hoch. Die aktuelle Inflationsrate von 1.6% widerspiegelt den Inflationsdruck in der Schweiz nur bedingt richtig. Die SNB wird sich davon nicht täuschen lassen. Eine weitere Zinserhöhung ist deshalb angebracht.
Die Zeit der Zinserhöhungen ist dann auch in der Schweiz für erste vorbei. 2.00% ist kein hohes Zinsniveau. Die letzten Zinserhöhungszyklen beendete die SNB im Bereich von 3%, allerdings war jeweils der Ausgangszins beim Start höher. Das Ausmass des Zinsanstiegs ist diesmal ähnlich. Zudem haben sich die Haushalte und die Firmen in den letzten 10 Jahren an sehr tiefe Zinsen gewöhnt, wodurch der gefühlte Zinsanstieg, der die Konsum- und Investitionsentscheidungen massgeblich beeinflusst, stark ist.
Flache Zinskurve
Das Ende der Leitzinserhöhungen ändert die Rahmenbedingungen für die festverzinslichen Finanzprodukte. Das betrifft nicht nur die Anlegerinnen und Anleger, welche sich überlegen müssen, ob und in welche Obligationen sie investieren wollen, sondern genauso die Finanzierungsseite der Unternehmen und der privaten Haushalte. Soll ich eine SARON-Hypothek machen oder doch eine Festhypothek? Die Zinskurve ist momentan flach wie ein Bügelbrett. Der Zinssatz für eine Geldmarkthypothek ist gleich hoch wie derjenige für Festhypotheken jeglicher Laufzeit bis 10 Jahre.
Für den Entscheid, welche Hypothek die richtige ist, sind zwei Faktoren wichtig. Wie entwickeln sich die Zinsen in den nächsten Jahren und wie viel Zinsunsicherheit kann ich mir finanziell und emotional leisten? Die Zinsen für das nächste Jahr zu prognostizieren, ist schwierig. Das Zinsniveau in fünf Jahren vorherzusagen, ein Spiel mit dem Glücksrad. Ein brauchbarer Anhaltspunkt ist daher eine Schätzung für das durchschnittlich zu erwartende Zinsniveau über einen Zinszyklus.
Stabile langfristige Hypothekarzinsen
Die Inflationsrate in der Schweiz wird sich im mittleren Bereich des Zielbandes der SNB einpendeln, also bei 1%. Die SNB hat ein Interesse daran, dass der reale Zinssatz leicht positiv ist und damit im Mittel den Leitzins bei 1.5% halten. Geldmarkthypotheken dürften somit im Schnitt etwas billiger sein als heute. In der Regel sind die Zinsen für längere Laufzeiten höher als für die kürzeren. Der 10jährige-Swapzins wird sich im Bereich zwischen 2.00% und 2.50% bewegen. Unter Einbezug der Marge der Banken wird der Zins für langfristige Festhypotheken im aktuellen Bereich oder leicht höher sein.
Der zweite Faktor der Tragbarkeit plötzlicher Zinserhöhungen für das eigene Budget ist individuell. Dieser legt fest, welcher Anteil der Finanzierung aus Planungs- und Sicherheitsüberlegungen langfristig angebunden werden soll, auch bei den im Vergleich zu den Vorjahren optisch hohen Zinssätzen. Was sich nicht lohnt, ist mit einer drei- oder vierjährigen Festhypothek auf tiefere Zinsen in drei oder vier Jahren zu setzen. Deshalb sollte der «freie» Teil der Finanzierung über eine SARON-Hypothek abgeschlossen werden. Damit profitiert man von im Durchschnitt tieferen Zinsen und einer im Normalfall ansteigenden Zinskurve. (SGKB/mc/ps)