Der Schweizer Franken hat in den letzten zwei Wochen deutlich an Wert verloren. Der Euro ist in dieser Zeit zum Franken von 1.08 auf 1.11 gestiegen. Eine vergleichbare Abwertung des Frankens zum Euro fand im letzten Juni statt, als der Eurokurs in kurzer Zeit von 1.05 auf über 1.08 anstieg. Damals wurde die Bewegung durch die Stärke des Euro nach dem Beschluss des EU-Corona-Hilfspakets von 750 Mrd. Euro ausgelöst.
Diesmal geht die Bewegung von einer Schwäche des Frankens aus. Er verliert praktisch gegenüber allen Währungen an Wert. So ist der Kurs des US-Dollars von 0.89 auf 0.93 Franken gestiegen. Die Entwicklung des Frankens verläuft dabei analog zu derjenigen des Goldes. Beide sind gefragt, wenn das Sicherheitsbedürfnis gross ist. Beide sind aber nicht besonders attraktiv, wenn die Anleger entspannt sind.
Die Ausschläge an den Aktienmärkten haben zuletzt durch die zunehmenden Inflationswarnungen zwar zugenommen. Angesichts des Fortgangs der Corona-Impfungen und des zusätzlichen Hilfspakets in den USA stehen die Zeichen jedoch auf wirtschaftliche Erholung. In diesem Umfeld kommen die Nachteile des Frankens zum Tragen. Der Zins im Franken ist deutlich tiefer als anderswo, insbesondere bei Anlagen in US-Dollar. Der Obligationenmarkt ist klein und illiquid. Grössere Summen können nicht investiert werden, nicht einmal in den Eidgenossen-Anleihen. Wer nicht die Risiken des Aktienmarktes eingehen will, muss sein Geld bei den Banken platzieren. Diese versuchen, mit der Belastung von Negativzinsen genau das zu verhindern.
Willkommene Pause für die SNB
Der einzige Markt in der Schweiz, der für grosse ausländische Investoren interessant ist, ist der Aktienmarkt. Die Qualität der Unternehmen ist gut und zumindest in den SMI-Titeln ist der Handel liquide. Mit den Schwergewichten in den Sektoren Pharma und Nahrungsmittel ist der Schweizer Markt aber im Vergleich zu anderen Aktienmärkten konservativ ausgerichtet, was momentan auch nicht gefragt ist. Wenn ein paar grosse Investoren ihre Franken verkaufen, sinkt der Kurs stärker als im Euro oder im US-Dollar. Wenn dann zusätzlich die Signale bei ein paar Devisenhandels-Modellen auf «Sell Franken» wechseln, resultieren die Bewegungen der letzten zwei Wochen.
Die SNB wird darüber nicht unglücklich sein. Die Frankenschwäche ist nicht stark genug, um die Gefahr einer importierten Inflation heraufzubeschwören. Aber sie verhilft der SNB zu einer Ruhepause und stützt die Schweizer Wirtschaft. Die SNB wird sich hüten, die Schwäche des Frankens zu nutzen, um ihre Devisenreserven zu verkleinern. Dazu müsste sie Franken gegen Euro oder USDollar am Markt kaufen. Den riesigen Berg der Devisenreserven um ein paar wenige Milliarden abzubauen, bringt ihr gar nichts. Im Gegenzug ist die Gefahr gross, dass bei Gerüchten über Frankenkäufe der Nationalbank eine neue Spekulationswelle für den Franken ausgelöst wird.
Franken behält Status des sicheren Hafens
Auch ohne aktive Mithilfe durch ein Gegensteuern der Nationalbank ist das Potenzial einer weiteren Abschwächung des Frankens beschränkt. Der US-Dollar wird von der Diskussion profitieren, ob die Fed bei einer raschen Erholung der US-Wirtschaft ihre Zinsen früher anheben wird als bisher angekündigt. Er kann in den nächsten Wochen daher noch etwas zulegen. Der Euro wird aber früher oder später von seinen ungelösten Problemen eingeholt werden. Daran wird auch der alte und neue Hoffnungsträger Mario Draghi nicht viel ändern können. Nicht zuletzt wird der Franken seinen Mythos als sicheren Hafen behalten und bei den nächsten Turbulenzen an den Finanzmärkten wieder gesucht sein. Wann diese eintreten werden, weiss man nicht. Dass es sie aber irgendwann geben wird, ist sicher. (SGKB/mc/pg)