SGKB investment views: Rückkehr zur Frankensteuerung ist keine Option
Von Thomas Stucki, CIO der St.Galler Kantonalbank
Die SNB steuert die Monetären Bedingungen für die Schweizer Wirtschaft. Dazu hat sie zwei Stellschrauben: die Zinsen in der Schweiz und den Wechselkurs des Frankens. Eine Aufwertung des Frankens hat dabei die gleiche Wirkung wie Zinserhöhungen und umgekehrt. Seit der Aufhebung der Negativzinsen sind die Zinsen wieder das hauptsächliche geldpolitische Steuerungsinstrument der Nationalbank. Zuvor hatte sie zehn Jahre lang Währungspolitik betrieben.
In letzter Zeit sind die Rufe aus der Wirtschaft lauter geworden, die SNB müsse wieder den Franken steuern, sprich schwächen. 2022 ist der Franken zum Euro mit einer Aufwertung von 10% stärker gestiegen ist als im letzten Jahr. 2022 lagen die Inflationsraten und damit die Kostensteigerungen in den umliegenden Ländern jedoch fast im zweistelligen Bereich und die Auftragsbücher der Unternehmen waren voll. Das grössere Problem als der Franken war das fehlende Personal. Nun hapert es mit neuen Aufträgen und die Inflationsdifferenz zum Euroland ist zusammengeschmolzen. Dadurch drückt ein starker Franken wieder mehr. Die heutige Situation ist aber nicht vergleichbar mit 2011, als die SNB mit der Einführung des Euromindestkurses von 1.20 die Notbremse zog. Zuvor war der Kurs des Euro zum Franken innert drei Jahren um 30% von 1.60 auf 1.10 gefallen. Das ist für die Wirtschaft nicht mehr verkraftbar und kann auch mit Produktivitätsgewinnen und Innovationen nicht aufgefangen werden.
Teurer Franken
Der Franken wird über die Zeit in der Tendenz teurer, da über den Wechselkurs der Vorteil der tieferen Inflation in der Schweiz ausgeglichen wird. Daran wird sich nicht viel ändern. Daher ist es für die Unternehmen angenehm, wenn die SNB für sie das Währungsmanagement übernimmt und den Franken stabil hält. Das erhöht die Planungssicherheit, insbesondere bei langfristigen Exportaufträgen. Es ist daher nicht weiter verwunderlich, dass die entsprechenden Forderungen in erster Linie aus der Exportindustrie kommen.
Die Sicherheit der Stabilisierung des Frankens durch die SNB ist jedoch mit ökonomischen Kosten verbunden, welche die Vorteile mehr als aufheben. Zum einen profitiert, zumindest direkt, davon nur ein kleiner Teil der Wirtschaft. Die Binnenwirtschaft ist vom Franken nur indirekt betroffen und nimmt den Effekt grösstenteils gar nicht wahr. Daher fühlen sich die meisten Leute von einem starken Franken gar nicht bedroht. Schwerwiegender ist, dass die Nationalbank die Zinspolitik und die damit verbundene Signalwirkung der Zinsen wieder aufgeben muss. Der Leitzins muss für eine längere Zeit wieder gegen Null oder gar in den negativen Bereich sinken, um den Franken unattraktiv zu machen. Die Folgen wären gravierend, beispielsweise für den Immobilienmarkt, aber auch für die Pensionskassen. Die Erfahrung der letzten Negativzinsperiode zeigt, dass die Zinsstrafe allein nicht ausreicht, den Franken auf Dauer stabil zu halten. Die SNB müsste wieder regelmässig am Devisenmarkt intervenieren und Fremdwährungen aufkaufen. Die damit verbundenen Folgen wie der Aufbau der Devisenreserven und die politischen Begehrlichkeiten an die SNB kennen wir.
Marktkräfte sollen steuern
Die SNB hat im Dezember angekündigt, den Verkauf von Devisen zu stoppen. Wahrscheinlich hat sie über das Jahresende auch aktiv zu Lasten des Frankens in den Devisenmarkt eingegriffen. Das war in der damaligen Situation nach dem starken Anstieg des Frankens zum Euro und vor allem zum US-Dollar richtig. Es muss mit Risiken verbunden bleiben, auf eine Aufwertung des Frankens zu spekulieren. Im Grundsatz muss und soll die SNB den Franken aber den Marktkräften überlassen und über die Zeit eine Aufwertung zulassen. Für die Allokation des Kapitals in der Wirtschaft ist es wichtiger, dass die Zinsen in der Schweiz im positiven Bereich bleiben und ihre Steuerungsfunktion ausüben können. (SGKB/mc/ps)