SGKB investment views: SNB darf sich nicht vom Markt treiben lassen

Thomas Stucki, Chief Investment Officer bei der St.Galler Kantonalbank. (Foto: SGKB)

Von Thomas Stucki, CIO der St.Galler Kantonalbank

Am Donnerstag Mittag wird die Europäische Zentralbank ihre Leitzinsen mit grosser Wahrscheinlichkeit um 0.25% senken. Der Einlagesatz für die bei der EZB deponierten Gelder wird dann 3.00% betragen. Zuvor am Vormittag wird die SNB ihren Zinsentscheid veröffentlichen. Auch sie wird ihren Leitzins mit ebenso grosser Wahrscheinlichkeit senken, ja senken müssen. Mit ihrer Kommunikation beim letzten Zinsentscheid im September und bei den zwischenzeitlichen Auftritten von Martin Schlegel hat sie diese Zinssenkungen angekündigt. Damit hat sie eine starke Spekulation auf sinkende Frankenzinsen ausgelöst. Diese zeigt sich vor allem den Swap-Zinsen, dem liquidesten Instrument am Schweizer Kapitalmarkt. Sie sind so stark gefallen, dass der Renditeaufschlag zu den Eidgenossenanleihen auf wenige Basispunkte zusammengeschmolzen ist. Dafür haben sich die Renditen der Franken-Swaps von den Renditen der Pfandbriefanleihen gelöst, welche nun fast 0.40% mehr rentieren als die Swaps. Normalerweise ist die Renditedifferenz zwischen dem Swap und den Pfandbriefen sehr gering.

Wenn die SNB am Donnerstag den Zins nicht senkt und den Markt enttäuscht, wird sie eine starke Reaktion bei den Zinsen und beim Franken auslösen. Die Swap-Zinsen würden deutlich steigen und der Franken an Wert zulegen. Viele der aufgebauten Positionen auf sinkende Zinsen müssten aufgelöst werden, um die anfallenden Verluste zu begrenzen und die Marktreaktion verstärken. Das wäre nicht im Interesse der SNB, welche mit ihren in Aussicht gestellten Zinssenkungen den Franken schwächen will. Eine Zinssenkung von 0.25% ist daher Pflicht. Die Markterwartungen gehen aber weiter. Mit einer 50%-Wahrscheinlichkeit wird sogar ein grosser Zinsschritt der SNB von 0.50% erwartet. Mit einem kleinen Zinsschritt würde man sich zufriedengeben, da dann die nächste Zinssenkung im März als gegeben angenommen wird. Eine Senkung von 0.50% auf dann noch 0.50% wäre übertrieben und wird von uns nicht erwartet. Nachdem die SNB im ersten Halbjahr bereits grosszügig mit ihrem kleinen Zinspolster umgegangen ist, kann man aber nicht ausschliessen, dass sie erneut ein Zeichen für die Schwächung des Frankens setzen will. Damit würde sie jedoch nur die Markterwartungen an die Zinsen tief in den negativen Bereich sinken lassen, ohne dass die Wirkung auf den Franken nachhaltig wäre.

Bekannte Folgen von Negativzinsen
Die SNB könnte mit Negativzinsen umgehen, wie die Vergangenheit gezeigt hat. Dank der Freigrenze für die Banken, innerhalb welcher ihre Giroguthaben bei der SNB von den Negativzinsen verschont blieben, konnte sie den Saron-Zinssatz nahe bei ihrem negativen Leitzins halten. Dank dieser Freigrenze konnten auch die Banken mit den Negativzinsen einigermassen gut leben. Bestraft wurden die Sparer und die Anleger, die sich mit nichtexistenten oder im Fall der Pensionskassen zu tiefen Renditen auf risikoarmen Anlagen abfinden mussten. In der Folge wichen sie auf Aktien, Immobilien und illiquide Alternative Anlagen aus. Bei einer neuen Negativzinsphase, die wiederum ein paar Jahre dauern würde, würde sich das alles wiederholen.

Unberechenbare Geldpolitik
Es wäre gut, die SNB würde sich von der «Forward Guidance» wieder verabschieden und die Märkte im Dunkeln lassen, wie sie ihre Geldpolitik führen will. Gleichzeitig wäre es auch nicht schlecht, sie würde die ihr zur Verfügung stehenden Instrumente Leitzins und Devisenmarktinterventionen flexibel einsetzen. Sie muss und kann die Märkte am Donnerstag nicht mit dem Verzicht auf eine Zinssenkung überraschen. In ihrem Ausblick sollte sie sich aber bewusst bedeckt halten und nicht wie im September weitere Zinssenkungen in Aussicht stellen. Ihre Lage mit dem starken Franken, der angesichts der politischen Unsicherheiten rund um den Globus als sicherer Hafen gefragt bleiben wird, ist nicht einfach. Umso wichtiger ist es, dass sie nicht mehr so ausrechenbar bleibt, wie sie es momentan ist.

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