SGKB Investment views – US-Schuldenobergrenze: einmal mehr

SGKB Investment views – US-Schuldenobergrenze: einmal mehr
Thomas Stucki, Chief Investment Officer bei der St.Galler Kantonalbank. (Foto: SGKB)

St. Gallen – Die Geschichte wiederholt sich alle paar Jahre wieder. Das US-Treasury erreicht mit seinen ausstehenden Schulden die vom Kongress bestimmte Obergrenze und kratzt überall Geld zusammen bis ein Beschluss zur Erhöhung der Schuldengrenze vorliegt. In den letzten zwei Jahren wurde die Obergrenze ausgesetzt. Seit dem 1. August ist sie nach dem Auslaufen dieser Regelung wieder in Kraft. Seither darf das Treasury keine neuen Schulden mehr machen. Irgendwann zwischen Mitte Oktober und Anfang November wird es trotz ausserordentlichen Massnahmen nicht mehr in der Lage sein, ohne Erhöhung der Schuldengrenze seine Rechnungen zu bezahlen. Der nächste Government Shutdown droht.

Jedem ist klar, dass ein «Default» der USA katastrophale Folgen für die Finanzmärkte und die US-Wirtschaft haben würde. Dennoch versuchen beide Parteien im Kongress der gegnerischen Partei als Gegenleistung für ihre Einwilligung möglichst hohe politische Konzessionen abzuringen und den schwarzen Peter zuzuschieben. Das gilt insbesondere für die Partei, die gerade nicht den Präsidenten stellt. So verkündete der Republikanische Führer im Senat, Mitch McConnell, dass er unter keinen Umständen höhere Schulden zulassen werde, obschon er in der Vergangenheit schon mehr als dreissig mal einer Erhöhung der Schulden zugestimmt hat. Das Risiko ist hoch, dass es auch diesmal wieder zu einer Schliessung der Verwaltung kommen wird. Seit 1976 wurde die US-Verwaltung in zwanzig Fällen teilweise oder vollständig geschlossen. Betroffen waren alle Präsidenten mit Ausnahme von George W. Bush. Der längste Shutdown dauerte über das Jahresende 2018/19 unter Trump mehr als einen Monat.

Der grosse Poker für das Galerie
Die Finanzmärkte schauen dem Poker im Capitol zu Washington normalerweise interessiert und belustigt zu. Gross beeindrucken lassen sie sich davon nicht, da alle davon ausgehen, dass das Problem früher oder später gelöst wird. 2011 kam es jedoch zu grösseren Turbulenzen, als Standard & Poor’s die Diskussion um die Erhöhung der Schuldenobergrenze zum Anlass nahm, das Rating der USTreasuries von AAA auf AA+ zu senken. Das war ein riesiger Reputationsverlust für die USA, heute interessiert es niemanden mehr. Die Wogen gingen hoch und die schlimmsten Szenarien betreffend höherer Zinskosten für die USA und für amerikanische Firmen machten die Runde. Die Aktienmärkte kamen ins Trudeln. Der S&P 500 verlor innert zwei Wochen 18% an Wert. Die restlichen Aktienmärkte liessen sich von der Angst um die Bonität der USA anstecken. Der Swiss Performance Index verlor ebenfalls 20%, der DAX gar 25%. Der US-Dollar verstärkte seinen bereits seit Monaten anhaltenden Krebsgang und kostete nur noch 73 Rappen. Das brachte die Obligationenhändler in ein Dilemma. Was ist jetzt gefährlicher, die schlechtere Kreditqualität des US-Treasury oder die Gefahr einer ausbrechenden Wirtschaftskrise? Sie entschieden sich für die Wirtschaftskrise und die Rendite der 10-jährigen US-Treasury Note fiel innert kurzer Zeit von 3% auf unter 2%.

Rezept für Anlegerinnen und Anleger: abwarten
Die Wahrscheinlichkeit ist gross, dass wir irgendwann zwischen Mitte Oktober und Mitte Dezember mit einem Schmunzeln auf die neueste Schuldenepisode des US-Kongresses zurückschauen. Das Beispiel von 2011 zeigt aber, dass es bei diesem Thema wenig braucht, um eine unheilvolle Eigendynamik auszulösen. Deshalb die Anlagepolitik zu ändern und sich aus den Aktien oder dem US-Dollar zu verabschieden, wäre aber falsch. Auf der anderen Seite ist es auch nicht der richtige Zeitpunkt, die Risiken im Portfolio massiv zu erhöhen. (SGKB/mc/ps)

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