Von Thomas Stucki, CIO der St. Galler Kantonalbank
St. Gallen – Seit einem Monat ist die neue Regierung in den USA im Amt. Seither überschlagen sich die Meldungen über geplante, eingeführte oder abgesagte Strafzölle. Welche nun gelten und welche nicht, ist schwierig nachzuverfolgen und sowieso nur eine Momentaufnahme. Seit einem Monat wütet Elon Musk in der Bundesverwaltung als sei sie sein eigenes Unternehmen, in welchem er machen kann, was er will. Tausende von Angestellten werden entlassen, teilweise wieder angestellt oder herausgeekelt. Vom Kongress beschlossene Ausgabenprogramme werden mit einem Federstrich gestoppt oder gestrichen. Ein Konzept ist hinter diesem Schlagwetter bisher nicht zu erkennen. Lange haben die Finanzmärkte dies ohne ein Wimperzucken hingenommen. Die Aktienkurse sind gestiegen, der US-Dollar war gesucht und die Zinsmärkte interessierten sich nur für die Inflationsrate. Unterstützt wurde diese Haltung dadurch, dass die publizierten Konjunkturdaten das Bild einer vor Kraft strotzenden US-Wirtschaft zeigten.
Die meisten harten Konjunkturdaten wie das BIP-Wachstum, die Konsumausgaben oder die Arbeitsmarktzahlen werden mit einer Verzögerung von einem bis zwei Monaten veröffentlicht. Dies ist angesichts der zu verarbeitenden Datenfülle nicht anders möglich und in normalen Zeiten kein Problem. Wenn nichts Aussergewöhnliches passiert, wie beispielsweise der Shutdown bei Covid, verändert sich das Konjunkturbild nur langsam. Für Donald Trump war das bisher eine gute Situation. Positive Daten konnte er sich zuschreiben, obwohl er dafür keinen Beitrag leistete. Für schlechter ausgefallene Daten wie der Anstieg der Inflationsrate konnte er die Verantwortung seinem Vorgänger anhängen. Dieser Honeymoon läuft nun aus. Die Daten werden zunehmend die Massnahmen von Donald Trump widerspiegeln. Angefangen hat es bereits bei Stimmungsindikatoren wie dem Konsumentenvertrauen oder dem Einkaufsmanagerindex. Obwohl diese Daten mit Vorsicht zu interpretieren sind, da die Stimmung auch rasch wieder ändern kann, reagieren die Finanzmärkte zunehmend nervös.
Arbeitsmarktzahlen als Test
Am 7. März werden die Arbeitsmarktzahlen für den Februar publiziert. Erwartet wird, dass mehr als 100’000 neue Stellen geschaffen wurden. Ob die gestrichenen Bundesstellen bereits in die Rechnung einfliessen, ist unsicher. Spätestens in den März-Zahlen werden sie aber dabei sein. Dazu kommen die vielen Stellen bei Zulieferern und privaten Anbietern von Dienstleistungen für den Staat, die gestrichen werden, weil die Bundesmittel nicht mehr ausbezahlt werden. Ein massiver Verlust von Jobs und ein Anstieg der Arbeitslosenrate wird die Folge sein. Interessant wird sein, wie Trump darauf reagiert, nachdem er sich im Wahlkampf damit brüstete, wie viele Jobs er schaffen wird. Die Erfahrung aus seiner ersten Amtszeit zeigt, dass er viel Geld des Staates ausgeben wird, um seine Fehler zu kompensieren. Wie die Finanzmärkte reagieren werden, ist unsicher. Es kann sein, dass sie die Daten als verzerrt ansehen und kaum beachten. Es kann aber auch sein, dass insbesondere die Aktienmärkte negativ reagieren. Wie bei vielem seit der Amtsübernahme von Trump ist eine Prognose dazu schwierig.
Panik im Portfolio ist verfehlt
Die Unsicherheit wird auf die Finanzmärkte überschwappen. Tage mit Verlusten von mehr als einem Prozent werden an den Aktienmärkten wieder zahlreicher. Aussergewöhnlich sind sie nicht. Vielmehr war der stetige Aufwärtstrend der letzten zwei Jahre ausserordentlich. Die Aktien im grossen Stil zu verkaufen, drängt sich nicht auf. Eine Qualitätskontrolle der im Portfolio gehaltenen Titel ist aber nicht schlecht. Dabei werden konservativere Schweizer Qualitätstitel, die in der Euphorie von den Anlegerinnen und Anlegern gemieden wurden, wieder attraktiver. Beim einen oder anderen Highflyer aus dem Tech-Sektor können auf der anderen Seite Gewinne realisiert werden.