SGKB Investment views: Zinsen eignen sich nicht zur Währungssteuerung
Von Thomas Stucki, CIO der St.Galler Kantonalbank
St. Gallen – Die SNB hat weitere Zinssenkungen in Aussicht gestellt, ja sie fast schon angekündigt. Sie begründet dies mit der im nächsten Jahr erwarteten tieferen Inflationsrate, welche eine expansivere Geldpolitik erfordert. Der Rückgang der Inflationsrate auf 0.8% im September ist aber ausschliesslich auf die tieferen Preise der Importgüter zurückzuführen. Diese sind dank dem starken Franken um 2.7% gesunken, während die Inlandteuerung bei hohen 2.0% verharrt. Im nächsten Jahr wird es bei der Inlandteuerung eine Entlastung geben, wenn die Mietzinserhöhung dieses Frühjahrs aus der Inflationsrechnung herausfallen wird und allenfalls der Referenzzins für die Wohnungsmieten sinkt. Deflationär wird die Preisentwicklung im Inland nicht. Der SNB geht es mit der Ankündigung weiterer Zinssenkungen in erster Linie um eine Warnung an den Devisenmarkt, dass sie eine weitere Aufwertung des Frankens nicht tolerieren wird.
Dafür sind die Zinsen aber ein ineffizientes, gar untaugliches Mittel. Die Zinssenkungen der SNB im März und im Juni konnten den Franken vorübergehend schwächen, sind aber bereits verpufft. Der Franken ist fast wieder gleich teuer wie zu Jahresbeginn, als ein Aufwertungsschub des Frankens die SNB erschreckte. Tiefere Zinsen in der Schweiz werden den Franken nicht schwächen. Niemand kauft oder verkauft Franken, weil die Zinsen in der Schweiz 0.50% höher oder tiefer sind. Der Franken ist für internationale Anleger im Grundsatz eine unattraktive Währung.
Zinsen in der Schweiz tiefer als in anderen Währungen
Es ist schwierig, grosse Beträge in Franken zu investieren. Es gibt keine gehandelten Geldmarktpapiere analog zu den US-Treasury Bills oder den deutschen Bubills, in welchen Milliardenbeträge praktisch risikolos parkiert werden können. Der Geldmarkt im Franken läuft über Festgelder bei den Banken mit den entsprechenden Kreditrisiken. Grosse Investitionen im Obligationenmarkt sind ebenfalls schwierig. Der Markt mit Anleihen der Eidgenossenschaft ist aufgrund der tiefen Verschuldung des Staates klein und illiquide. Unternehmensanleihen werden noch weniger gehandelt. Die Transaktionskosten in Form der Geld/Brief-Spanne sind entsprechend hoch. Zudem konzentrieren sich die Emittenten auf öffentliche Körperschaften und Finanzgesellschaften. Einzig der Aktienmarkt erfüllt die Anforderungen an die Handelbarkeit der Titel, zumindest bei ein paar grossen SMI-Werten. Wer aus Währungsüberlegungen Franken kauft, will aber die Risiken des Aktienmarktes nicht eingehen.
Die SNB bemängelt immer wieder, dass die inländischen Investoren einen zu hohen Anteil an Franken halten und zu wenig im Ausland investieren. Daran ändert sich nichts, wenn die Zinsen in der Schweiz tiefer werden. Die anderen Währungen locken seit je mit höheren Zinsen. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass Schweizer Investoren auf den Fremdwährungen meistens verlieren, manchmal mehr, manchmal weniger. Die höheren Zinsen im Ausland werden durch diese Verluste weggefressen, weshalb viele Anleger auf Fremdwährungsobligationen verzichten oder zumindest die Währungsrisiken absichern. Der Effekt auf die Währung ist dabei gleich null, da die für die Investition verkauften Franken auf Termin gleich wieder zurückgekauft werden.
Unveränderter Aufwertungsdruck auf Franken
Franken werden gekauft, weil man auf dessen Aufwertung spekuliert oder weil man die Sicherheit des Hafens Franken sucht. Die Zinsen spielen dabei eine untergeordnete Rolle. Bei der aktuellen geopolitischen Lage wird der Druck auf den Franken nach oben nicht nachlassen. Wenn die SNB sich dagegen wehren will, bleibt ihr nicht viel anderes übrig, als über Interventionen im Devisenmarkt den Franken zu stabilisieren. Einen neuerlichen Anstieg der Devisenreserven muss sie in Kauf nehmen. Tiefere Zinsen haben vor allem einen Effekt im Inland. Der Immobilienmarkt reagiert bereits auf die bisherigen Zinssenkungen. Die Nachfrage nach Immobilien steigt und damit die Preise. Einen weiteren Impuls in Form noch tieferer Zinsen benötigen die Immobilien wie auch der Rest der Wirtschaft nicht.