sgv: Bildungs-Spitzentreffen verkommt zur Farce

sgv: Bildungs-Spitzentreffen verkommt zur Farce
sgv-Direktor Hans-Ulrich Bigler. (Foto: sgv)

Eine Stellungnahme des Schweizerischen Gewerbeverbands sgv:

Bern – Der Bundesrat will das heutige Bildungs-Spitzentreffen nutzen, um einseitig zustimmende Meinungen zum Programm «Grundkompetenzen am Arbeitsplatz» zu demonstrieren. Der sgv kritisiert dieses Programm, das den Herausforderungen der Digitalisierung in keiner Art und Weise gerecht wird. Es ist mit der Praxis und mit der Realität in der Arbeitswelt viel zu wenig abgestimmt. Das Vorgehen wirft auch ein sehr zweifelhaftes Licht auf die Budgetierungspraxis des Bundesrates im Bereich der Bildungspolitik. Trotz Kürzungen für 2018 in der Höhe von rund 200 Millionen Franken im Voranschlag 2018 werden Mittel, die durch die Absage von Worldskills in Basel frei geworden sind, gleich wieder in zweifelhafte Ersatzprojekte gesteckt.

Das Programm «Grundkompetenzen am Arbeitsplatz will Arbeitnehmende mit Kursen in «Lesen, Schreiben, mündliche Ausdrucksfähigkeit in einer Alltagssprache, Alltagsmathematik sowie Grund­kenntnisse im Bereich IKT» für die Herausforderungen der Digitalisierung befähigen. Das ist nicht das Niveau der Kompetenzen, mit denen die Herausforderungen der Digitalisierung angegangen werden können. Lesen, Schreiben und Verstehen sind Grundkompetenzen die in der obligatorischen Schulzeit oder bei spezifischen Nachholkursen angeeignet werden müssen. Den Anforderungen an ein Programm des Bundes mit Fokus auf die Digitalisierung kann das nicht genügen. Vielmehr werden in der Berufsbildung mit solchen Programmen fragwürdige Prioritäten gesetzt. Es ist im Programm des heutigen Bildungs-Spitzentreffens nicht vorgesehen, dass der sgv diese Kritik einbringen kann, weshalb er den Weg über eine eigene Medienmitteilung wählen muss.

Der Bundesrat verzichtet darauf, die Berufsbildung mit der Durchführung von Berufsweltmeisterschaften zu fördern. Dadurch wurden Mittel in der Höhe von CHF 30 Mio. frei. Aus finanzpolitischer Sicht stimmt es bedenklich, dass man mit diesen gleich wieder neue Projekte im Umfang von über 12 Millionen Franken lanciert. Dies vor dem Hintergrund, dass allein im Voranschlag 2018 des Bundes innerhalb des SBFI Sparmassnahmen von rund 200 Millionen Franken in wesentlich wichtigeren Bereichen unter anderem in der Berufsbildung und bei der ETH vorgenommen werden müssen. Für 2019 und 2020 sind dann offenbar bereits weitere Projekte zur sogenannten Bewältigung der Digitali­sierung von rund CHF 220 Mio. vorgesehen. Der sgv vermisst bei diesem Vorgehen eine profilierte Bildungspolitik mit klaren Prioritäten.

Am Bildungs-Spitzentreffen vor einem Jahr wurde die Bildungsstrategie 2030 lanciert. Heute müssen diese Arbeiten als gescheitert erklärt werden. Eine klare strategische Linie fehlt in der Berufsbildungs­politik. Die Bildungs-Spitzentreffen wären eine Plattform, wo in einer offenen Gesprächskultur neue Impulse gesetzt werden könnten. Wenn allerdings einzelne Partner mit abweichenden Meinungen öffentlich nicht zu Wort kommen sollen, verkommt die Diskussion zur eigentlichen Farce und der Sinn derartiger Treffen muss in Frage gestellt werden. (sgv/mc/ps)

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