Eine Stellungnahme des Schweizerischen Gewerbeverbands sgv:
Bern – Die bundesrätliche Vernehmlassungsvorlage zur BVG-Reform sieht eine Senkung des Umwandlungssatzes vor. Der Schweizerische Gewerbeverband sgv unterstützt Massnahmen zur Kompensation der aus der Senkung resultierenden Renteneinbussen. Einen teuren Ausbau der 2. Säule mittels Zusatzrenten lehnt der sgv jedoch entschieden ab. Betriebe und Arbeitnehmende werden noch Jahre unter den Folgen der Corona-Krise leiden. Angesichts der dramatischen Neuverschuldung sind Sparprogramme bei der öffentlichen Hand unverzichtbar.
Gemäss Konjunkturprognosen des SECO vom 23. April 2020 ist im laufenden Jahr mit einem BIP-Rückgang von fast sieben Prozent zu rechnen. Die einschneidendste Rezession seit 1975 hat zur Folge, dass über eine Million Beschäftigte in Kurzarbeit verbleiben. Aktuellen Prognosen zur Folge wird die Arbeitslosenquote auf etwa vier Prozent ansteigen. Die Schulden der öffentlichen Hand, die zurückbezahlt werden müssen, haben sich um rund hundert Milliarden Franken erhöht. Eine rasche Rückkehr auf den bisherigen Wachstumspfad ist utopisch. Die öffentliche Hand wird angesichts der dramatischen Schuldenzunahme nicht um einschneidende Sparmassnahmen herumkommen. Deshalb ist es in der Sozialpolitik unerlässlich, sich auf das absolut Notwendige zu beschränken. Auf jeden teuren Leistungsausbau muss klar verzichtet werden. BVG-Zusatzrenten sind schlicht nicht mehr finanzierbarer Luxus!
Vernehmlassungsmodell entschieden abgelehnt
Die bundesrätliche Vernehmlassungsvorlage basiert weitgehend auf dem Gewerkschaftsmodell, das von einer schwachen Mehrheit des Arbeitgeberverbands unterstützt wird. Die Vorlage ist mit über CHF 3 Milliarden teuer und weist gravierende Systemmängel auf.
Der sgv lehnt insbesondere Rentenzuschläge, welche über zusätzliche Lohnprozente finanziert werden sollen, kategorisch ab. In der 2. Säule, welche auf dem Kapitaldeckungsverfahren basiert, darf es keine systemfremde Umverteilung geben. Sie verletzt das 3-Säulen-Prinzip und ist gerade in der Folge der Corona-Krise schlicht nicht mehr tragbar.
Bürgerliches Alternativmodell entwickelt
In seiner Stellungnahme zur BVG-Reform spricht sich der sgv für das bürgerliche Alternativmodell aus, für dessen Zustandekommen er sich hinter den Kulissen engagiert eingesetzt hat. Hinter diesem Modell stehen heute die bürgerlichen Parteien, die Mehrheit der Wirtschaftsverbände sowie die Versicherungs- und Vorsorgebranche. Der sgv ist überzeugt, dass dieses Modell die besten Chancen hat, die Hürden einer Volksabstimmung erfolgreich zu meistern. Das bürgerliche Alternativmodell baut auf dem Lösungsvorschlag des Pensionskassenverbandes ASIP auf, verbessert diesen aber bei wesentlichen Punkten. Der Mindestumwandlungssatz wird auf sechs Prozent gesenkt. Ausgewogene Abfederungsmassnahmen verhindern Rentenkürzungen. Gleichzeitig werden Teilzeitbeschäftigte und Versicherte aus dem Niedriglohnbereich bessergestellt.
Die Generation ü55 wird bei den Beiträgen entlastet, was deren Arbeitsmarktchancen erhöht. Das bürgerliche Alternativmodell respektiert das 3-Säulen-Prinzip und ist mit jährlichen Mehrkosten von knapp zwei Milliarden Franken erheblich günstiger als die Vernehmlassungsvorlage. Der sgv ruft den Bundesrat auf, zügig auf diesen breit abgestützten Kompromiss einzuschwenken. (sgv/mc/ps)