Eine Stellungnahme des Schweizerischen Gewerbeverbands sgv:
Bern – Der Schweizerische Gewerbeverband sgv fordert die sofortige Lockerung des Lockdowns mit der Zulassung von Terrassen- und Outdoorbetrieben in der Gastronomie sowie von «Private Shopping» und Outdoorverkauf im Detailhandel. Per 1. März 2021 fordert der sgv die komplette Öffnung der Wirtschaft. Flankierend dazu müssen die Tests intensiviert und ausgeweitet werden um die Absteckungsketten zu unterbrechen. Das vollständige Impfprogramm muss per Ende Juni 2021 vollständig abgeschlossen sein. Als Informationsgrundlage muss der Bund ein klar kommuniziertes «Nationales Dashboard» mit Indikatoren wie Zahlen zu den Hospitalisierungen, zur Belegung der Intensivbetten, zur 7-Tage-Inzidenz, zur Positivitätsrate und zu den Ansteckungsorten entwickeln.
«Interne Zahlen des Bundesamtes für Gesundheit BAG zeigen, dass weniger als 5 Prozent aller Ansteckungen nachvollziehbar innerhalb der Wirtschaft erfolgen. Trotzdem befindet sich die Wirtschaft im Lockdown», gibt sgv-Direktor Hans-Ulrich Bigler eingangs zur Medienkonferenz zu bedenken. Die Wirtschaft trage damit den Grossteil der Kosten der eingeleiteten Massnahmen. Über die Härtefallregelungen werde dieser Entzug der Wirtschaftsfreiheit jedoch nur ungenügend abgefedert.
Lockerungsschritte per sofort
Der Schweizerische Gewerbeverband fordere deshalb per sofort die Lockerung des Lockdowns unter Einhaltung der Logik des gezielten Schutzes. So sollten zum Beispiel ab sofort Terrassen- und Outdoorbetriebe von Restaurants unter Einhaltung eines Konzepts mit Abstand halten, Desinfektion und Reinigung per sofort wieder öffnen können. Im gesamten Detailhandel sollten Formen wie «Private Shopping» mit Voranmeldung und nachfolgender physischen Interaktion zwischen der Verkaufsperson und der Kundschaft möglich sein. In Form eines Outdoorshopings, das heisst Verkauf im Aussenbereich soll der Detailhandel sein gesamtes Sortiment verkaufen können. Mit verlängerten Öffnungszeiten und zusätzlichen Sonntagsverkäufen könnten die Frequenzspitzen gebrochen und die Anzahl der Personen pro Quadratmeter reduziert werden.
1. März Wiedereröffnung unter Einhaltung wirksamer Schutzkonzepte
Auf der Roadmap des grössten Dachverbands der Schweizer Wirtschaft stehe am 1. März die Wiedereröffnung der gesamten Wirtschaft. Alle Bereiche sollten öffnen und der Detailhandel sein gesamtes Sortiment anbieten können. Auch Freizeit-, Fitness- und Sporteinrichtungen sollten wieder voll öffnen können. Restaurants und ähnliche Betriebe sollen gemäss dem detaillierten neuen Konzept von Gastro-Suisse wieder Gäste empfangen dürfen.
Die Wirtschaft habe Schutzkonzepte, welche Hygiene- und Distanzmassnahmen beinhalten. Diese Konzepte würden flächendeckend eingesetzt und hätten sich bewährt.
Per Ende Juni 2021: Abschluss des Impfprogramms sowie die Aufstellung eines Dispositivs
Per Ende Juni 2021 stehe auf der Roadmap der erfolgreiche Abschluss des vollständigen Impfprogramms des Bundes. Zu diesem Zeitpunkt müsse auch ein Dispositiv stehen, welches erlaube, die Logik des gezielten Schutzes vollumfänglich umzusetzen. Ein solches Dispositiv bedinge eine solide Informationsgrundlage, die Erarbeitung eines transparenten und klar kommunizierten «Nationalen Dashboards». Zu seinen Indikatoren gehörten die Zahlen zu den Hospitalisierungen, zur Belegung der Intensivbetten, zur 7-Tage-Inzidenz, zur Positivitätsrate und zu den Ansteckungsorten.
Bis spätestens im Juni müssten Lehren zu den gesundheits- und wirtschaftspolitischen Massnahmen gezogen und vorbehaltene Entschlüsse für eine Wiedererstarkung der Epidemie erarbeitet werden. Eine klare Roadmap, welche sich an der Logik des gezielten Schutzes und damit an der Verhältnismässigkeit ausrichte. «Sie muss eine deutliche Abkehr vom gescheiterten Lockdown-Jo-Jo sein zum Wohle der gesamten Gesellschaft», schliesst Hans-Ulrich Bigler seine Ausführungen.
Existenzen stehen auf dem Spiel
Milo Goldener, Präsident Verband textilschweiz gibt zu bedenken, dass in den Betrieben bereits im letzten Frühling die Reserven aufgebraucht worden seien. Viele gesunde und alteingesessene Modeunternehmen, Existenzen, Hunderte von Jobs und Lehrstellen stünden auf dem Spiel.
Eine Untersuchung habe ergeben, dass sich 14% bis 17% der Sport-Detailhändler als existenziell gefährdet betrachten, sagt Peter Bruggmann, Präsident ASMAS Verband Sportfachhandel Schweiz vor den Medien. Die befragten Unternehmen hätten weiter angegeben, dass sie im Hinblick auf die kommende Saison rund einen Fünftel des Personals einsparen müssten. Bei einer Gesamtzahl von rund 19 000 Arbeitsplätzen – davon 1100 Lernende – wären das 3800 Stellen, die verloren gingen.
«Wenn man einen Kalendermonat vor der Coronakrise sucht, in dem die Inverkehrsetzungen zuletzt so niedrig waren, muss man weit zurückgehen. Vor 25 Jahren, im Dezember 1995, war die Marktlage ohne Pandemieeinflüsse letztmals so schlecht», sagt François Launaz, Präsident auto-schweiz vor den Medien. Es sei von zentraler Wichtigkeit, den Lockdown so bald wie möglich zu beenden.
Roland Steiner, Vize- und Ehrenpräsident des Schweizerischen Fitness- und Gesundheitscenter Verbands SFGV informiert, dass eine Umfrage gezeigt habe, dass im Lockdown die physischen Beschwerden bei Kunden stark zunehmen würden. Jeder Dritte müsse wegen einem sich verschlimmernden gesundheitlichen Problem, wieder einen Arzt oder Therapeuten aufsuchen. Ein grosser Teil leide jetzt wieder unnötigerweise an Rücken- oder Knieschmerzen oder verzeichne eine starke Gewichtszunahme.
Franz Tanner, Inhaber von «Tanner Möbel» hält fest: «Ich verliere Umsatz. Ich verliere Kundinnen und Kunden, weil sich diese anderweitig orientieren. Ich verliere Marktanteile, weil ein Lockdown die beratungsintensiven Geschäfte belastet.» Wenn er eine Hypothek benötige, könne er in die Bank gehen und dort in einem kleinen, geschlossenen Raum mit einer anderen Person verhandeln. Aber eine Möbelberatung in einem grossen, viel offeneren Raum bei grösseren Distanzen solle unmöglich sein? (sgv/mc/ps)