Washington – Nach dem Zwangsstillstand der US-Regierung haben Republikaner und Demokraten am Wochenende versucht, einen Ausweg aus diesem «Shutdown» zu finden. Am Sonntag wurden den zweiten Tag in Folge weite Teile der US-Regierung und des öffentlichen Dienstes heruntergefahren. Grund ist ein Streit ums Geld, der mit Themen wie Einwanderung und Grenzsicherung ideologisch aufgeladen wurde. Nicht nur der «Shutdown» verhagelte US-Präsident Donald Trump sein Amtsjubiläum am Samstag. Hunderttausende gingen landesweit auf die Strassen und protestierten gegen ihn.
Zu Beginn des Wochenendes wurde zum ersten Mal seit 2013 der «Shutdown» ausgelöst, da es keinen Kompromiss für ein Anheben der Schuldenobergrenze gab. Ohne Lösung im Verlauf des Sonntags blieben damit Ämter und Behörden ebenso geschlossen wie bundeseigene Museen, Zoos und andere Freizeiteinrichtungen.
Etwa 850 000 Staatsbedienstete müssen in den Zwangsurlaub und bekommen vorerst auch kein Geld. Von der Stilllegung ausgenommen sind nur «essenzielle» Bereiche wie Militär, Bundespolizei oder Geheimdienst. Für den Staat ist ein «Shutdown» sehr teuer, Schätzungen zufolge bis zu 1,5 Milliarden US-Dollar pro Tag.
Republikaner und Demokraten sprachen zwar parteiübergreifend und -intern auf verschiedenen Ebenen miteinander, sie überzogen sich aber auch mit harschen Vorwürfen. Ein gangbarer Ausweg schien möglich, war aber zunächst nicht in Sicht.
Begleitet wurden die Gespräche von Anti-Trump-Protesten in vielen Städten. Vor allem in Metropolen wie New York, Los Angeles, Boston, Denver, Philadelphia und Washington versammelten sich Menschen mit Schildern und rosafarbenen Strickmützen in Erinnerung auch an den «Women’s March», den Protest der Frauen, vor rund einem Jahr.
Anders als 2017 gingen nach Angaben von US-Medien auch in vielen kleineren Orten und Vorstädten Menschen auf die Strasse. Das wurde als Verbreiterung des Protests gegen Trump gewertet. Im November stehen Halbzeitwahlen im Kongress an. Die Demokraten versuchen, die Protestbewegung in Wählerstimmen umzumünzen, um die Mehrheit der Republikaner in beiden Kongresskammern zu brechen. In neuen Umfragen schmolz ihr zuletzt zweistelliger Vorsprung jedoch stark zusammen.
Für das Image der Politik in Washington und namentlich das des Kongresses ist der «Shutdown» verheerend. Auch deswegen werden wohl beide Seiten versuchen, einen Kompromiss zur Wiederöffnung zu finden. Allerdings hatte Trump, der sich seit dem Wahlkampf als «Dealmaker» anpreist, ein grundlegendes Aufräumen mit den Verhältnissen in der Hauptstadt versprochen. Bisher ist ihm kein Kompromiss gelungen. Seine wechselnden Positionen und barschen Einlassungen gelten als ein wesentlicher Grund für die verfahrene Situation.
Democrats are holding our Military hostage over their desire to have unchecked illegal immigration. Can’t let that happen!
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) January 20, 2018
«Mit einem Wackelpudding verhandeln»
«Mit Präsident (Donald) Trump zu verhandeln ist so, als würde man mit einem Wackelpudding verhandeln», sagte der demokratische Fraktionsführer im Senat, Charles Schumer. Seiner Schilderung zufolge war man am Freitag einer Lösung nahe, bevor Trump eingeknickt sei.
Trumps Berater wiesen das zurück und gaben den Demokraten die Schuld. Der Mehrheitsfraktionsführer im Senat, Mitch McConnell, warf den Demokraten vor, das amerikanische Volk als Geisel zu nehmen.
Trotz nach aussen harter Fronten und scharfer Formulierungen hatte es am Sonntag Hoffnung auf eine Lösung noch im Verlauf des Tages gegeben. Im Senat war zunächst für die Nacht eine Abstimmung angesetzt. Ohne Einigung werden die Auswirkungen des «Shutdown» am Montag voll im öffentlichen Leben spürbar.
Ein andauernder Stillstand der Regierung würde auch Trumps geplante Reise zum Weltwirtschaftsforum in Davos in Frage stellen. Das Weisse Haus erklärte, man plane von Tag zu Tag.
Hintergrund: Für einen Kompromiss ist die Zustimmung der Demokraten nötig. Sie wollen unter allen Umständen ein Bleiberecht für die «Dreamer» durchsetzen. Das sind Hunderttausende undokumentierter Einwanderer, die als Kinder illegal in die USA kamen. Moderate Republikaner sind zu einem Kompromiss bereit, Hardliner wie Trumps Stabschef John Kelly und sein Berater Stephen Miller nicht. Der rechte Flügel der Partei will das Einwanderungsrecht noch verschärfen. Daneben haben Trumps abfällige Äusserungen über «Drecksloch»-Staaten das Klima schwer belastet.
Weisses Haus bleibt stur
Das Weisse Haus beharrte auch am Sonntag strikt darauf, solange die Regierung geschlossen sei, werde man über Einwanderungsthemen gar nicht sprechen. Zunächst solle ein Übergangsdeal verabschiedet werden, der die Regierung bis zum 8. Februar finanzieren würde. In dieser Zeit könne man dann über Einwanderungsthemen reden.
Trump will ausserdem, dass der Haushalt Milliarden für den Bau einer Mauer zu Mexiko enthält. Die Demokraten wollen diese Mauer nicht, zeigten sich aber zu Kompromissen beim Thema Grenzsicherung bereit.
Am Samstag veröffentlichte Trumps Wahlkampfteam eine sehr polarisierende Anzeige. Sie erklärt Demokraten zu Komplizen von Morden, die illegale Einwanderer begingen.
Der Versuch, einen «Shutdown» mit einem weiteren Übergangshaushalt zu verhindern, war in der Nacht zum Samstag am Widerstand des US-Senats gescheitert. Zur Abstimmung stand ein Entwurf des Repräsentantenhauses, das von den Republikanern beherrscht wird. Im Senat sind 60 Stimmen für eine Zustimmung nötig. Die Republikaner haben derzeit aber nur 50. Sollte der Senat in einem Kompromissverfahren die Vorlage ändern, muss das Repräsentantenhaus nochmals darüber abstimmen. Danach muss Trump unterschreiben.
Am Samstag hatte Trump den Jahrestag seiner Präsidentschaft eigentlich im Feriendomizil Mar-a-Lago im Rahmen einer Gala begehen wollen. Er hatte die Reise nach Florida aber abgesagt. (awp/mc/ps)