Signa Prime reicht Insolvenzantrag ein – Passiva bei 4,5 Mrd. Euro
Wien – Wenige Wochen nach der Insolvenz der Signa-Holding des österreichischen Unternehmers René Benko ist auch die wichtigste Immobilien-Tochter der Gruppe zahlungsunfähig. Die Signa Prime Selection AG hat beim Handelsgericht Wien den Antrag auf ein Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung gestellt. Das Insolvenzverfahren wurde daraufhin bereits eröffnet.
Das Sanierungsverfahren über die Signa Prime ist am Donnerstagnachmittag in Wien beim Handelsgericht eröffnet worden, wie die Gläubigerschutzverbände Creditreform, AKV und KSV1870 berichteten. Gläubiger können ihre Forderungen demnach bis 14. Februar 2024 anmelden. Zudem wurde ein Insolvenzverwalter bestellt.
Die erste Gläubigerversammlung und «Berichtstagsatzung» wurde den Angaben zufolge für den 15. Januar anberaumt. Der Sanierungsverwalter werde dann zu berichten haben, ob der Finanzplan eingehalten wird und ob Gründe für die Entziehung der Eigenverwaltung vorliegen, schreibt der KSV.
Die «Prüfungstagsatzung» folgt am 26. Februar. Die für die Signa Prime entscheidende «Sanierungsplantagsatzung» mit der Abstimmung über den Sanierungsplan soll dann am 18. März 2024 stattfinden. Das Unternehmen bietet seinen Gläubigern eine Sanierungsquote von 30 Prozent zahlbar binnen zwei Jahren an.
Kauhäuser und Elbtower
Die Signa-Tochtergesellschaft ist nach Unternehmensangaben «die grösste Gesellschaft im Immobilienbereich von Signa». Laut dem Schutzverband Creditreform liegen die Forderungen der rund 300 Gläubiger der Signa Prime bei rund 4,5 Milliarden Euro. Dem stünde ein verwertbares Vermögen von etwa 1,3 Milliarden Euro gegenüber. Signa Prime und Signa Development haben zusammen 105 grosse Immobilien oder Entwicklungsprojekte in ihrem Portfolio.
Signa Prime Selection ist in Deutschland im Besitz bekannter Immobilien, darunter des KaDeWe in Berlin, des Alsterhauses in Hamburg und des Kaufhauses Oberpollinger in München. Zu den Immobilien gehören zudem die Galeria-Häuser in München und Berlin und auch der noch unfertige Elbtower in Hamburg. Dazu kommen Immobilien in Österreich, vor allem in Wien. Für die Detailhandelsgeschäfte in den Gebäuden sind andere Gesellschaften zuständig.
Ziel des Insolvenzantrags von Signa Prime Selection sei «die geordnete Fortführung des operativen Geschäftsbetriebs im Rahmen der Eigenverwaltung und die nachhaltige Restrukturierung des Unternehmens», teilte Signa in Wien mit. «Die Qualität des Signa Prime Portfolios ist hervorragend», erklärte der Chef der Firma, Erhard Grossnigg.
Das «Handelsblatt» berichtete unter Berufung auf informierte Kreise, Grossnigg wolle Signa Prime im Kern erhalten. Der Immobilienbestand soll im Zuge des Sanierungsverfahrens weitgehend verkauft werden. Zudem bereite Signa Prime ein «umfassendes Sparpaket» vor. In Deutschland sollten 200 von 300 Stellen gestrichen werden, in Österreich 100 von 150.
Weitere Sanierungsverfahren
Signa kündigte am Donnerstag an, dass auch eine weitere Tochter, die Signa Development Selection AG, am Freitag Antrag auf ein Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung stellen werde. Signa Development Selection investiert nach Unternehmensangaben in «Entwicklungsprojekte in Ballungszentren», etwa in Bürogebäude und Wohnanlagen, «zukunftsfähige» Einzelhandelsflächen oder Hotels. Die Bilanzsumme umfasst nach Unternehmensangaben 4,6 Milliarden Euro. Aufgelistet sind etwa das Projektgebiet Wolfsburg Connect und mehrere Bürogebäude in Berlin und Wien.
Die Signa Holding des österreichischen Unternehmers René Benko hatte Ende November Insolvenz angemeldet. Hohe Baukosten, steigende Kreditzinsen und hausgemachte Probleme hatten den Handels- und Immobilienkonzern in Schieflage gebracht. «Es ist bekannt, dass sich im Immobilienbereich in den vergangenen Monaten externe Faktoren negativ auf die Geschäftsentwicklung ausgewirkt haben», betonte Signa auch am Donnerstag.
Bereits in Nachlassstundung befindet sich die Schweizer Tochtergesellschaft Signa Retail Selection. Diese hält etwa die deutsche Warenhauskette Galeria, aber auch den 50 Prozent-Anteil des Signa-Konzerns an der Schweizer Warenhausgruppe Globus. Die verbleibenden 50 Prozent an Globus liegen bei der thailändischen Central Group.
Rascher Aufstieg
René Benko stammt aus einfachen Verhältnissen und schaffte es ohne Schulabschluss zu einem der reichsten Unternehmer des Landes. Sein Vermögen schätzte das das österreichische Magazin «Trend» noch im laufenden Jahr auf 4,2 Milliarden Euro. Sein nun strauchelndes Imperium hat der Innsbrucker mit 22 Jahren aufzubauen begonnen.
Benko hat eine Reihe bekannter Investoren für den Einstieg in sein Firmenimperium gewonnen, darunter die Kühne Holding des Logistikunternehmers Klaus-Michael Kühne oder den Lindt&Sprüngli-Verwaltungsratspräsidenten Ernst Tanner. Medial thematisiert wurde immer wieder seine Nähe zum ehemaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). (awp/mc/ps)