Marrakesch – Zum Ende der Weltklimakonferenz in Marrakesch haben Dutzende arme Staaten den Abschied von Kohle, Öl und Gas angekündigt. Insgesamt 48 Länder wollen so schnell wie möglich in der heimischen Energieerzeugung ganz auf erneuerbare Quellen wie Wind und Sonne umschwenken.
Die Unterzeichner verpflichteten sich dazu am Freitag mit einer gemeinsamen Erklärung, der «Marrakesch-Vision». In den eigentlichen Verhandlungen, die am späten Nachmittag noch andauerten, rangen Klimadiplomaten derweil um letzte Details. Erwartet wurden Gespräche bis weit in den Abend.
Die Konferenz sollte die Umsetzung des historischen Paris-Abkommens vom Dezember 2015 auf den Weg bringen. Umstritten waren etwa Vorentscheidungen zur Zukunft des so genannten Anpassungsfonds. Er soll armen Ländern helfen, sich auf Folgen der teils schon unvermeidlichen globalen Erwärmung einzustellen. Wichtig ist er vor allem Entwicklungsländern, die besonders unter Dürren, Stürmen oder Sturmfluten leiden.
Investition in CO2-freie Energien
Bundesrätin Doris Leuthard hat an der Konferenz für eine entschlossene Umsetzung des Pariser Klimaschutz-Abkommens plädiert. Weltweit nötig seien insbesondere Investitionen in CO2-freie Energien.
In ihrer Rede am Donnerstag sagte die Schweizer Umweltministerin weiter, es brauche mehr private Mittel zur Finanzierung klimapolitischer Massnahmen in Schwellen- und Entwicklungsländern. Sie appellierte an die Privatwirtschaft, in klimafreundliche Technologien zu investieren und damit die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.
«Wir haben einen guten Arbeitsplan für die nächsten Monate, mit dem Ziel, die Regeln für die Umsetzung des Pariser Abkommens festzulegen», sagte Franz Perrez, Leiter der Schweizer Delegation und Chef der Abteilung Internationales beim Bundesamt für Umwelt (BAFU) der Nachrichtenagentur sda am Freitagabend kurz vor Ende der Konferenz. Eine erste Bilanz der Massnahmen soll 2018 gezogen werden.
Road Map begrüsst
Zu den positiven Punkten zählt für Perrez zudem, dass die Entwicklungsländer die Road Map begrüssten, mit der die Industrieländer, wie in Paris zugesagt, bis 2020 insgesamt 100 Milliarden Dollar pro Jahr zugunsten der Entwicklungsländer mobilisieren wollen.
Die Gelder sollen dafür eingesetzt werden, Treibhausgase möglichst zu vermeiden. Entwicklungsländer können damit etwa in erneuerbare Energien statt in Kohlekraftwerke investieren. Zum andern sollen die Gelder für Anpassungsmassnahmen in armen Ländern eingesetzt werden, etwa für resistenteres Saatgut. Die Road Map war von einer kleinen Gruppe von Industrieländern, darunter der Schweiz, erarbeitet worden.
Die Schweiz bedauerte jedoch, dass einige Länder, darunter China, Indien und Saudi-Arabien, in Marrakesch versuchten, wieder wie vor der Pariser Konferenz an unterschiedlichen Verpflichtungen der Industrie- und der Entwicklungs- beziehungsweise Schwellenländern bei der Reduktion von Treibhausgasen festzuhalten.
Die deutsche Umweltministerin Barbara Hendricks zeigte sich am Freitag zufrieden. Nicht nur das Engagement der Staaten, sondern auch von Städten, Regionen, Unternehmen und der Zivilgesellschaft mache das jährliche Treffen der Klimadiplomaten «mehr und mehr zu einer konkreten Tatenkonferenz», sagte Hendricks.
Unklare Rolle der USA
Einige Nichtregierungsorganisationen (NGO) waren weniger zuversichtlich. Viele Fragen seien nach dem Spitzentreffen weiter offen, sagte etwa Michael Müller, Vorsitzender der Naturfreunde Deutschland. «Die Rollen wichtiger Akteure sind unklarer denn je. Wie geht es unter Donald Trump in den USA, immerhin der zweitgrösste Emittent von Treibhausgasen, weiter?», fragte er.
Der künftige US-Präsident hatte im Wahlkampf unter anderem einen Ausstieg seines Landes aus dem Pariser Klimaschutz-Abkommen ins Spiel gebracht.
Für Manuel Graf vom WWF Schweiz verliefen die Verhandlungen positiv. «Das Pariser Abkommen muss nun aber belebt werden», erklärte er laut einer Mitteilung. Dafür brauche es Transparenz und Regeln, die einen Vergleich der Reduktionsbeiträge der Länder ermöglichten. Die Staaten müssten neue Massnahmen zum Klimaschutz einführen, denn «derzeit befinden wir uns auf einem Pfad zu etwa 3,5 Grad Celsius» Erwärmung.
Viel Zuspruch von Umweltschützern gab es aber für die Initiative der Entwicklungsländer zum Abschied von fossilen Brennstoffen. Die meisten der Unterzeichnerstaaten gehören zur Koalition jener Länder, die besonders von der Erderwärmung betroffen sind («Climate Vulnerable Forum», CVF).
Die 48 Länder stossen derzeit nach Angaben von Greenpeace gemeinsam so viel Treibhausgase aus wie Russland, der fünftgrösste CO2-Produzent der Welt. Sie wollen die heimische Energieerzeugung komplett auf erneuerbare Quellen umstellen. Greenpeace kritisierte, dass etwa Deutschland beim Kohleausstieg inzwischen von immer mehr Ländern überholt wird. (awp/mc/ps)