Zürich – Bleibt Zuhause – diese Massnahme leiten weltweit nahezu alle Staaten im Kampf gegen COVID-19 ein. Der einzige Weg das Virus zu besiegen, ist es unsere freiheitliche Lebensweise radikal einzuschränken. Nicht nur unsere Bewegungsmuster haben sich seit dem Ausbruch des Coronavirus stark verändert: Eine Studie von Simon-Kucher & Partners in Zürich zeigt, dass sich auch unser Verhalten als Konsumenten radikal und vor allem nachhaltig verändert. Die positiven Erfahrungen dieser digitalen Interaktionen werden einen Grossteil der Konsumenten an den digitalen Vertriebskanal binden. Wichtig ist es nun die gewonnenen Erfahrungen durch die erhöhten Online-Interaktionen mit den Konsumenten zu nutzen, um die etablierten Geschäftsmodelle für eine digitale Zukunft bereit zu machen. Ein Warten auf die Rückkehr des alten Konsumentenverhaltens nach der Krise droht sich für Unternehmen als fatale Fehleinschätzung herauszustellen.
Forced Online Adoption verändert das Konsumentenverhalten nachhaltig und branchenübergreifend
Ob online Wocheneinkauf, virtuelles Gespräch mit dem Versicherungsberater, Take-Away meines Lieblingsrestaurants oder der online Abschluss einer Hypothek – die Beschränkungen haben unser Konsumentenverhalten gezwungenermassen digitalisiert: die Forced Online Adoption. Während der Corona-Krise sind wesentliche physische Konsumkanäle nicht mehr verfügbar. Um weiterhin ihre Bedürfnisse zu befriedigen, weichen Konsumenten auf digitale Kanäle aus. So sagen 43% der befragten Konsumenten, ihre Online-Käufe während der Krise erhöht zu haben. Zusätzlich sagen 40% der Befragten, Produkte online zu kaufen, welche Sie zuvor noch nie online kauften. In Anbetracht der Tatsache, dass der Onlinekanal während der Corona-Krise der einzig unbeschränkt zugängliche ist, überrascht die Verstärkung der Onlinekäufe von Gütern des täglichen Bedarfs wenig. Allerdings gehören nicht nur Nahrungsmittel dazu, sondern Konsumenten geben an, auch bei Servicedienstleistungen wie Bank- oder Versicherungsprodukten digitale Interaktionen zu verstärken bzw. zu initiieren. Die aktuelle Verschiebung auf digitale Kanäle betrifft somit fast alle Branchen.
„Der Convenience-Aspekt des digitalen Konsums ist für viele Kunden überraschend und deutlich wahrnehmbar. Er überwiegt für viele die teils negativen digitalen Eindrücke und führt dazu, dass Kunden, die einmal online gegangen sind, oft nicht wieder zu alten Mustern zurückkehren.“
Philipp Kaupke, Director, Simon-Kucher & Partners
Zunächst ist naheliegend, dass sich mit Bewältigung der Krise eine Rückwärtsbewegung zurück zu alten Konsummustern einstellt. Jedoch geben 44% der Konsumenten, die bisher ausschliesslich offline gekauft haben, an, die Onlinekäufe bzw. -Interaktionen als so überzeugend empfunden zu haben, dass sie auch nach der Krise planen, bei digitalen Konsumkanälen zu bleiben. Somit wären auf einen Schlag über 40% der Konsumenten digitalisiert. Eine Verschiebung von 40% des Verkaufsvolumens weg von stationären Kanälen hätte einen bahnbrechenden Einfluss auf die bisherige Konsum- und Produktrealität. Wofür sich Unternehmen seit Jahren einsetzen wurde über Nacht durch einen Virus Realität: der digitale Kunde ist Wirklichkeit.
Forced Online Adoption macht auch vor dem Vertrieb nicht halt
Der Vertrieb verläuft vor allem bei Versicherungen und anderen Finanzdienstleistern massgeblich über den physischen, stationären Aussendienst bzw. über Agenturen. Während der Corona-Krise wird dieser Vertrieb nun ins Home-Office verschoben, ein physischer Kontakt zwischen Kunde und Verkäufer ist vorübergehend nicht mehr möglich. Wie die Umfrage zeigt, plant ein Grossteil der Kunden ihren onlinebasierten Konsum auch nach der Krise beizubehalten.
Da Banken und insbesondere Versicherungen bislang noch über 86% der Volumina über physische Kanäle absetzen, sind sie von diesem Trend besonders stark betroffen. Bemühungen, diesen Vertrieb zu digitalisieren sind oft bereits initiiert und sollten nun verstärkt vorangetrieben werden. Nun gilt es kurz- bis mittelfristige Massnahmen zu entwickeln, die den Vertrieb weiter auf digitale Kanäle ausrichtet und diesen mit ihnen verzahnt. Diese Verzahnung ist vor allem dann erfolgreich, wenn neben dem Vertrieb ebenso Preise und Produkte über verschiedene Kanäle verzahnt sind. Um den Vertrieb nach der Krise wieder hochfahren zu können, tun Unternehmen gut daran, diese Überlegungen möglichst früh anzustossen; die Forced Online Adoption während der Krise macht auch vor dem Vertrieb nicht halt.
Die vollkommene Rückkehr der alten Konsummuster wird ausbleiben
Die Veränderungen im Konsumentenverhalten, welche während der Corona-Krise erzwungenermassen durchgeführt wurden, haben auch langfristig einen Effekt auf den Konsum. Die Umfrage zeigt, dass über 44% der Menschen ihr verändertes Kaufverhalten auch nach der Corona-Krise beibehalten werden. Zusammen mit bisherigen Onlinekäufern wird zukünftig ein Grossteil der Kunden ihre Produkte digital abschliessen und beziehen wollen.
Nicht nur für Versicherungen und Banken bedeutet dies, dass Bemühungen zur Digitalisierung von Produkten, des Vertriebs und des Customer Journeys verstärkt werden und Nachzügler diese Aufgaben schnellstens initiieren sollten. Kunden werden erwarten, dass sie sowohl den Kauf, als auch die Nutzung der Leistungen digital abwickeln können. Wer allzu klassisch auf der traditionellen Spur bleibt, droht links vom veränderten, digitalen Konsumbedürfnis überholt zu werden. (Simon-Kucher & Partners/mc/ps)
Quellen:
Forbes Magazine, 27/03/2020 08:13
https://www.forbes.com/sites/ninaangelovska/2018/10/23/6-reasons-why-europeans-dont-shop-online/#5484f5552869
Eurostat, 27/03/2020 08:18
https://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/E-commerce_statistics_for_individuals
Eurostat, 27/03/2020 08:18
https://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/pdfscache/33472.pdf
1) Entwicklungspotentiale für Zusatzversicherer und Broker im Schweizer Markt, Simon-Kucher 2020