SNB-Direktoriumspräsident Thomas Jordan. (© SNB)
Zürich – Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hält den Kurs. Trotz Konjunktureinbruch und anhaltender Franken-Stärke belassen die Währungshüter das Zielband für den Dreimonats-Libor bei -0,25 bis -1,25%. Auch der Negativzins auf Giroguthaben bleibt unverändert bei 0,75%. Der Schweizer Franken bewegte danach sich in der Summe nur wenig.
Dabei ist dieser doch nach wie vor stark überbewertet, wie SNB-Präsident Thomas Jordan am Donnerstag vor den Medien nicht müde wurde zu betonen. Laut Jordan spricht vieles für eine Abwertung des Frankens, etwa die Negativzinsen der Nationalbank, die Zinsdifferenz zum Ausland oder die eingetretene Abschwächung der Konjunktur in der Schweiz.
«Wenn wir das Gefühl haben, dass die monetären Bedingungen nicht mehr adäquat sind, müssen wir intervenerieren», ergänzte Direktoriumsmitglied Fritz Zurbrügg. Dies könnte etwa dann der Fall sein, wenn sich das Währungsumfeld je nach Entwicklung in der Griechenland-Krise für den Schweizer Franken verschärft. Ob die SNB in den vergangenen Wochen am Devisenmarkt interveniert hat, wollte die SNB-Spitze allerdings nicht beantworten.
Positive Bilanz
Sechs Monate nach Einführung der Negativzinsen zieht die SNB eine positive Bilanz. Es habe sich gezeigt, dass das Zinsinstrument auch im negativen Bereich wirksam sei. Der Negativzins erfülle aktuell einen sehr wichtigen geldpolitischen Zweck und trage dazu bei, Anlagen in Franken weniger attraktiv zu machen. Die Währungshüter erwarten, dass dieser sich «über die Zeit» weiter abschwächen wird.
Statt den Euro-Mindestkurs aufzuheben, hätte die SNB Mitte Januar einen Währungskorb einführen können, um die Franken-Überbewertung zu bekämpfen. Dies forderten zuletzt verschiedene Geldpolitiker. Jordan kann der Idee an sich auf Anhieb nicht allzu viel abgewinnen: «Ein Währungskorb löst das Problem als solches nicht», sagte. Die SNB beobachte die Situation aber weiterhin genau. «Wir werden sehen, welche Anpassungen der Geldpolitik in Zukunft allenfalls notwendig sein werden», erklärte Jordan dazu sybillinisch.
Für Grexit gerüstet
Auf die Frage nach möglichen Kapitalverkehrskontrollen im Falle eines «Grexit» mochte Jordan ebenfalls nicht direkt eingehen. Das Basisszenario der SNB gehe aber weiterhin davon aus, dass eine Lösung für das hochverschuldete Euroland gefunden wird. «Aber es gibt auch andere Szenarien, und die werden sicherlich Erschütterungen an den Finanzmärkten bringen», räumte er ein. «Wir beschäftigen uns laufend mit den Risiken zur Griechenland-Frage», versicherte der SNB-Chef.
Falls es tatsächlich zu einem sogenannten Grexit kommt, sind grössere Devisenzuflüsse in den «sicheren Hafen» Schweiz zu erwarten oder zumindest nicht unwahrscheinlich. In einem solchen Fall könnte sich die SNB gezwungen sehen zu reagieren. Womöglich will sich die Notenbank die Option weiterer Massnahmen für eine Eskalation der Griechenlandkrise vorbehalten, meinen Ökonomen.
Risiken im Immobilienmarkt
Neues Gefahrenpotenzial sieht die SNB derweil auf den Schweizer Hypothekar- und Immobilienmärkten aufziehen. So bestehe nach der Einführung der Negativzinsen das Risiko, dass mittelfristig neue Ungleichgewichte entstehen. Dies betreffe insbesondere das Segment der Immobilieninvestoren, so die SNB in ihrem gleichentags publizierten Jahresbericht zur Finanzstabilität. Im Vergleich zu anderen Anlagen schienen Immobilien für Banken, Investoren und Haushalte wieder attraktiver zu sein.
Rendite suchende Investoren könnten daher die Preise für Wohnimmobilien weiter ansteigen lassen. Das rekordtiefe Zinsumfeld biete auch Anreize für Banken, höhere Zins- und Kreditrisiken einzugehen. Längere Laufzeiten und grössere Kreditvolumen könnten als Möglichkeiten erachtet werden, um Negativzinsen zu kompensieren und kurzfristige Gewinne zu stabilisieren.
Doch damit stiege das Gefahrenpotenzial der Banken gegenüber Zinsschocks und Korrekturen auf den Hypothekar- und Immobilienmärkten, warnt die SNB. (awp/mc/upd/pg)