SNB-Jordan: Wirtschaft leidet unter Frankenstärke

Thomas Jordan

SNB-Direktionspräsident Thomas Jordan. (Bild: Monika Flückiger / swiss-image.ch)

Lausanne – Die Aufhebung des Euro-Mindestkurses durch die Schweizerische Nationalbank (SNB) ist von grosser Tragweite für die Schweizer Volkswirtschaft. «Der Schritt ist der SNB keineswegs leicht gefallen. Aber auch in der Vergangenheit musste die Schweizer Wirtschaft immer wieder auf Schocks und Veränderungen im internationalen Umfeld reagieren, was häufig schmerzhaft war», sagte SNB-Präsident Thomas Jordan am Donnerstag an der Generalversammlung des Schweizerischen Uhrenverbands (FH) in Lausanne. Er sieht den Franken nach wie vor als deutlich überbewertet.

Die heutige Stärke des Schweizer Frankens ist laut Jordan das Spiegelbild der globalen Krise, die im Sommer 2007 als Subprime-Krise begann, über die Banken- und Finanzkrise in eine tiefe Rezession führte und in der europäischen Schuldenkrise mündete. Die Frankenstärke sei vor allem dem Status der Schweizer Währung als sicherer Hafen zuzuschreiben, der in Zeiten hoher globaler Unsicherheit besonders ausgeprägt sei. Auch wenn sich das globale Umfeld heute positiver als beispielsweise im Sommer 2011 präsentiere, sei der Ausblick für die Weltwirtschaft weiterhin mit erheblichen Risiken behaftet.

Im Verlauf der Krise sei der Aufwertungsdruck auf den Franken sukzessive angestiegen und mit der Verschärfung der europäischen Schuldenkrise sei dies im Sommer 2011 sehr deutlich zu spüren gewesen, blickt Jordan zurück. «Die wichtigen Währungen drohten gegenüber dem Franken ins Bodenlose zu fallen. Am 6. September 2011 führte die Nationalbank den Mindestkurs von 1,20 Franken pro Euro ein.»

Mindestkurs leistete gute Dienste
Der Mindestkurs habe der Schweizer Wirtschaft gute Dienste geleistet. «Er half ihr über die damaligen, dramatischen Verwerfungen hinweg und verschaffte ihr Zeit, sich an die neuen Verhältnisse – zumindest teilweise – anzupassen», sagte Jordan. Heute sei die Schweizer Wirtschaft in klar besserer Verfassung als 2011 und eindeutig besser positioniert als die meisten anderen europäischen Volkswirtschaften.

«Der Mindestkurs war nicht mehr nachhaltig, weil sich das Umfeld verändert hatte und insbesondere die Ausrichtung der Geldpolitik zwischen den grossen Währungsblöcken immer stärker auseinanderlief», verteidigte Jordan die Aufhebung. «Bei einem Aufschieben des Entscheids hätte die SNB die Kontrolle über die Geldpolitik verloren und den Mindestkurs später unter viel ungünstigeren Bedingungen aufheben müssen.»

Franken deutlich überbewertet
Jordan bekräftigte die in der Vorwoche anlässlich der geldpolitischen Lagebeurteilung geäusserte Haltung, dass der Franken gegenwärtig deutlich überbewertet sei. «Die aktuelle Geldpolitik ist auf die schwierige Lage ausgerichtet. Sie basiert einerseits auf der Bereitschaft, am Devisenmarkt aktiv zu sein, und andererseits auf dem Negativzins. Beides dient dazu, den Aufwertungsdruck auf den Franken abzuschwächen.» Im heutigen Umfeld gebe es aber keine einfache Lösung, die alle Störungen von aussen absorbierten, warnte er. Eine gewisse Durststrecke sei für die Wirtschaft deshalb unvermeidbar.

«Das Beispiel der Uhrenindustrie zeigt, dass sich auch schwere Krisen meistern lassen», so der SNB-Präsident weiter. Allerdings sei die Franken-Aufwertung für die Uhrenindustrie insgesamt nicht ganz so massiv ausgefallen wie für die Gesamtexporte. Auch seien die Exportmärkte der Uhrenbranche deutlich stärker gewachsen als diejenigen der Exportwirtschaft insgesamt. «Hauptgrund für das bessere Abschneiden ist die geringere Bedeutung der Eurozone als Absatzmarkt. Das heisst: Die Uhrenindustrie exportiert vor allem in Länder, die überdurchschnittlich schnell gewachsen sind.»

Die Erfahrung der Uhrenindustrie lasse sich leider nicht auf andere Exportzweige übertragen. Gegenwärtig seien viele Unternehmen gezwungen, die Kosten zu reduzieren und die Effizienz zu erhöhen, konstatierte Jordan. Eine von der SNB in den letzten Monaten bei Unternehmen durchgeführte Umfrage habe gezeigt, dass 65% der Firmen negativ von der Aufhebung des Mindestkurses betroffen seien, 30% davon sogar stark. Besonders schmerzhaft sei aber der Druck auf die Margen. (awp/mc/ps)

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