SNB warnt, ortet aber auch positive Immobilienmarkt-Entwicklung

Hypotheken

(Foto: Pixabay)

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Zürich – Die Schweizerische Nationalbank (SNB) erkennt in ihrem jährlichen Bericht zur Finanzstabilität deutlich abgeschwächte Wachstum von Hypothekarvolumen und Immobilienpreisen, warnt allerdings vor einem erneuten Anstieg und fokussiert insbesondere auf den Markt für Wohnrenditeliegenschaften. Eine Einschätzung des Investment Strategy & Research der Credit Suisse:

In den letzten Jahren hat der Hypothekar- und Immobilienmarkt eine prominente Rolle im jährlich durch die SNB publizierten Bericht zur Finanzstabilität gespielt. Die diesjährige Ausgabe bildete keine Ausnahme. Die SNB beschreibt das Preismomentum des Schweizer Immobilienmarktes als moderat. Das Wachstum des Hypothekarvolumens und der Immobilienpreise seien in den letzten Quartalen nur noch leicht stärker gewachsen, als durch die Fundamentaldaten erklärt werden kann, so die SNB. Infolgedessen konnte das Wachstum der Ungleichgewichte auf dem Hypothekar- und Immobilienmarkt gestoppt werden, was die SNB aus dem Blickwinkel der Finanzstabilität als positive Entwicklung ortet. Die Ungleichgewichte bleiben allerdings gross, wie die SNB betont. Sie äussert zudem Bedenken über eine neuerliche Zunahme der Ungleichgewichte auf dem Hypothekar- und Immobilienmarkt.

Gemäss der Nationalbank sind Fortschritte besonders beim Belehnungsgrad («loan-to-value ratio», LTV) zu verzeichnen. Der Anteil der neu vergebenen Hypotheken mit hohem LTV ist erneut gesunken. Nur noch rund 10% aller neuen Hypotheken an Privathaushalte weisen ein LTV von mehr als 80% auf. Bei den kommerziellen Kreditnehmern haben noch 13% der neuen Hypotheken ein LTV von mehr als 80%. 2013 fielen noch über 20% der Hypothekarkredite in diese Kategorie. Keine Verbesserung ist dagegen bei den Tragbarkeitsrisiken festzustellen, was die SNB anhand der Verhältnisse von Belehnung zu Einkommenshöhe («loan-to-income ratio», LTI) misst. Der im Bericht genannte Anteil von 42% aller neu vergebenen Hypotheken an Privathaushalte, bei welchen die kalkulatorisch gerechneten Kosten (bei einem Zinssatz von 5%) einen Drittel der Einkommen von Privathaushalten übersteigen, überzeichnet das Bild aber massiv. In einer Fussnote weist die SNB denn auch selber darauf hin, dass sie aus Datenerhebungsgründen ein Einkommenskonzept verwendet, das mit einem 15%-20% tieferen Einkommen rechnet, als die Banken im Mittel verwenden.

Die Nationalbank streicht besonders Ungleichgewichte auf dem Markt für Wohnrenditeliegenschaften hervor. Erstens hätten Investitionen in diesem Segment an Attraktivität gewonnen, was die zinsbedingt bereits hohen Preise noch weiter nach oben drücken könnte. Zweitens bestünden Anreize spezifisch für die inlandorientierten Banken, höhere Zinssatz- und Kreditrisiken einzugehen, um die erodierten Zinsmargen im Passivgeschäft zu kompensieren und kurzfristig die Profitabilität zu stützen.

Sorge über erneute Zunahme der Ungleichgewichte
Die SNB empfiehlt den Banken und Behörden, wachsam zu bleiben. Sollte sich das Momentum auf dem Hypotheken- und Immobilienmarkt aufgrund des nochmals tieferen Zinsniveaus auf den Kapitalmärkten wieder umkehren, könnten zusätzliche Massnahmen notwendig werden. Solche Massnahmen sollten direkt auf die Inkaufnahme von Risiken der Banken bei der Hypothekarkreditvergabe abzielen. Die SNB betont dabei spezifisch den Markt für Wohnrenditeliegenschaften. Dieser sei dem gestiegenen Anlagedruck stärker ausgesetzt. Aktuell sieht die SNB keine Notwendigkeit, den antizyklischen Kapitalpuffer zu erhöhen. Sie wird jedoch den Immobilienmarkt weiterhin eng überwachen und den Bedarf für eine Anpassung regelmässig neu evaluieren.

Keine Überraschungen, aber neuer Fokus
Insgesamt enthält der Finanzstabilitätsbericht der SNB keine Überraschungen, was den Immobiliensektor anbelangt. Drei Dinge fallen jedoch auf. Erstens anerkennt die Nationalbank, dass sich das Wachstum der Hypothekarvolumen und der Immobilienpreise deutlich abgeschwächt hat. Zweitens richtet die SNB ihr Augenmerk verstärkt auf das Segment der Wohnrenditeliegenschaften, nachdem sie in den Jahren zuvor praktisch nur den Markt für selbstbewohntes Wohneigentum im Blickwinkel hatte. Letzterer wie auch der Geschäftsflächenmarkt scheinen nicht mehr einem besorgniserregenden Entwicklungspfad zu folgen, wenn auch die Risiken damit noch nicht verschwunden sind. Drittens fällt auf, dass mit keinem Wort auf das Schadenspotenzial auf dem Markt für Wohnrenditeliegenschaften eingegangen wird. Auf diesem tummeln sich auch grosse institutionelle Investoren, welche über ausgebaute Risikomanagementsysteme und ein grösseres Verlustabsorptionspotenzial verfügen als Private. Es stellt sich daher die Frage, ob auf diesem Markt Schocks besser abgefedert werden könnten und weniger grosse Auswirkungen hätten. Gefahren sehen wir diesbezüglich stärker bei privaten Investoren, die zuweilen über wenig Erfahrung in der Immobilienbewirtschaftung verfügen und im Gegensatz zu den meisten institutionellen Investoren zumeist deutlich höher belehnt sind.

Risiken bleiben, aber mit verändertem Charakter
Trotz der Abkühlung des Wachstums von Hypothekarvolumen und Immobilienpreisen kann hinsichtlich der Überbewertung bei Wohneigentum keine Entwarnung gegeben werden. In der Vergangenheit haben sich die Ungleichgewichte in vielen Schweizer Regionen so stark herausgebildet, dass die jetzige Marktberuhigung noch nicht ausreicht, um diese abzubauen. Beruhigend ist allerdings, dass sich auf regionaler Ebene die grössten Ungleichgewichte reduziert haben. Insofern hat sich der Risikocharakter verändert. Dies zeigt ein Blick auf die Preisentwicklung von Wohneigentum in Relation zur Einkommensentwicklung. Insbesondere am Genfersee konnte die Überbewertung dank sinkenden Immobilienpreisen etwas reduziert werden. Das gilt auch für die Hochpreisregionen rund um den Zürichsee, wenn auch in geringerem Masse.

Die Gefahr einer spekulativen Preisblase in den Hochpreisregionen ist dadurch spürbar gesunken. Ausserhalb der Hochpreisregionen nehmen die Ungleichgewichte hingegen weiter zu – zum Teil beschleunigt. In diesen Regionen sind die Missverhältnisse jedoch noch nicht sehr ausgeprägt. Sollte sich die gegenwärtige Preisentwicklung ausserhalb der Hochpreisregionen jedoch in den nächsten Jahren fortsetzen, dürften die Risiken auf dem Immobilienmarkt insgesamt wieder steigen.

Derzeit rechnet das Investment Strategy & Research der CS damit, dass die bisherigen Regulierungsmassnahmen, die in der Tendenz steigenden Hypothekarzinsen, die hohen Hürden bei der Tragbarkeit und Erschwinglichkeit sowie das sich abkühlende gesamtwirtschaftliche Umfeld das Preiswachstum von Wohneigentum einigermassen unter Kontrolle halten können. (CS/mc/pg)

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