Social Banking: Markt mit Zukunft

Social Banking

Münster/Zürich – Sozial-ökologisch ausgerichtete Finanzinstitute haben ihre Position am deutschen Bankenmarkt in den letzten Jahren deutlich ausbauen können. Die Kredite und Einlagen dieser Banken sind von 2006 bis 2011 in Summe jährlich um 20 bis 30 Prozent gewachsen. Damit gehören sie in Deutschland zu den am stärksten wachsenden Bankengruppen in einer Branche, die ansonsten von intensiven Verteilungskämpfen um Kunden geprägt ist. Gleichzeitig ist der Anteil sozial-ökologischer Banken am gesamten deutschen Privatkundenmarkt mit 0,2 Prozent nach wie vor sehr gering.

Damit korrespondiert die noch niedrige Zahl von zusammen knapp 230.000 Kunden Ende 2011. Um angesichts des starken Wachstums bei noch geringem Marktanteil unter anderem die tatsächlichen Potenziale sozial-ökologischen Bankgeschäfts zu ergründen, hat die Managementberatung zeb/ in Zusammenarbeit mit der Alanus Hochschule und puls Marktforschung die bislang umfassendste Marktstudie zum Social Banking in Deutschland durchgeführt. Für die Untersuchung wurden neben 1.010 repräsentativ ausgewählten Bürgern auch 3.200 Kunden der in Deutschland tätigen sozial-ökologisch ausgerichteten EthikBank, GLS Bank und Triodos Bank Deutschland befragt.

Social Banking Study 2012 auch für Schweiz von Bedeutung
„Als umfangreichste Untersuchung, die es zum sozial-ökologischen Bankenmarkt im deutschsprachigen Raum bislang gegeben hat, ist die Social Banking Study 2012 auch für die Schweiz von Bedeutung“, sagt Ulrich Hoyer, leitender Partner der Competence Unit Retail Banking bei zeb/. „Wir gehen zum Beispiel davon aus, dass sich die Nachfrage nach sozial-ökologischen Bankangeboten sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz mit zunehmendem Bekanntheitsgrad künftig ausweiten wird“. Aber auch auf betriebswirtschaftlicher Ebene lässt die Studie allgemeingültige Rückschlüsse zu: „Nur ganzheitlich und konsequent umgesetzte Social-Banking-Strategien können den hohen Anforderungen genügen, die Social-Banking-affine Zielgruppen an den Tag legen – sei es in Deutschland oder hierzulande“, sagt Norman Karrer, Geschäftsführer Schweiz bei zeb/ und ergänzt: „Eine Forcierung der Corporate-Social-Responsibility-Initiativen von Banken allein erfüllt diese Ansprüche zum Beispiel nicht.“

16 Millionen Social-Banking-affine Privatkunden in Deutschland
Der Erfolg sozial-ökologisch ausgerichteter Banken im deutschen Privatkundengeschäft korrespondiert mit verschiedenen im Nachbarland wichtiger werdenden gesellschaftlichen Werten, wie zum Beispiel ökologisch und sozial verantwortlichem Handeln, Sicherheit, Transparenz und Glaubwürdigkeit. So verschaffen die Banken ihren Kunden die Gewissheit, mit den anvertrauten Spargeldern nur ökologisch und/oder sozial nachhaltig ausgerichtete Branchen und Projekte zu fördern. Darüber hinaus reduzieren sie durch Verzicht auf Finanzmarktspekulation ökonomische Risiken, erfüllen über die Offenlegung von Kreditportfolio und Kapitalanlagen den Transparenzanspruch ihrer Kunden und erlangen so hinsichtlich der Einhaltung des selbst formulierten Anspruchs Glaubwürdigkeit. Im Zusammenspiel mit der anhaltenden Vertrauenskrise der Bankbranche erklärt sich so das beachtliche Gesamtpotential für sozial-ökologische Bankangebote in Deutschland in Höhe von 16,2 Millionen Menschen ab 16 Jahren, das nun im Rahmen der Studie durch Abgleich von Wertemustern, demografischer Attribute und Finanzdienstleistungsanforderungen bestehender Social-Banking-Kunden mit denen der Gesamtbevölkerung erstmals detailliert ermittelt werden konnte. Im Zentrum der so identifizierten Kundengruppe, die ein knappes Viertel der Bevölkerung umfasst und über ein Gesamtvermögen von ca. 620 Mrd. Euro verfügt, steht ein Kernpotenzial von 7,3 Millionen Deutschen, die über ihre Social-Banking-Affinität hinaus schwach an ihre jetzigen Hausbanken gebunden sind und einen generellen Bankwechsel innerhalb der nächsten 12 Monate erwägen.

Zwei massgebliche Social-Banking-Zielgruppen
Mit Blick auf die sozio-demographische Beschaffenheit des identifizierten Gesamtpotenzials lassen sich zwei massgebliche Social-Banking-Zielgruppen unterscheiden: Die drei Millionen Mitglieder der Zielgruppe der „Sozial-Ökologischen“ stellen die höchsten Anforderungen an Nachhaltigkeit, Fairness und Transparenz. Sie sind mehrheitlich weiblich, urban und prädestiniert für ein Kundenverhältnis mit einem konsequent sozial-ökologisch arbeitenden Kreditinstitut als Hausbank. Die 13,2 Millionen „Nachhaltigkeitsorientierten“ haben ein etwas moderateres, aber immer noch deutlich ausgeprägtes Bewusstsein für öko-soziale Verantwortung, sind hochgebildet und verfügen über ein deutlich überdurchschnittliches Einkommen. Auch hier besteht nach Erkenntnissen der Studie eine hohe Affinität zu Social-Banking-Angeboten, die umfassend oder ergänzend infrage kommen. Der verbleibende Anteil der deutschen Bevölkerung ab 16 Jahren (53,8 Millionen Menschen) zeigt keine oder nur geringe Affinität zu Nachhaltigkeitsthemen und ist somit nicht als Zielgruppe für sozial-ökologisches Bankgeschäft anzusehen.

Beide im Rahmen der Studie identifizierten Zielgruppen stellen höchste Anforderungen an Finanzdienstleister – auch im Bereich der „klassischen“ Leistungsmerkmale. So ist zum Beispiel der Stellenwert von Service- und Kundenorientierung, kompetenter und fairer Beratung oder eines umfassenden Online- und Mobile-Banking-Angebots für die Social-Banking-Affinen höher als für den Rest der Deutschen. Darüber hinaus fordern die Zielgruppenmitglieder von einer Bank jedoch die typischen Social-Banking-Attribute ein. Dazu gehören beispielsweise die Berücksichtigung sozialer, ökologischer und/oder ethischer Kriterien bei der Kreditvergabe, ein Spekulationsverzicht der Bank und betont transparentes Kommunikationsverhalten gegenüber Kunden und Öffentlichkeit.

„Soziale Rendite“ wird als Zusatznutzen wahrgenommen
Banken, die solche Social-Banking-Attribute umsetzen, verschaffen ihren Kunden dadurch einen Zusatznutzen, den diese in Form einer „sozialen Rendite“ wahrnehmen. Durch eine Conjoint-Analyse wurde nun belegt, dass diese „soziale Rendite“ deutschen Bankkunden einen Mehrwert verschaffen kann, der mit dem Effekt von Zinszahlungen vergleichbar ist. Stösst zum Beispiel ein Bankkunde aus der Zielgruppe der „Nachhaltigkeitsorientierten“, der über ein mit 1,7 Prozent p. a. verzinstes konventionelles Sparprodukt verfügt, auf ein konkurrierendes Angebot einer sozial-ökologischen Bank mit gleicher Zinszahlung, bei dem die Einlagen jedoch nachweislich nur für die Finanzierung sozial-ökologisch nachhaltiger Projekte verwendet werden, so erhöht dieses Angebot die von ihm empfundene Gesamtrendite erheblich. Gemessen in monetärem Zins empfindet er eine „soziale Rendite“ in Höhe von 1,3 Prozent p. a. Zusammen mit der Zinszahlung entwickelt das Social-Banking-Produkt hier also eine Anziehungskraft, wie sie vom konventionellen Produkt nur durch einen Zinssatz von 3,0 Prozent p. a. erreicht werden könnte.

Der Anteil der über 16 Millionen deutschen Social-Banking-Zielgruppenmitglieder, die sich angesichts der „sozialen Rendite“ den Wechsel zu einer sozial-ökologischen Bank vorstellen könnten, liegt bei knapp 100 Prozent. Perspektivisch führt dies aus Sicht der in Deutschland tätigen „konventionellen“ Banken zu einer erheblichen Abwanderungsgefahr besonders ertragsstarker Kundenkreise. Nur mittelfristig wird einem solchen Wechsel in vielen Fällen vor allem die noch recht geringe Bekanntheit vorhandener Social-Banking-Angebote im Weg stehen – 72 Prozent der gesamten Zielgruppe haben noch nie von sozial-ökologischen Banken gehört. Hinzu kommt ein Anteil von 12 Prozent, die die Banken zwar kennen, aber nach eigenen Angaben nicht genug über ihre möglichen Vorteile wissen. Kenntnisdefizite sind demnach die entscheidende Hürde, die in Deutschland bislang eine höhere Nachfrage nach Social Banking verhindert. Da sozial-ökologische Bankangebote jedoch fortgesetzt in den öffentlichen Fokus rücken, ist von kontinuierlich zunehmendem Kenntnisstand und somit von steigender Nachfrage seitens der Zielgruppen auszugehen. Dadurch sind auch resultierende Ausweitungen der Angebotsstrukturen zu erwarten.

Ähnliche Perspektiven für die Schweiz wahrscheinlich  
Auch in der Schweiz befördern die Konstellation und der Wandel gesellschaftlicher Werte die Perspektiven für sozial-ökologische Bankangebote. Umfragen zufolge sehen die Menschen ihre natürliche Umwelt als gefährdet an. Mehr soziale und ökologische Nachhaltigkeit wird gewünscht, letztere zum Beispiel durch die Förderung erneuerbarer Energien. Insgesamt wird eine stärkere Rücksichtnahme auf die Belange künftiger Generationen als wichtig erachtet, aber auch eine moralische Gesinnung und ethisches Verhalten werden als bedeutsam angesehen. Die beiden bereits seit langem in der Schweiz tätigen sozial-ökologischen Banken – Alternative Bank Schweiz (Olten) und Freie Gemeinschaftsbank (Basel) – gehen mit ihren an Nachhaltigkeit und Transparenz ausgerichteten Finanzdienstleistungen in besonderem Masse auf diese Gesinnungen ein. Wie in Deutschland ist ihr Marktanteil noch sehr gering, übersteigt aber bei zusammen über 30.000 Kunden zum Ende des Jahres 2011 mit 0,5 Prozent den deutschen Vergleichswert. Einen weiteren Impuls erhielt der schweizerische Social-Banking-Markt durch den 2011 erfolgten Eintritt der Globalance Bank (Zürich), die auf nachhaltige Vermögensverwaltung und Anlageberatung spezialisiert ist. zeb/ erkennt insofern in der Schweiz eine mit Deutschland vergleichbare Ausgangslage. Sowohl das für Deutschland diagnostizierte Szenario einer künftig höheren Nachfrage nach Social Banking durch dessen wachsende Bekanntheit, als auch das Potenzial einer „sozialen Rendite“ mittels sozial-ökologischer Geldverwendung durch Banken wird daher als tendenziell auf die Schweiz übertragbar erachtet. (zeb/mc/ps)

Über zeb/rolfes.schierenbeck.associates
zeb/rolfes.schierenbeck.associates beschäftigt aktuell an 13 Standorten in ganz Europa über 750 Mitarbeiter. Die Unternehmensgruppe zählt zu den führenden Beratungsgesellschaften für den Finanzdienstleistungssektor. Kunden sind sowohl internationale Grossbanken als auch national führende Retailbanken, Privatbanken und Versicherungen.  
Weitere Details zum Unternehmen veröffentlicht zeb/ in seinem zeb/Report, der unter www.zeb.ch abrufbar ist oder auf Anfrage gerne versendet wird.

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