Social Media: Markante Unterschiede im Detailhandel
Zürich – Das Internet- und Beratungsunternehmen Firegroup hat die Social-Media-Auftritte der 50 wichtigsten Schweizer Detailhändler analysiert. Resultat: Der Social-Media-Vergleich im Schweizer Detailhandel bringt riesige Unterschiede zu Tage. Zuoberst auf dem Podest steht Migros, gefolgt von Ikea und Digitec.
Social Media wie Facebook, Twitter, YouTube & Co. sind in der modernen Unternehmenskommunikation nicht mehr wegzudenken. Gerade für den Detailhandel sind Social Media eine besonders geeignete Form, sich mit den Konsumenten zielgerichtet auszutauschen. Konsumenten können ihre Anliegen und Wünsche über Social-Media-Kanäle wie Facebook und Twitter mitteilen und persönliche Antworten erwarten. Die Detailhandelsunternehmen haben im Gegenzug die Möglichkeit, ihre Marke zu stärken, Events zu organisieren, Produktumfragen zu lancieren oder ihre Social-Media-Präsenz als direkten Absatzkanal zu nutzen.
Zögerlicher Umgang mit Social Media
Allerdings geht die Mehrheit der Schweizer Detailhändler noch unbeholfen mit Social Media um. So erzielen die Schweizer Detailhändler in der Firegroup-Studie durchschnittlich nur 55 von möglichen 100 Punkten; 16 Detailhändler müssen sich mit weniger als der Hälfte der möglichen Punktzahl zufriedengeben. Besonders hapert es in den Branchen Einrichtungen, Sportartikel, Apotheken und Drogerien sowie Baumärkte, die durchschnittlich alle weniger als 50 Punkte erreichen. «Die Social-Media-Strategien vieler Schweizer Detailhändler überzeugen leider noch nicht», stellt Firegroup-Geschäftsführer Samuel Manz fest. «Die Detailhändler müssen sich beeilen, solange sie noch auf den Zug aufspringen können. Denn der Aufbau einer aktiven Internet-Community ist zeitintensiv.»
Migros Top, Aldi Flop
Gold holt sich Migros mit 93.4 von 100 Punkten, gefolgt von Ikea (87.4 Punkte) und Digitec (81.5 Punkte). Die bestplatzierten Detailhändler überzeugen auf ihren Social-Media-Kanälen nicht zuletzt durch ihre aktive Interaktion mit den Konsumenten – eine Stärke, die vielen anderen Schweizer Detailhändler fehlt. «Coop kommuniziert über Social Media vor allem via Coopzeitung und liegt mit 78.5 Punkten zwar immerhin auf dem sechsten Platz, aber doch deutlich hinter der Hauptkonkurrentin Migros zurück», so Firegroup-Analyst Christian Schaer.
Bei den internationalen Unternehmungen mit Schweizer Sitz können vor allem diejenigen Firmen punkten, die auf eine länderspezifische Social-Media-Strategie für Schweizerinnen und Schweizer setzen. Dazu gehören neben der Zweitplatzierten Ikea auch Newcomer Zalando (10. Platz) und Lidl (13. Platz). Spar (26. Platz) bewegt sich bloss im Mittelfeld, während Aldi praktisch ohne Social-Media-Aktivitäten weit abgeschlagen auf dem 44. Platz rangiert.
Online-Versand vor Kleider-, Elektronik- und Lebensmittel-Handel
Der Online-Versand führt die Branchenrangliste mit durchschnittlich 74.9 von 100 Punkten an, wobei Digitec mit 81.5 Punkten innerhalb der Kategorie am besten abschneidet. Allgemein zeichnet sich der Online-Versand durch eine breite Nutzung verschiedener Social-Media-Kanäle und die Bereitschaft aus, auch neue Social-Media-Plattformen wie Google+ zu nutzen. Eine verhältnismässig hohe Social-Media-Affinität verfügt darüber hinaus der Buch- und Medienhandel (durchschnittlich 69.1 Punkte; Ex Libris 77.9 Punkte).
Danach folgen die Branchenkategorien Bekleidungen (durchschnittlich 62.5 Punkte; H&M 78.1 Punkte), Spielzeuge (durchschnittlich 57.3 Punkte), Elektronik (durchschnittlich 52 Punkte; Mobilezone 69.1 Punkte), Lebensmittel (durchschnittlich 51.4 Punkte; Migros 93.4 Punkte). Weniger als die Hälfte der möglichen Punktzahl erzielten hingegen die Branchen Einrichtungen (durchschnittlich 48.2 Punkte; Ikea 87.4 Punkte), Sportartikel (durchschnittlich 47.7 Punkte; Athleticum 58.9 Punkte), Apotheken und Drogerien (durchschnittlich 40.2 Punkte; TopPharm 69.1 Punkte) sowie Baumärkte (durchschnittlich 38.5 Punkte; Hornbach 54.2 Punkte).
Facebook: Wichtigster Social-Media-Kanal für Detailhändler
Facebook ist die zentrale Social-Media-Plattform. 44 der 50 untersuchten Schweizer Detailhändler verfügen denn auch über ein eigenes Facebook-Profil. Allerdings haben sieben der in der Schweiz präsenten 17 internationalen Unternehmungen – darunter Aldi, H&M, Tchibo und Esprit – keine Schweizer Facebook-Präsenz und nehmen diesbezüglich wenig bis gar keine Rücksicht auf Schweizer Kunden. Bezüglich Facebook-Auftritt schneiden Manor, Migros, Thalia und Ikea am besten ab: sie alle erreichen mindestens 34 Punkte von möglichen 35 bei einem Durchschnitt von 25.2 Punkten. Erfreulich: Auf die Firegroup-Testanfrage auf den Facebook-Pages der Unternehmen haben immerhin 37 Detailhändler geantwortet, davon 34 vorbildlich innerhalb von 24 Stunden.
Twitter: Schweizer Detailhändler zwitschern unbeholfen
Mit Twitter kommunizieren die untersuchten Schweizer Detailhändler deutlich unbeholfener als auf Facebook. Durchschnittlich erreichen die Unternehmen nur 9.2 von 20 möglichen Punkten. 18 der 50 untersuchten Unternehmen verfügen nicht einmal über einen Twitter-Account. Nur 23 Unternehmen pflegen einen Schweizer Twitter-Account, und bloss 10 Unternehmen nutzen Twitter regelmässig als interaktives Kommunikationsinstrument zur Beantwortung von Fragen und Anregungen. Am besten schneiden bei Twitter Digitec und Ex Libris ab, gefolgt von Brack Electronics und Migros. Dass sich Twitter für eine etwas andere Zielkundschaft als Facebook eignen kann, beweist der Online-Händler Digitec, der auf Twitter nach eigenen Angaben eine Technik-affine Kundschaft anspricht.
Jungfräulicher Umgang mit Google+
Das relativ neue Netzwerk Google+ nutzen rund die Hälfte der untersuchten Detailhändler, allerdings nur 17 Unternehmen mehr oder weniger aktiv. Es mangelt an Interaktion: Gerade einmal bei vier der untersuchten Detailhändler sind Nutzerfragen festzustellen. Digitec kann mit seinem Auftritt auf Google+ bereits überzeugen und erreicht 11 von 12 möglichen Punkten. Auf den weiteren Plätzen folgen Migros, Conrad Electronic, Lidl, Quelle und Brack Electronics mit je mehr als 8 Punkten. Andere Detailhändler wie Ikea sind zwar noch nicht richtig auf Google+ aktiv, können sich dies aber durchaus im Rahmen der zukünftigen Social-Media-Strategie vorstellen, wie eine Anfrage von Firegroup ergeben hat.
Wenig Interaktion auf YouTube und LinkedIn
35 Unternehmen nutzen YouTube, davon 31 mehr oder weniger aktiv und 26 Unternehmen auch für Eigenproduktionen ohne eindeutig werblichen Inhalt. 27 von 50 Unternehmen haben einen LinkedIn-Account, allerdings verfügen nur 4 Unternehmen über einen eigenen Schweizer Kanal. Sowohl bei YouTube als auch bei LinkedIn fehlt eine Interaktion mit den Nutzern weitgehend. Bei YouTube schneiden Digitec, Tally Weijl und H&M am besten ab, bei LinkedIn sind Toys R Us, Zalando und Aldi die Spitzenreiter.
Website und Mobile-Apps: Viel Aufholbedarf
Auch die firmeneigenen Websites und Mobile-Apps sind bei den meisten Detailhändlern nur ungenügend interaktiv angelegt. Erstaunlich auch die Absenz von guten Online-Shops: Nur 33 Unternehmen verfügen über einen Online-Store, und nur 23 Unternehmen über ein umfassendes Sortiment. Auch im Bereich Mobile besteht noch viel Aufholbedarf: Mobile-optimiert sind nur 12 Websites. Nur 26 von 50 Detailhändlern besitzen eine Mobile-App, wobei nur 17 Mobile-Apps mehrere Betriebssysteme unterstützen. Gerade einmal in 11 Mobile-Apps sind Social-Media-Funktionen, und nur in 9 Apps funktionierende In-App-Stores eingebunden. Nur Manor und Jumbo haben zusätzlich ortsgebundene Rabattsysteme und Gewinnspiele in ihre Mobile-Apps integriert. Auf dem Podest stehen im Bereich Website Migros, Thalia und Orell Füssli, im Bereich Mobile-Apps Ex Libris, Migros und Pfister. (Firegroup/mc/ps)
Über Firegroup
Die Firegroup ist eine Schweizer Internet-Agentur, die sich mit Beratungsdienstleistungen und Internet-Auftritten einen Namen gemacht hat. Nebst umfassender Internetberatung konzipiert, designt, programmiert, unterhaltet und vermarktet die Firegroup erfolgreich den Internetauftritt von diversen Kunden. Die Firegroup führt darüber hinaus regelmässig unabhängige Studien durch, die verschiedene Aspekte der Online-Wirtschaft beleuchten.
Methodik
Die Auswahl der untersuchten 50 Schweizer Detailhandelsinstitute erfolgte auf der Basis der Umsatzgrösse. Die in der Firegroup-Studie berücksichtigten Unternehmen mussten darüber hinaus über eine Schweizer Niederlassung oder Online-Präsenz verfügen. Die Detailhändler wurden in 10 Branchenkategorien untersucht: Apotheken und Drogerien, Baumärkte, Bekleidung, Buch- und Medienhandel, Einrichtungen, Elektronik, Lebensmittel, Online-Versand, Spielzeuge und Sportartikel. In einzelne Kategorien wurden zwecks Repräsentativität auch Unternehmungen mit geringeren Umsätzen aufgenommen. Bei allen analysierten Informationen handelt es sich um öffentlich zugängliche Quellen – unberücksichtigt blieben Informationen, die nur einem begrenzten Publikum zugänglich sind. Die Daten sind Ende September und Anfang Oktober 2012 erhoben worden.
Punktvergabe
Insgesamt konnten maximal 100 Punkte erreicht werden. Untersucht worden sind dabei die wichtigsten Social-Media-Kanäle Facebook (maximal 35 Punkte), Twitter (20 Punkte), Google+ (12 Punkte), YouTube (5 Punkte), LinkedIn (5 Punkte) sowie die Social-Media-Integration in die Websites (12 Punkte) und Mobile-Apps (11 Punkte). Besonders gewichtet mit entsprechend hohen Punktzahlen wurden die Faktoren Aktivität und Interaktion. Verfügte ein Detailhändler über mehrere länderspezifische Social-Media-Kanäle, so ist jeweils der Schweizer Auftritt berücksichtigt worden. Internationale Detailhändler, die über keine Schweizer Social-Media-Auftritte verfügen, konnten deutlich weniger Punkte erzielen.
Facebook
Firegroup hat unter anderem folgende Faktoren untersucht, wobei Aktivität und Interaktion besonders stark gewichtet worden sind: Allgemeines und Schweizer Facebook-Profil, durchschnittliche Anzahl Beiträge pro Tag, Anzahl «Likes» und «Sprechen darüber», Integration von weiteren Medienkanälen wie Videos und Veranstaltungen, Interaktionsmöglichkeiten mit Aufforderungen, Wettbewerben oder Spielen, Kommentarfunktionen und allgemeine Interaktion mit den Nutzern. Zusätzlich wurde mit einer Test-Anfrage auf der Pinnwand geprüft, wie rasch die Unternehmungen auf die Anfrage reagierten und in welchem Umfang auf die Frage eingegangen wurde. Es konnten maximal 35 Punkte erzielt werden.
Twitter
Folgende Faktoren sind untersucht worden: Allgemeines und Schweizer Twitter-Profil, Anzahl Tweets und durchschnittliche Anzahl Tweets pro Tag, Anzahl Followers, Verhältnis von «Followers» zu «Following», Interaktion (Antworten auf Fragen der Twitter-Nutzer), Inhalt der Tweets. Es konnten maximal 20 Punkte erzielt werden.
Google+
Folgende Faktoren sind untersucht worden: Allgemeines und Schweizer Profil auf Google+, durchschnittliche Anzahl Beiträge pro Tag, Inhalt der Beiträge, durchschnittliche Anzahl «+1» und Shares pro Beitrag, Anzahl «+1» des Profils, Anzahl Nutzer in Kreisen anderer, Integration weiterer Medienkanäle wie Videos, Interaktion mit Nutzern, Aufforderungen oder Wettbewerbe, Kommentar-Funktionen. Es konnten maximal 12 Punkte erzielt werden.
YouTube
Folgende Faktoren sind untersucht worden: Existenz eines YouTube-Profils, Aktivität, Anzahl Videos, Eigenproduktionen, Anzahl Abonnenten, Nutzung der Kommentar-Funktionen, Interaktion mit Nutzern, Anzahl Abonnenten, Anzahl Video-Aufrufe. Es konnten maximal 5 Punkte erreicht werden.
LinkedIn
Folgende Faktoren sind untersucht worden: Existenz eines aktiven LinkedIn-Profils, Anzahl Followers, regelmässige News, Content-Beiträge, Interaktion. Es konnten maximal 5 Punkte erreicht werden.
Website
Folgende Faktoren sind untersucht worden: Existenz eines Schweizer Webauftritts, Gesamteindruck, Social-Media-Integration, Online-Shop, Integration von Blogs, RSS-Feeds und Webcasts, Mobile-Optimierung. Es konnten maximal 12 Punkte erreicht werden.
Mobile
Folgende Faktoren sind untersucht worden: Existenz einer Mobile-App (Zusatzpunkte für mehrere Betriebssysteme), Share- und Social-Media-Funktionen, In-App-Store. Es konnten maximal 11 Punkte erreicht werden.