Software sei Dank
Von Michael P. Gregoire, CEO CA Technologies. (Foto: CA)
Vor einigen Tagen stiess ich auf zwei verschiedene Artikel über die Software-Industrie. In dem einen hiess es, dass der weltweite Technologiemarkt rund um das „Internet of Things“ (IoT – Internet der Dinge) bis 2020 7,1 Billionen US-Dollar schwer sein würde – mehr als das Dreifache des heutigen Werts. Der andere berichtete darüber, dass vor kurzem Hacker 15 Millionen Datensätze aus dem Netzwerk eines grossen Telekommunikationsunternehmens gestohlen haben.
Im Zuge des Emissionsskandals bei Diesel-Fahrzeugen bei Volkswagen, in dem Abschalteinrichtungen und Software in betrügerischer Weise eingesetzt wurden, verwiesen viele auf Risiken und die negativen Aspekte des immer weiter reichenden Software-Einsatzes. Vorgetäuschte Emissionswerte haben es damit auch auf die immer länger werdende Liste digitaler, die moderne Gesellschaft unterwandernder Plagen geschafft, auf der sich schon Internet-Mobbing und elektronischer Identitätsdiebstahl befinden.
Trotz aller öffentlichkeitswirksamen Effekte ist dies aber nur ein kleiner Ausschnitt des Gesamtbildes. Die grössere und wohl bemerkenswertere Story ist, welche zentrale Bedeutung Software in unserem Dasein und in der globalen Wirtschaft mittlerweile gewonnen hat.
Ohne Software läuft nichts mehr
In der heutigen Wirtschaft läuft nichts mehr ohne Software – vom Smartphone bis hin zum weltweit agierenden Wirtschaftsgiganten. Sie hat die Reise- und Tourismuswelt umgekrempelt. Die Art, wie wir mit Geld arbeiten, hat sich komplett geändert, seit digitale Kanäle den Markt dominieren. Kassenschalter und stationäre Reisebüros befinden sich auf dem Rückzug – und folgen damit dem Weg, den Wählscheiben-Telefone und Diskettenlaufwerke schon längst gegangen sind. Die meisten von uns kaufen ihre Flugtickets inzwischen online, zahlen Internet-Einkäufe per Kreditkarte und bestellen mit wachsender Begeisterung sogar Lebensmittel im Internet.
Dank Software können selbst kleine Betriebe schnell wachsen: Sie beschleunigt Prozesse und lässt Transaktionshürden verschwinden. Sie ermöglicht die Automatisierung und reduziert durch Menschen verursachte Fehler. Software generiert objektive Daten, die weitere Innovationen und bessere Funktionalitäten ermöglichen können. Software öffnet zudem die Türen zu völlig neuen Geschäftsmodellen.
Unternehmen wie Google, Facebook, Microsoft, SAP, Uber, Oracle, Airbnb, Amazon, IBM, Salesforce, Twitter, Yahoo, eBay und CA wären ohne Software nicht möglich gewesen – um nur einige zu nennen. Diese 14 Konzerne allein beschäftigen mehr als eine Million Menschen und die Summe ihrer Umsätze ist grösser als das Bruttoinlandsprodukt von Österreich.
Lassen Sie uns einen Blick auf die aktuellen Geschehnisse werfen: Der Einfluss von Software auf die Automobiltechnologie ist geradezu bezeichnend. Die heutige Elektronikgeneration in Autos zeigt über Navigationsgeräte nicht nur den richtigen Weg zum Ziel an. Sie sorgt auch dafür, dass das Auto besser fährt. Es gibt einen Grund, warum Motoren längst nicht mehr über einen Vergaser – ein mechanisches Bauteil – mit Benzin versorgt werden. Eine durch Software gesteuerte Einspritzung sorgt mit viel grösserer Präzision für die richtige Mischung von Benzin und Luft, abhängig von der Geschwindigkeit, der Last, dem Luftdruck und der Temperatur sowie den Vorlieben des Fahrers. Die Software kann ohne weiteres auf Effizienz, Leistung und natürlich auch Emissionen optimiert werden.
Diese Kombination aus höchster Präzision und absoluter Flexibilität ist zwar der Grund dafür, dass einige fehlgeleitete Personen bei Volkswagen mit dem System „spielen“ konnten. Auf der anderen Seite werden so viele neue Technologien erst wirklich kosten- und ressourceneffizient. Und zudem leistungsfähiger als ihre mechanischen und analogen Vorläufer.
Algorithmen für jedes Problem unter der Sonne
In jedem nur denkbaren Prozess befähigt Software zu feinsten und unterschiedlichsten Reaktionen auf komplexe Rahmenbedingungen – in einem Umfang und mit einer Präzision, die sich Mechaniker und Entwickler vergangener Zeiten noch nicht einmal erträumen konnten. Derzeit sind einige der hellsten Köpfe der Welt damit beschäftigt, sich Algorithmen für einfach jedes Problem unter der Sonne auszudenken.
Sie möchten Regen besser voraussagen? Hunderte von Softwareentwicklern schreiben Code dafür, während Sie diesen Satz lesen. Oder wollen Sie einen besseren Basketball-Sportschuh designen? Ausgefeilte CAD-Programme sind allein auf diesen speziellen Zweck zugeschnitten worden. Hoffen Sie, Ihre Katze wiederzufinden? Auch dafür gibt’s ein Programm.
Es ist wahrscheinlicher, die Thomas Edisons und Alexander Graham Bells von heute bei einem Hacker-Wettbewerb zu finden als in einer mechanischen Werkstatt. Das soll nicht bedeuten, dass Mechaniker oder Ingenieure vom Aussterben bedroht sind. Es heisst viel mehr, dass Mechaniker schon heute daran gewöhnt sind, Software einzusetzen, um ihre Designs, aber auch Strukturen und Mechanismen zu entwickeln.
Vor über 100 Jahren begannen elektromechanische Kontrollsysteme, rein mechanische Steuerungen abzulösen. Heute sind digitale Steuerungen der Industriestandard. Wo früher ein grosses, fensterloses Gebäude notwendig war, um die Schaltungen einer typischen Telefonvermittlung aufzunehmen, reicht heute ein mittelgrosser Schrank aus – oder zwei.
Heute läuft nichts mehr ohne Software. Sie verändert die Form unserer Städte, die Wege und die Art, wie wir kommunizieren oder reisen. Sie treibt das wirtschaftliche Wachstum voran, verbessert die Arbeit von Regierungen und sorgt für eine bessere medizinische Versorgung. Sie ist überall zu finden – in grossem Umfang. Für die Steuerungssysteme eines komplexen technologischen Gerätes wie dem Kampfflugzeug F-22 Raptor wurden acht Millionen Zeilen Programmcode geschrieben. Der Chevrolet Volt ist ein wirklich nettes Auto, mit Sicherheit um einiges weniger komplex und etwa 411 Millionen Dollar günstiger als eine F-22, benötigt für den Betrieb aber doch zehn Millionen Codezeilen.
Was innovative Software zu leisten im Stande ist
Die Historie hat gezeigt, dass sowohl Flugzeuge als auch Autos ohne eine einzige Zeile Code konstruiert werden können. Allerdings leuchtet es auf den ersten Blick ein, dass keines dieser erstaunlichen Fahr- und Flugzeuge auch nur die Hälfte dessen leisten könnten, wozu ihre mit innovativer Software betriebenen Nachfolger im Stande sind.
Software wird für unzählige Innovationen genutzt – um Schülern das Lesen beizubringen, Bauern bei der Entscheidung zu unterstützen, was sie anbauen sollen, Entrepreneure bei der Suche nach Investoren und Angestellten zu unterstützen oder auch, um Eltern die Suche nach Kinderärzten zu erleichtern.
Wann auch immer sich eine neue Technologie verbreitet, wird es diejenigen geben, die nicht vor dem Versuch zurückschrecken, sie für zerstörerische oder betrügerische Zwecke zu verwenden. So wie Gutenberg nicht für Spam-Mails verantwortlich gemacht werden sollte, sind auch die Gebrüder Wright nicht für die verwirrenden Gepäckbestimmungen von Billig-Airlines verantwortlich.
Natürlich haben wir alle gute Gründe, uns aufgrund der Enthüllungen durch Volkswagen übervorteilt zu fühlen, die von falschen Entscheidungen einer kleinen Gruppe von Mitarbeitern ausgelöst wurden. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass Software die Welt immer weiter verbessern wird. (CA/mc/ps)