EZB: In der Sache bleibt alles beim Alten
Vaduz – Die Europäische Zentralbank (EZB) behält ihre Geldpolitik bei. Sie ändert zwar ihre «Forward Guidance», ihre Wegbeschreibung, doch in der Sache bleibt alles beim Alten.
Die heutige Zinssitzung war von EZB-Chefin Christine Lagarde als bedeutend angekündigt worden. Die Änderungen fallen aber bescheiden aus. Die Werbung klang vielversprechender, als sich nun das Produkt präsentiert. Zwar mag sich der Pressetext in seinem Aufbau verändert haben, doch in der Sache ändert sich nichts. Die EZB bleibt eine expansive Notenbank, also alter Wein in neuen Schläuchen.
Aber der Reihe nach: Heute stand der erste reguläre Zinsentscheid nach der Überarbeitung der geldpolitischen Strategie an. Mit den neuen Zielen musste sich auch die Kommunikation ändern, weil die europäischen Währungshüter nun die Preisstabilität neu auslegen.
Die EZB kann nun ein zeitweiliges Überschiessen der Inflationsrate über die Zielmarke von 2% hinaus tolerieren. Deshalb wurde die «Forward Guidance» angepasst. Die EZB streckte den Zeitraum, in der die Leitzinsen bei null bleiben. Die Rede ist nun von einer Übergangszeit, in der die Inflationsrate auch über 2% liegen kann, ohne dass sich dadurch die Notwendigkeit für höhere Leitzinsen ergibt.
Die EZB geht davon aus, dass das Bruttoinlandprodukt im ersten Quartal 2022 wieder das Vorkrisenniveau erreichen wird. Die Schäden der Pandemie werden aber noch länger sichtbar bleiben. Dies betrifft unter anderem den Arbeitsmarkt.
Risiko bleibt weiterhin die Virus-Entwicklung, insbesondere vor dem Hintergrund der sich ausbreitenden Delta-Variante. Der Inflationsanstieg wird weiterhin als ein vorübergehendes Phänomen deklariert. Der schwache Lohndruck und die Euro-Aufwertungen dämpfen die übergeordnete Preisentwicklung.
Die EZB möchte mit der neuen Forward Guidance auch vermeiden, dass der Eindruck eines verfrühten Ausstiegs aus der expansiven Geldpolitik entsteht. Klar ist, erst mit einer Inflationsrate von nachhaltigen 2 % wird die EZB restriktiver werden.
Da die gewünschte Inflationsrate von 2% laut den Projektionen der EZB mittelfristig nicht erreicht wird, dürfte auf absehbare Zeit keine nennenswerte Änderung des grundlegenden geldpolitischen Kurses anstehen. Die lockere Geldpolitik wird also immer mehr zur Normalität. Die EZB könnte zwar im März 2022 das Pandemie-Notfallankaufprogramm (PEPP) einstellen, gleichzeitig aber den bestehenden Ankaufprogrammen wieder ein höheres Gewicht zukommen lassen. Das bereits im Vorquartal erhöhte Ankaufvolumen des PEPP setzt sich auch im dritten Quartal fort.
Wer auf höhere Leitzinsen hofft, wird enttäuscht. Die EZB wird ihre ultra-expansive Geldpolitik vermutlich auch die kommenden Jahre über fortsetzen. Damit wächst die Gefahr von Blasen an den Vermögensmärkten.