Stefan Heitmann, CEO MoneyPark, im Interview
Von Helmuth Fuchs
Moneycab: Herr Heitmann, Sie haben eine Startup-Bilderbuchgeschichte geschrieben: Gründen, fünf Jahre harte Arbeit und erfolgreiches Wachstum, dann Verkauf der Mehrheit (70%) an einen Branchenprimus, in Ihrem Fall an die Helvetia. Und jetzt?
Und jetzt fangen wir erst richtig an. Im Ernst, dank des Vertrauens, das uns bis heute über 50’000 Kunden in der Schweiz in den zurückliegenden fünf Jahre geschenkt haben, sind wir enorm weitergekommen und haben MoneyPark im Schweizer Hypomarkt fest verankert. Aber bei allem Dank an Kunden und Team und bei allem Stolz auf das Erreichte: solange in der Schweiz nach wie vor über 80% aller Kreditnehmer, leider häufig wider besseren Wissens und mangels besserer Information, viel zu viel für ihre Hypotheken an ihre Hausbanken zahlen, haben wir noch viel Arbeit vor uns. Unsere Vision, Kunden dank Unabhängigkeit und maximaler Auswahl die beste Hypoberatung zu offerieren, ist ungebrochen aktueller denn je. Dafür lohnt es sich, auch die nächsten Jahre noch genauso hart zu arbeiten.
«Jetzt geht es neben einzelnen weiteren Ergänzungen in der Fläche vor allem darum, unsere Standorte in den urbanen Zentren der Schweiz weiter zu stärken und auszubauen.» Stefan Heitmann, CEO MoneyPark
Für Sie war eines der wichtigsten Argumente für MoneyPark die Unabhängigkeit von allen Finanzanbietern. Wie glaubwürdig ist das noch nach der Übernahme durch die Helvetia?
Unverändert glaubwürdig. Wäre es Helvetia nur darum gegangen, einen Vertriebskanal für ihre Produkte zu erwerben, hätten sie dies sicherlich günstiger realisieren können. Die Unabhängigkeit der Produktplattform MoneyPark stand auch für Helvetia nie zur Diskussion. Für uns erst recht nicht. Während der gesamten Verhandlungen stand immer fest und wurde auch so vereinbart, dass MoneyPark operativ eigenständig bleibt und nicht in die Helvetia integriert wird. Operative Eigenständigkeit heisst ganz konkret u.a.: Keinerlei Einflussnahme auf die Produktpartnerkooperationen, die MoneyPark unterhält, keinerlei Zielvorgaben für den Absatz von Helvetia-Produkten Genauso wie Helvetia auch unsere Konkurrenten als Absatzkanal nutzt, arbeiten wir mit allen im Hypogeschäft vertretenen Versicherungen zusammen – mit über 70 Banken sowieso. Für uns war wichtig, dass wir mit der Helvetia einen finanzkräftigen, strategischen Partner bekommen, der seinerseits aber nicht stark im Hypothekargeschäft verankert ist und fest an die langfristige Vision und das Potenzial von MoneyPark glaubt.
«Hätten wir einen transparenten Markt, sähen wir eine viel stärkere Angleichung der Preise. Wir haben ihn aber nicht und Banken leben sehr gut mit der Intransparenz.»
Bis anhin haben Sie ein rasantes Wachstum auch beim Filialnetz vorgelegt. Wie sieht es für die nächste Zukunft aus, wo setzen Sie Schwerpunkte?
MoneyPark ist die mit Abstand führende Technologieplattform im Hypothekargeschäft. Bei MoneyPark steht aber trotzdem der Mensch im Mittelpunkt und wir hatten von Tag 1 unserer Gründung immer die Philosophie, durch die optimale Kombination von „Mensch und Maschine“ möglichst jeden potentiellen und bestehenden Hypothekarkunden beraten zu können. Unsere Filialen und unsere Hypothekarspezialisten vor Ort sind hierfür der ganz zentrale Baustein. Nach vier Jahren forciertem Aufbau in der Deutsch-Schweiz und im Tessin war Präsenz in der Romandie unsere wichtigste strategische Priorität. Mit der Übernahme des Marktführers und Vorreiters in der Romandie, Deferrard & Lanz (DL) haben wir hier jetzt einen riesen Schritt gemacht und sind jetzt schweizweit überall vertreten und verankert. Jetzt geht es neben einzelnen weiteren Ergänzungen in der Fläche vor allem darum, unsere Standorte in den urbanen Zentren der Schweiz weiter zu stärken und auszubauen.
Obschon wir seit Jahren eine Tiefzinsphase haben mit 10-Jahres Hypotheken in der Nähe von 1 Prozent, verwenden Banken bei der Berechnung der Tragbarkeit immer noch einen Zins von 5 Prozent. Dies auch auf im Wissen, dass Wohneigentum zu einer der sichersten Vorsorgelösungen zählt. Wer profitiert von diesem Massnahmen?
Klar ist, wer nicht profitiert: All diejenigen, die sich aufgrund der viel zu hohen regulatorischen Hürden kein Wohneigentum leisten können und gezwungenermassen in den ungleich teureren Mietalternative verharren müssen. Der Traum von der eigenen Immobilie ist für immer mehr Schweizer ein mehr als nur verständliches Lebensziel, auch und erst recht in Tiefzinsphasen. Bei den unter 30-Jährigen möchte sich jeder Zweite in den nächsten 10 Jahren Wohneigentum kaufen – nur ein Bruchteil wird es aber tatsächlich in die eigenen vier Wände schaffen. Genauso wird es für die über 50-55-jährigen immer anspruchsvoller, sich den Traum von den eigenen vier Wänden zu realisieren. Wer profitiert? Vermieter, Verkäufer, z.T. aber auch Hausbanken, die gerade im Bereich der Anschlussfinanzierungen die Möglichkeit haben, überzogene Zinsen von ihren Bestandskunden zu kassieren.
«Bei den unter 30-Jährigen möchte sich jeder Zweite in den nächsten 10 Jahren Wohneigentum kaufen – nur ein Bruchteil wird es aber tatsächlich in die eigenen vier Wände schaffen.»
Transparenz sollte eigentlich in einem reifen Markt zu einer Angleichung der Angebotspreise führen. Bei den Hypotheken sind die Unterschiede teilweise aber immer noch signifikant. Wie lassen sie sich erklären und wo sind die Unterschiede gerechtfertigt?
Sie beantworten die Frage im Prinzip schon selber: hätten wir einen transparenten Markt, sähen wir eine viel stärkere Angleichung der Preise. Wir haben ihn aber nicht und Banken leben sehr gut mit der Intransparenz. Wir haben in der Schweiz immer noch einen starken „Vertrauensmarkt“ mit enormer Kundenloyalität, frei nach dem Motto „meine Bank wird mir schon ein gutes Angebot machen“. Dagegen wäre ja nichts einzuwenden, wenn davon auch die Kunden und nicht nur die Banken profitieren würden. Aber wie erklären sie Kunden Abschläge, z.B. auf der 10-jährigen Festhypothek, von aktuell 20-50bp in dem Moment, in dem wir für den Kunden verhandeln?
Eine Hypothek ist eigentlich eine perfekte Commodity und dennoch variiert der Preis für jeden Hypothekarkunden stark. Das ist für viele Hypothekarnehmer erstmal überraschend. Wenn Sie im Laden ein Joghurt kaufen wissen, Sie schliesslich auch, dass Ihr Nachbar denselben Preis zu bezahlen hat. Bei der Hypothek ist das nicht der Fall. Jeder Anbieter wird Ihren Fall anders beurteilen und zunächst einmal versuchen, ihre maximale Zahlungsbereitschaft auszuloten. Kommt er damit bei ihnen als Kunden durch, perfekt. Da schadet jede Transparenz und schmälert Marge und Gewinn der Bank. Wollen wir einen transparenten Markt, müssen Kunden mithelfen und anfangen, zu vergleichen und zu verhandeln oder professionell verhandeln zu lassen.
«Jeder Anbieter wird Ihren Fall anders beurteilen und zunächst einmal versuchen, ihre maximale Zahlungsbereitschaft auszuloten.»
Abgesehen vom reinen maximalen Gewinnanspruch jeder Bank sind es daneben natürlich auch Dutzende nachvollziehbare Faktoren in der Person des Kreditnehmers wie Einkommen, Vermögenssituation, persönliche und familiäre Situation, und strategische Ziele der Bank, die die Zinsunterschiede in den Angeboten der Anbieter erklären können. Möchte eine Bank bspw. das Kreditgeschäft in einer bestimmten Region weiter ausbauen oder eher zurückfahren, wie sieht die Fälligkeitsstruktur der Bankbilanz aus und werden dementsprechend eher lange oder kurze Laufzeiten präferiert?
Als Kunde können Sie all diese Faktoren unmöglich kennen, geschweige denn beeinflussen oder vergleichen. In der Beratungsplattform von MoneyPark sind alle diese Vergabekriterien der Anbieter hinterlegt und werden tagesaktuell, z.T. mehrmals täglich aktualisiert. So erhalten Kunden maximale Transparenz über individuelle Top-Konditionen und können direkt das beste Angebot abschliessen.
Sie haben jüngst eine Gratis Online-Immobilienbewertung aufgeschaltet, die zum Beispiel umfangreiche Transaktionsdaten der Vergangenheit berücksichtigt, um zu einer Bewertung zu kommen. Wie weit weicht diese Methode von den gängigen Bewertungsmodellen ab?
Wir kooperieren hier eng mit dem Startup PriceHubble, die wiederum anders als die herkömmlichen hedonischen Methoden, die ausschliesslich „in den Rückspiegel“, sprich auf historische Transaktionsdaten schauen, state-of-the-art Machine Learning Ansätze einsetzen. Der grosse Vorteil ist es, dass so die Abhängigkeit von historischen Transaktionsdaten minimiert werden kann und eine grosse Anzahl von strukturierten und unstrukturierten Daten, darunter bspw. Daten zur Lage, und Ausstattung der Immobilie, aber eben auch Sentiment Analysen zur Erreichbarkeit oder negativen Faktoren wie Umweltbelastungen, Wetterdaten etc. eingehen. Wir ermöglichen so unseren Kunden Möglichkeiten, weit über den Tellerrand der traditionellen hedonischen Modelle hinaus zu schauen.
Als erster Anbieter im Schweizer Hypomarkt bieten wir unseren Kunden diese Technologie in einem Online-Tool zur Bewertung von Immobilien an – und das erst noch kostenlos. Noch viel weitergehende Informationen zu seinem Wunschobjekt erhält der Kunde dann im persönlichen Gespräch.
Ihre Online-Immobilienbewertung steht jedem frei zur Benutzung. Was möchten Sie mit diesem Angebot erreichen, welche weiteren Entwicklungen planen Sie?
Wenn Sie eine Immobilie kaufen möchte, nehmen sie unweigerlich eine Vielzahl von Objekten unter die Lupe. Diese mögen vielleicht ähnlich gross sein und an vergleichbarer Lage liegen, aber jedes Objekt, selbst Wohnungen im selben Gebäude, unterscheiden sich in vielen Faktoren, darunter natürlich häufig auch im Preis, im Wert heute und im möglichen Wiederverkaufswert morgen und übermorgen. Wir möchten unsere Kunden nicht erst über die Anbieterunterschiede im Hypothekenmarkt aufklären, wir möchten sie schon bei der Immobiliensuche unterstützten.
Deshalb bieten wir Ihnen eine einfache Möglichkeit, auch als Laie eine Immobilie zu schätzen und zu vergleichen. Wird sodann für die konkrete Finanzierung eine bankakzeptierte Bewertung benötigt, stehen unsere Berater ebenfalls zur Verfügung und schätzen das Wunschobjekt mit den üblichen Modellen der Banken. Unser Anspruch, dem Kunden die beste Hypothekarberatung zu bieten, schliesst für uns ein, ihm auch bei allen Fragen rund um die Immobilie , vor, während und nach dem Kauf zur Seite zu stehen.
«Wir kooperieren eng mit dem Startup PriceHubble, die state-of-the-art Machine Learning-Ansätze einsetzen.»
Technologie und Digitalisierung sind für MoneyPark zentrale Themen. Welches sind die nächsten technologischen Entwicklungen, die das Potenzial haben, den Hypothekenmarkt grundlegend zu verändern?
Ich glaube, wir stehen bei der Technologisierung und Digitalisierung des Hypomarktes erst ganz am Anfang. Daten und Data Analytics spielt heute weder im Immobilien- noch im Finanzierungsmarkt eine grosse Rolle. Das ändert sich gerade mit Startups wie PriceHubble und anderen Kooperationen wie wir sie pushen, massiv, ist aber sicher erst der Beginn der Reise mit noch unendlich Potenzial.
Produktseitig bieten sich meines Erachtens noch enorme Möglichkeiten. Heute versuchen die Anbieter mehr oder minder ein „one size fits all“ Ansatz und pressen Kunden auf Produkte. Zukünftig werden wir hoffentlich neben Standardprodukten auch mehr und mehr Produktvielfalt, vergleichbar Trends auch in der Pharmabranche nach „tailor-made“ Pharmaprodukten.
Auch anbieterseitig liegt der Umbruch noch vor uns. Noch ist der Hypomarkt ein Paradies für Banken. Aber grössere Anbietervielfalt, crowd-lending, Sekundärmarkt bieten zuhauf neue Möglichkeiten.
Vertriebsseitig ist bspw. die sog. Onlinehypothek heute für die meisten Anbieter nicht mehr als eine Onlineeingabemaske mit offline Prozessen. Die komplette und „echte“ Digitalisierung der Hypokette ist auch dem besten Weg, Realität zu werden und jede Form von Hypbridtechnologie wird den Hypomarkt grundlegend verändern.
Sie haben es geschafft, den Kunden den Wert einer Beratung zu Hypotheken zu vermitteln. Was braucht es, dass dieses Modell auch in anderen Bereichen der Finanzindustrie den Durchbruch schafft und was würde das für die Banken und Versicherungen bedeuten?
Leider ist es immer noch nicht üblich, für eine Beratungsdienstleistung zu bezahlen. Das Problem ist dabei, dass Banken und Versicherungen grösste Scheu haben, die Beratung kostenpflichtig zu machen. Wie auch, sie müssten ja dann erklären, dass es einen Wert hätte, genau ein Produkt, nämlich das hauseigene, abschliessen zu dürfen. Gar nichts so einfach und erinnert mich ein wenig an den kommunistischen Supermarkt – auch nicht wirklich ein langfristiges Erfolgsmodell.
Was es braucht? Eine Top Beratungsleistung von Spezialisten und ein Leistungspaket, bei der der Kunde einen klaren Mehrwert gegenüber klassischer Mono-Produktberatung erkennt. Ich glaube, dass das, was ich hier auf die Hypoberatung beziehe, analog auch für andere Bereiche der Finanzindustrie gilt. Im Anlagegeschäft zahlt der Kunde auch sog. Management Fees und ich denke, das Modell wird weiter Schule machen. Am Ende des Tages können wir Kunden nur Angebote machen, entscheiden muss und soll er selber und deshalb wünschen wir uns vor allem eines: selbstbewusste Kunden auch in der Schweiz!
Mit der Integration des Westschweizer Branchenführers DL im Juli ist MoneyPark auf über 130 Mitarbeitende gewachsen und verwaltet einen Hypothekarbestand von 8 Milliarden Franken. Wie soll sich MoneyPark strategisch weiter entwickeln?
Mit DL sind wir mit Abstand der grösste unabhängige Hypothekarvermittler der Schweiz. Wir platzieren schon 2017 deutlich über 2 Milliarden Franken an Hypovolumina bei Schweizer Banken und Versicherungen und streben an, diese Grössenordnung im nächsten Jahr erneut deutlich zu steigern. Produktseitig möchten wir den Kunden noch besser auf dem Weg ins Eigenheim begleiten, das neue Immobewertung-Tool ist da nur der erste Schritt. Auch technologisch dürfen sich unsere Kunden auch weitere, neue und einzigartige Angebote rund um das Eigenheim freuen.
Zum Schluss des Interviews haben Sie zwei Wünsche frei. Wie sehen die aus?
Als Start-up Unternehmer lernt man leider recht schnell und auf die harte Tour, dass das Leben kein „Wünsch-Dir-was“ ist, aber wenn ich die Frage trotzdem beantworten soll:
1. Dass MoneyPark einmal für die grosse Mehrheit der Schweizer Hypokunden der bevorzugte Weg zur Eigenheimfinanzierung wird und dass
2. Bayern München wieder die Champions League gewinnt.
Dr. Stefan Heitmann ist Gründer und CEO des Schweizer Fintech Unternehmens MoneyPark AG sowie Gründer und Investor in weiteren Fintech Unternehmen. Zuvor war er bis 2012 Partner der Unternehmensberatung McKinsey & Company in Zürich. Er hat mehr als 13 Jahre Expertise im Banking, insbesondere im Retail- und Investmentbanking und besitzt umfangreiche Arbeitserfahrung in internationalen Banking-Märkten, darunter insbesondere Schweiz, Deutschland, UK, USA und Mittlerer Osten. Während seiner Zeit bei McKinsey hatte er die operative Leitung der McKinsey & Company Banking Practice Schweiz inne.
MoneyPark ist die schweizweit führende technologiebasierte Beratungsplattform für Finanzprodukte und spezialisiert auf die unabhängige Vermittlung von Hypotheken und Vorsorgeprodukten sowie auf Pensionierungsplanung. MoneyPark bietet keine eigenen Finanzprodukte an, sondern offeriert seinen Kunden maximale Auswahl, unabhängige Beratung und direkten Abschluss. Die persönliche Kundenberatung erfolgt entweder in einer der über 25 MoneyPark-Filialen oder mittels Online-Beratungstools.