von Bob Buchheit
Moneycab.com: Herr Bonvin, das Immobilienportfolio hat erstmals seit Gründung der Investis die Milliardengrenze geknackt. Jetzt sieht es aber so aus, als ob die Immobilienpreise im Genferseebecken rutschen…
Stéphane Bonvin: 90 Prozent unseres Immobilienportfolios befindet sich in der Genferseeregion und besteht hauptsächlich aus Mietwohnungen im mittleren Preissegment. Hier sind die Immobilienpreise stabil geblieben. Leichte Korrekturen gab es – wenn überhaupt – hauptsächlich im oberen Preissegment, was Investis nicht tangiert. Hinzu kommt, dass wir durch unsere Buy-and-Hold Strategie an langfristigen Immobilien-Investments und an einem weiteren Ausbau unseres Portfolios interessiert sind. Im 1. Halbjahr 2017 resultierte wiederum eine Portfolio-Aufwertung von 17.2 Millionen Franken (Vorjahr CHF 16.7 Millionen).
Wie lange sollte die „Beruhigung“ Ihrer Meinung nach dauern?
Das ist schwer zu sagen. Immobilienpreise sind immer von verschiedenen Faktoren abhängig. Einerseits sind sie marktorientiert und basieren auf dem Prinzip von Angebot und Nachfrage und hängen andererseits auch stark von der Wirtschaftslage ab. Die vom Eidgenössischen Finanzdepartement lancierte Steuervorlage 17 (SV17) zum Erhalt der steuerlichen Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz würde die Abwanderung von internationalen Firmen ins Ausland vermutlich bremsen und diesen Markt wieder attraktiver machen.
Innerhalb weniger Jahre hat sich die Zahl der Franzosen, die nach Genf gezogen sind, verdoppelt. War das der Hauptgrund für den Boom?
Ich würde nicht von einem Boom sprechen, aber es ist Tatsache, dass viele Franzosen während der sozialistischen Regierung nach Genf zogen, um vor den hohen Steuern Frankreichs zu flüchten.
Bei einem annualisierten Sollmietertrag von 51.7 Million Franken schaffen Sie einen Bruttomietertrag von 5 Prozent, dank 3,3% Leerstandsquote. Genf ist sicherlich der Traum jeder Immobiliengesellschaft…
Der Immobilienmarkt Genf ist sehr attraktiv, aber auch stark reguliert. Man muss ihn genau kennen um erfolgreich sein zu können. Ich beschäftige mich seit bald 30 Jahren mit diesem Markt und habe in dieser Zeit ein grosses Knowhow und Netzwerk aufgebaut. Zwei Drittel unseres Portfolios befindet sich im Kanton Genf, in welchem zum Beispiel das Gesetz LTDR in Kraft ist. Durch dieses Gesetz können Mietpreise jeweils erst bei einem Mieterwechsel dem Marktpreis angepasst werden. Im Zusammenhang mit den Mieteinnahmen haben für uns die tiefe Leerstandsquote und die Kostenoptimierung einen hohen Stellenwert in der Strategie. Unsere Leerstandsquote in den Genfer Liegenschaften liegt bei 1%, was dem Sockelleerstand entspricht.
«Die vom EFD lancierte Steuervorlage 17 (…) würde die Abwanderung von internationalen Firmen ins Ausland vermutlich bremsen und diesen Markt wieder attraktiver machen.»
Stéphane Bonvin, Vorsitzender Konzernleitung Investis AG
Könnten Sie auch in die „France voisine“ expandieren?
Es ist nicht die Frage, ob wir das könnten, sondern ob wir das wollen. Letzteres muss ich klar mit einem Nein beantworten. Wir sind eine Schweizer Immobiliengesellschaft und investieren ausschliesslich in der Schweiz.
Betrachten Sie es als ein Vorteil, dass Investis nur zu einem Achtel in Gewerbeimmobilien investiert ist?
Ja, bestimmt, das gehörte von Anfang an zu unserer Strategie. Die Investis wurde 1994 gegründet und hat seit je her den Fokus auf Wohnimmobilien gelegt. Durch die immer schneller voranschreitende Digitalisierung kämpfen viele Gewerbeimmobilien und Büros mit grösseren Leerständen, und dies meist über einen längeren Zeitraum.
«Durch die immer schneller voranschreitende Digitalisierung kämpfen viele Gewerbeimmobilien und Büros mit grösseren Leerständen, und dies meist über einen längeren Zeitraum.»
Ein Achtel Ihrer Gebäude wurde vor 1951 gebaut. Zeichnet sich da ein gewisser Renovationsbedarf ab?
Einen Grossteil dieser Gebäude haben wir in den letzten Jahren ganz oder teilweise renoviert, oder haben sie in bereits renoviertem Zustand eingekauft. Der Renovationsbedarf in unserem Portfolio ist derzeit relativ gering. Um die Qualität des Portfolios stets aufrechtzuerhalten, ist es uns jedoch wichtig, die Gebäude gut zu unterhalten, wodurch immer wieder mal kleinere oder grössere Renovationen nötig sind. Allgemein kann man aber auch sagen, dass ältere Liegenschaften ein grösseres Mietertragspotenzial aufweisen, als dies bei neueren Gebäuden der Fall ist.
Sie halten sich bewusst aus dem Luxusimmobiliensegment heraus, eine weise Entscheidung. Wo beginnt dieses Segment preislich?
Das hängt sehr stark von der Region ab. In Genf zum Beispiel sind Monats-Mieten ab CHF 3’000.- für eine 3-Zimmer-Wohnung eher im höheren Preissegment, was in Lausanne bei einer Wohnung in derselben Grösse bereits ab CHF 2’500.- der Fall ist.
Investis hat im Property Management und im Facility Management zahlreiche Sub-Marken. Welche davon wächst am dynamischsten?
Wir geben keine Zahlen zu den einzelnen Tochtergesellschaften bekannt, aber wir können sagen, dass beide Aktivitäten im Segment Real Estate Services – Property Management sowie Facility Management – auf Wachstumskurs sind. Beide Aktivitäten trugen im 1. Halbjahr 2017 ungefähr zu gleichen Teilen zum Umsatz bei und erfreuen sich einer sehr guten Marktposition.
Der angesprochene Bereich Real Estate Services hat 2017 wieder Fahrt aufgenommen. Wo liegt da das EBIT-Margen-Ziel?
Ja, das ist korrekt. Wir hatten in diesem Segment im 1. Halbjahr 2017 eine EBIT-Marge von 5% gegenüber 2.1% im Vorjahr. Durch das weitere Wachstum und die zunehmende Digitalisierung rechnen wir 2019 mit einer hohen einstelligen EBIT-Marge.
Die durchschnittliche Verzinsung Ihrer Ausleihungen betrug im ersten Halbjahr nur noch 0.7% (Vorjahr 2.0%). Daher ist das Ende der Fahnenstange absehbar. Mit welchen „Hypothekarkosten“rechnen Sie auf Sicht 5 Jahre?
Investis hat in den letzten 12 Monaten zur Ablösung unserer Hypotheken nacheinander drei Bonds erfolgreich platziert. Diese haben alle eine Laufzeit von 2 beziehungsweise 5 Jahren. Unsere Finanzierungsstrategie sieht keine Hypothekarfinanzierung vor. Die durchschnittlichen Zinskosten unserer drei Bonds liegen bei 0.54%, auch bei einem – wie vom Markt erwarteten – leichten Anstieg des Zinsniveaus werden sich unsere derzeitigen Finanzierungskosten nicht wesentlich verändern.
Wird die steuerfreie Dividende aus Kapitalreserven ein Dauerrenner bei Investis sein?
Wenn die Dividende die nächsten Jahre auf 30 Millionen Franken bestehen bleibt, werden die Kapitalreserven von derzeit CHF 113 Milliionen noch vier verrechnungssteuerfreie Kapitalausschüttungen ermöglichen.
«Unsere Finanzierungsstrategie sieht keine Hypothekarfinanzierung vor.»
Zum Gesprächspartner:
Stéphane Bonvin gründete 1994 die Investis Holding AG. Seither amtiert er als CEO der Investis-Gruppe und leitet den Geschäftsbereich Properties. Durch seine 30-jährige Tätigkeit im Immobilienbereich verfügt er über ein starkes Netzwerk und profunde Kenntnisse der Immobilienlandschaft, die eine sukzessive Erweiterung des Portfolios der Gruppe ermöglichten. So erwarb er zwischen 2010 und 2014 einige Real Estate Service – Unternehmen in den Bereichen Property Management, Facility Management und Construction Management. 2006 war er Mitgründer der Patrimonium AG, in welcher er bis 2015 als Managing Director tätig war und seit 2006 im Verwaltungsrat sitzt.
Zum Unternehmen:
Die 1994 gegründete Investis-Gruppe ist eine führende Gesellschaft für Wohnliegenschaften in der Genferseeregion und ein schweizweit operierender Anbieter im Bereich Real Estate Services. Das Unternehmen ist die beiden Geschäftsbereichen Properties und Real Estate Services gegliedert. Das Portfolio von Investis besteht fast ausschliesslich aus Wohnliegenschaften in der Genferseeregion und wurde per 30. Juni 2017 mit CHF 1,036 Millionen bewertet. Durch den Geschäftsbereich Real Estate Services werden Immobiliendienstleistungen unter bekannten lokalen Marken in der ganzen Schweiz angeboten.