Bern – Ein ehemaliger Angestellter der Genfer Privatbank HSBC, Hervé Falciani, ist in Barcelona festgenommen worden. Er hatte vor rund fünf Jahren Kundendaten bei HSBC gestohlen und diese den französischen Behörden übergeben. Die Festnahme war bereits am 1. Juli erfolgt. Das Bundesamt für Justiz (BJ) bestätigte am Dienstag entsprechende Informationen des französischen Internetportals Mediapart.
Die Schweiz verlangt nun die Auslieferung von Falciani: Die Schweizer Vertretung in Madrid übergab am 5. Juli dem spanischen Justizministerium ein formelles Auslieferungsersuchen, wie BJ-Sprecherin Ingrid Ryser der Nachrichtenagentur sda sagte. Nun sei es an den spanischen Behörden, darüber zu entscheiden. Das spanische Justizministeriums will den Antrag laut der Nachrichtenagentur Reuters innerhalb von 40 Tagen behandeln. Da Falciani kein spanischer Staatsangehöriger sei, würden die spanischen Behörden auf der Basis des Europäischen Auslieferungsübereinkommens entscheiden, sagte Ryser.
Seit knapp zwei Jahren gesucht
Der französisch-italienische Doppelbürger Falciani war international seit 2009 gesucht worden, wie Ryser weiter sagte. Die internationale Fahndung sei erfolgt, nachdem sich Falciani ins Ausland abgesetzt hatte. Das Bundesamt für Justiz hatte ein Fahndungsgesuch gestellt, das sich auf einen Haftbefehl der Bundesanwaltschaft (BA) stützte. Im Zusammenhang mit dem Datendiebstahl führt die BA eine Strafuntersuchung gegen Falciani, wie die BJ-Sprecherin weiter sagte.
15’000 Kundendaten gestohlen
Falciani war bei der HSBC als Informatiker angestellt und hatte in den Jahren 2006 und 2007 Daten von rund 15’000 Kunden gestohlen. Diese übergab er den französischen Steuerbehörden und dem Staatsanwalt von Nizza, Eric de Montgolfier.
Die französische Justiz beschlagnahmte die Daten im Januar 2009. Die Sache geriet aber erst im Dezember 2009 an die Öffentlichkeit und führte zu einer diplomatischen Krise zwischen der Schweiz und Frankreich. Paris stimmte der Rückgabe der Daten schliesslich zu. Diese wurden allerdings von der französischen Polizei vor der Rückgabe an die Schweiz manipuliert, wie die Bundesanwaltschaft im Mai bestätigt hatte.
Unzulässige Beweise
Dank der Daten eruierte Frankreich 3000 fehlbare Steuerpflichtige. Paris hatte die Daten zum grossen Leidwesen der Schweiz an weitere Länder weitergeleitet, damit auch diese ihre Steuersünder dingfest machen konnten.
Anfang Februar befand das Kassationsgericht in Paris als zweite Instanz allerdings, die Daten seien auf unstatthafte Weise beschafft worden und seien darum als Beweismittel in Steuerverfahren nicht zulässig. Damit wurde ein erster Entscheid des Pariser Appellationsgerichts bestätigt. Gemäss informierten Kreisen war diese Tatsache den Steuerfahndern bewusst. Sie benutzten die Daten aber, um Bankkunden unter Druck zu setzen, damit sie sich selbst anzeigten und damit mit geringeren Sanktionen davonkamen.
Rüge der Finma
In der Schweiz hatte die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) die Privatbank HSBC (Suisse) im Februar 2011 wegen der Datenklau-Affäre gerügt. Die Finma ortete Mängel bei der internen Organisation und der Kontrolle der IT-Aktivitäten der Bank. (awp/mc/pg)