Steueroase Fernost: Fahnder ermitteln gegen Banken
Norbert Walter-Borjans, nordrhein-westfälischer Finanzminister.
Düsseldorf / Zürich – Steuerfahnder haben Hinweise, wonach Schweizer Banken deutschen Steuersündern helfen, ihre versteckten Anlagen in andere Länder zu retten. Entsprechende Medienberichte bestätigte Nordrhein-Westfalens Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) am Freitag im ZDF-Morgenmagazin.
Auf die Frage, ob sie Geld deutscher Kunden nach Fernost transferierten, antwortete er: «Die Fahndung hat Hinweise darauf, (…) dass jetzt schon in grossem Stil natürlich darüber nachgedacht wird, wie das Geld, das in der Schweiz geparkt ist und das für die Banken eine wichtige Finanzierungsgrundlage ist, (…) erhalten werden kann.» Der Minister bestätigte, es gebe Ermittlungen gegen Banken und ihre Mitarbeiter, «die ganz offensichtlich ganz systematisch Produkte entwickeln, damit Bürger der BRD sich ihrer Steuerpflicht entziehen können».
Laut «Financial Times Deutschland» ist in Datenmaterial aus der Schweizer Grossbank UBS, das NRW angekauft hat, eine konkrete Spur in die Steueroase Singapur enthalten. Gegner des geplanten deutsch-schweizerischen Abkommens warnen seit langem, dass Steuersündern viele Schlupflöcher blieben, ihr Schwarzgeld noch rechtzeitig vor dem Inkrafttreten nach Fernost zu verschieben. Falls das Abkommen, wie von der Bundesregierung geplant, Anfang 2013 wirksam wird, könnten sie ihr Geld bis dahin der vorgesehenen pauschalen Nachversteuerung entziehen.
Reaktion auf «massenhafte Steuerhinterziehung» möglich
Erst seit dem Ankauf solcher Daten, seit 2006, seien die Behörden überhaupt in der Lage, auf die massenhafte Steuerhinterziehung zu reagieren. NRW handle auch «nicht auf eigene Faust», sondern schalte immer das Bundeszentralamt für Steuern ein, sagte Walter-Borjans dem Bayerischen Rundfunk. Dieses Vorgehen sei laut höchstrichterlicher Rechtsprechung gerechtfertigt.
Bislang sei «ein einstelliger Millionenbetrag» für Daten aus Schweizer Banken ausgegeben worden, berichtete er dem ZDF. Dadurch seien aber 300 Millionen an hinterzogenen Steuern in die Kassen von Bund und Ländern gespült worden.
Erneute Kritik an Steuerabkommen
Das geplante Abkommen trage nicht dazu bei, Steuerhinterziehung und Steuerflucht in die Schweiz zu unterbinden, kritisierte Walter-Borjans erneut. «Das, was auf dem Tisch liegt, entspricht der Interessenslage einiger Schweizer Banken und nicht der Interessenslage des deutschen Fiskus.». Im Westdeutschen Rundfunk unterstrich der SPD-Politiker: «Wenn das Abkommen kippt, ist das nicht schade drum.»
UBS will CD-Käufe nicht direkt kommentieren
Die UBS will zu diesem Zeitpunkt den Ankauf von CDs mit Schweizer Bankdaten durch Nordrhein-Westfalen nicht direkt kommentieren. Die Bank sei von den Deutschen Behörden bislang nicht darüber in Kenntnis gesetzt worden, ob und gegebenenfalls um welche UBS-Daten es sich genau handle, teilt die UBS am Freitagnachmittag in einem Kurzstatement mit. «Ohne Kenntnis der Faktenlage können wir keine direkten Angaben zu den jüngsten Inhalten machen», heisst es weiter.
«UBS achtet auf Einhaltung aller Richtlinien und Gesetze»
Generell hält die UBS in ihrer Stellungnahme fest, dass sie seit 2008 die Rahmenbedingungen für das Geschäft mit gut 60 Ländern einer genauen Prüfung unterzogen und wo nötig angepasst oder erweitert habe. Jeder Kundenberater kenne die Regeln, was erlaubt sei und was nicht. Die UBS achte sorgfältig darauf, dass ihre Mitarbeiter im grenzüberschreitenden Vermögensverwaltungsgeschäft alle Richtlinien und Gesetze einhielten, heisst es weiter. Die Bank biete den Kunden keine Unterstützung bei Handlungen, die der Umgehung ihrer Steuerpflichten dienten.
Weiter hält die Bank fest, dass seit der Ankündigung des Steuerabkommens zwischen der Schweiz und Deutschland keine Zunahme von Anfragen nach Vermögenstransfers in andere Regionen festgestellt worden seien. «Vermögenstransfers, die den Zweck des Abkommens über die Abgeltungssteuer torpedieren, werden nicht vorgenommen», schreibt die Bank. (awp/mc/upd/ps