US-Justizminister Eric Holder.
Zürich – Das amerikanische Programm für Schweizer Banken zur Bereinigung der Steuer-Altlasten ist laut dem US-Anwalt Scott Michel ein Friedensangebot. Die Banken müssten sich allerdings rasch entscheiden: Washington habe ein System von Anreizen und Fristen gesetzt.
Auf einige Banken warteten hohe Bussen für die Beihilfe zum Steuerbetrug, aber der seit über fünf Jahren tobende Steuerstreit könne nun beendet werden, sagte Michel. Der Präsident der US-Kanzlei Caplin & Drysdale sprach während eines Anlasses der Handelskammer Swiss-American Chamber of Commerce am Donnerstag in Zürich.
Am 29. August hatte das Justizdepartement in Washington (Department of Justice, DoJ) ein Programm vorgestellt, das Banken unterschiedliche Optionen gibt. Ausgeschlossen vom Programm sind 14 Banken, die seit längerem konkret im Visier der Amerikaner sind: Sie müssen Vergleiche aushandeln, um Anklagen zu entgehen. Zu dieser Kategorie 1 gehören zum Beispiel die Credit Suisse, die Zürcher und die Basler Kantonalbanken oder Julius Bär. Die übrigen Banken können hingegen mit der Teilnahme am DoJ-Programm eine mögliche Strafverfolgung verhindern.
Enormer Druck
Interessant ist laut Michel vor allem der Unterschied zwischen Kategorie 2 und 3: Erstere besteht für Banken, die schuldig sind und ihre Altlasten aus der Beihilfe zum Steuerbetrug für in den USA steuerpflichtige Kontoinhaber bereinigen wollen. Kategorie 3 steht für Banken, die ihre Unschuld beweisen wollen (Kategorie 4 ist für Banken, die keinen Grund sehen, ihre Unschuld beweisen zu müssen). Der Druck auf Banken, die zwischen Kategorie 2 und 3 schwankten, sei enorm, und die Frist für eine Entscheidung kurz, sagte Michel.
Es könne schwere Folgen für eine Bank haben, wenn sie sich für Kategorie 3 entscheide, danach aber noch mit Delikten konfrontiert werde. Sicherer sei es, sich der Kategorie 2 anzuschliessen.
Unerbittliche Behörden
«Das DoJ kann nicht Untersuchungen zu 200 Banken anstellen, sondern es auferlegt es den Banken selbst, die Untersuchungen durchzuführen», sagte Michel. Allerdings schauten die Behörden genau hin. Im Visier seien etwa Offshore-Strukturen, E-Mails und andere Formen der Kommunikation, die Reisetätigkeit von Bankern. Auch Erbschaften und Schenkungen könnten die Schuld von Bankkunden und damit ihrer Bank beweisen. «Die Banken müssen sich auch bewusst sein, dass sich Kunden schon bei den Behörden gemeldet haben könnten», sagte Michel.
Es werde unklare Fälle geben, doch das DoJ werde sicher darauf pochen, alle gewünschten Dokumente zu bekommen. Abklärungen erhielten mehr Glaubwürdigkeit durch unabhängige Untersuchungsinstanzen (Independent Examiner). Eine Flut von Strafverfolgungen nach dem 31. Dezember erwartet Michel nicht.
Unterhändler verteidigen Abmachung
Das am 29. August veröffentlichte DoJ-Programm definiert zusammen mit einer gleichentags unterzeichneten Erklärung der Regierungen der Schweiz und der USA den Rahmen für die Beilegung des Steuerstreits. Dazu kommt die eine Musterverfügung des Bundesrates mit den Bewilligungen für eine Kooperation der Banken mit US-Behörden.
Die Schweizer Unterhändlerin Silvia Frohofer vom Staatssekretariat für Internationale Finanzfragen (SIF) verteidigte die von Teilen der Politik kritisierten Abmachungen. Schweizer Recht sei respektiert worden und rückwirkend geltendes Recht sei nicht geschaffen worden: «Die Schweiz hat nicht nachgegeben.» Ohne die Vereinbarungen gäbe es keinen definierten Rahmen für die Optionen, welche die Banken nun hätten, und keine Zusicherung, dass bei Zusammenarbeit eine Strafverfolgung wegfalle, sagte Frohofer. (awp/mc/ps)