Trump macht offenbar bei Zöllen Ernst
Washington – Dem Welthandel droht eine weitere schwere Belastung: Insidern zufolge macht US-Präsident Donald Trump Ernst und lässt an diesem Freitag gegen China Strafzölle auf Waren im Wert von 50 Milliarden US-Dollar verhängen. Eine Bestätigung des Weissen Hauses gab es dafür zunächst nicht. Die USA müssten sich auf sofortige Vergeltung aus China einstellen. Man werde «umgehend reagieren und die erforderlichen Massnahmen ergreifen, um unsere legitimen Rechte und Interessen entschlossen zu schützen», sagte Geng Shuang, ein Sprecher des Pekinger Aussenministeriums, am Freitag.
Die Entscheidung habe Trump am Donnerstag nach Beratungen mit seinen engsten Handelsberatern getroffen, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg in der Nacht zu Freitag. Es sei aber unklar, wann die Zölle tatsächlich wirksam würden. Bei dem Treffen waren nach einem CNN-Bericht unter anderem Finanzminister Steven Mnuchin, Handelsminister Wilbur Ross und Trumps Handelsbeauftragter Robert Lighthizer anwesend.
Fortschritte bei Gesprächen würden hinfällig
Laut Geng Shuang sollen die USA und China in Gesprächen über den Handelsstreit zuletzt einige Fortschritte erzielt haben. Sollten die USA aber Massnahmen wie Strafzölle umsetzen, seien der bisher erreichte Verhandlungsstand aber hinfällig.
Noch am Donnerstag hatte China das Weisse Haus deutlich vor Strafzöllen gewarnt. Etwaige Wirtschafts- und Handelsabkommen, über die beide Regierungen verhandelt haben, würden in diesem Fall nicht zustande kommen. Peking hatte klargemacht, dass man keine Angst vor einem Handelskrieg habe und mit Strafen im gleichen Umfang reagieren wolle.
Internationale Auswirkungen
Die angedrohten Zölle würden nicht nur die beiden grössten, sondern auch viele weitere Volkswirtschaften belasten. Der Internationale Währungsfonds hatte vor sehr negativen Auswirkungen gewarnt, die ein Handelskonflikt bei Konsumenten, Investoren und auf den Finanzmärkten auslösen würde. Die deutsche Wirtschaft fürchtet, von US-Strafzöllen gegen chinesische Produkte empfindlich getroffen zu werden.
Pompeo in Peking
Die drohenden Zölle waren noch am Donnerstag in Peking Thema bei einem Treffen von US-Aussenminister Mike Pompeo mit seinem chinesischen Kollegen Wang Yi. Pompeo erklärte, das Handelsdefizit der USA gegenüber China sei noch immer zu hoch. Wang Yi äusserte gleichwohl die Hoffnung, dass Washington «nicht weitere Hindernisse schafft». Pompeo berichtete im Anschluss von sehr konstruktiven Gesprächen.
Obwohl beide Regierungen zunächst vielversprechende Verhandlungen geführt hatten, kündigte das Weisse Haus Ende Mai überraschend an, am 15. Juni eine Liste mit chinesischen Waren im Umfang von 50 Milliarden Dollar (43 Milliarden Euro) vorlegen zu wollen. Auf diese sollen Zölle von 25 Prozent erhoben werden. «Kurz danach» sollten zusätzlich Zölle verhängt werden, hatte es bei der ersten Ankündigung geheissen. Die Zölle waren ursprünglich im März bekanntgegeben worden.
Bisher war offen gewesen, ob Trump die Zölle tatsächlich am Freitag bekanntgeben oder eine Entscheidung womöglich in die nächste Woche verschoben würde.
China hatte den angekündigten Schritt der USA scharf kritisiert. Eine weitere Eskalation in dem Streit wäre auch deswegen brisant, weil die USA China für eine Lösung des Atomkonflikts mit Nordkorea brauchen.
Das Handelsdefizit der USA mit China ist Trump seit langem ein Dorn im Auge. Er hatte schon im Wahlkampf angekündigt, es deutlich reduzieren zu wollen. Allein im vergangenen Jahr exportierte die Volksrepublik für 375 Milliarden Dollar mehr Waren in die USA, als es von dort einführte. Trump will auch Pekings staatlicher Unterstützung für eigene Technologie-Firmen einen Riegel vorschieben. China wird der Diebstahl geistigen Eigentums vorgeworfen. (awp/mc/pg)