Streit um John Bolton rückt ins Zentrum des Impeachment-Verfahrens
Washington – Der frühere Nationale Sicherheitsberater John Bolton rückt zunehmend ins Zentrum des Amtsenthebungsverfahrens gegen US-Präsident Donald Trump. Boltons noch unveröffentlichtes Buch soll Material enthalten, das Trump belasten würde. Das Weisse Haus will die Publikation allerdings verhindern. Die Demokraten verlangen nun, dass Bolton zur Aufklärung der Ukraine-Affäre im Senat aussagen soll. Die Führung der Republikaner in der Parlamentskammer will jedoch weiter jegliche Zeugenaussagen blockieren. Trump versucht unterdessen, Boltons Glaubwürdigkeit mit beissender Kritik zu untergraben.
Der Nationale Sicherheitsrat erklärte, Boltons Manuskript scheine «bedeutende Mengen geheimer Informationen» zu enthalten. Nach geltendem Recht und einer von Bolton unterzeichneten Vertraulichkeitsvereinbarung dürfe das Manuskript nicht veröffentlicht werden, bevor diese Informationen gelöscht seien, hiess es in einem auf Donnerstag vergangener Woche datierten Brief an Boltons Anwalt Charles Cooper weiter. Der Jurist veröffentlichte am Mittwochabend (Ortszeit) seine Antwort, in der er betonte, dass die Informationen in Boltons Manuskript zum Thema Ukraine nach «vernünftigem» Massstab nicht als geheim eingestuft werden könnten.
Bolton zu Aussage bereit
Bolton sei bereit, im Senat auszusagen, erklärte Cooper. Bislang habe das Weisse Haus ihm aber noch keine Antwort gegeben, welche Passagen genau im Kapitel zur Ukraine beanstandet würden, schrieb er weiter.
Ein Bericht der «New York Times», der sich auf Informationen aus dem Manuskript bezog, hatte neue Bewegung in das Amtsenthebungsverfahren im Senat gebracht. Demnach soll Trump Bolton im August gesagt haben, er wolle Militärhilfe für die Ukraine so lange zurückhalten, bis Kiew Ermittlungen gegen seinen politischen Rivalen Joe Biden einleite. Das widerspricht einem Kernpunkt von Trumps Verteidigung im Impeachment-Verfahren. Boltons Buch «The Room Where It Happened» (etwa: Der Raum, in dem es geschah) soll im März erscheinen.
Trump poltert gegen Bolton
Trump hatte seinen geschassten Sicherheitsberater am Mittwoch scharf angegriffen. «Wenn ich auf ihn gehört hätte, wären wir jetzt im Sechsten Weltkrieg», schrieb Trump auf Twitter. Daher habe er Bolton feuern müssen. Trump nannte Bolton nicht namentlich, aus seinen Tweets wurde aber unverkennbar deutlich, wer gemeint war.
Das Weisse Haus und die Republikaner im Senat wollen die Anhörung von Zeugen im Senat eigentlich verhindern. Infolge der jüngst bekanntgewordenen Aussagen Boltons scheinen nun allerdings auch einzelne republikanische Senatoren eine Vorladung von Zeugen ernsthaft in Erwägung zu ziehen – was Trump wohl sehr ungelegen käme und das Verfahren deutlich in die Länge ziehen könnte.
Abstimmung zur Zulassung von Zeugen am Freitag?
Der Donnerstag ist im Senat noch für Fragen der Senatoren an die Ankläger des Repräsentantenhauses und die Verteidiger Trumps reserviert. Schon am Freitag könnte es aber zur Abstimmung zur Zulassung von Zeugenaussagen kommen. «Es kann kein faires Verfahren geben ohne Zeugen», betonte der Ankläger des Repräsentantenhauses, der Demokrat Adam Schiff. Ein Zeuge wie Bolton, der so relevante Informationen zum «ernsthaften und ungeheuerlichen Fehlverhalten» des Präsidenten Habe, müsse vorgeladen werden, forderte Schiff weiter. Sollten keine Zeugen zugelassen werden, könnte der Senat mit der Mehrheit der Republikaner eine mögliche Amtsenthebung Trumps rasch ablehnen – vielleicht sogar schon am Freitag.
Das Repräsentantenhaus hat Trump mit der Mehrheit der Demokraten wegen Machtmissbrauchs und Behinderung der Ermittlungen im Kongress angeklagt. Trump soll den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zu Ermittlungen gegen Biden gedrängt haben, um die US-Präsidentschaftswahl 2020 zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Die Demokraten sehen es als erwiesen an, dass Trump von der Ankündigung solcher Ermittlungen unter anderem die Freigabe der Militärhilfe abhängig gemacht habe. Als das herausgekommen sei, habe Trump alles daran gesetzt, die Ermittlungen des Parlaments zu blockieren.
Der Senat nimmt bei dem Amtsenthebungsverfahren die Rolle eines Gerichts ein und entscheidet über die Anklagepunkte. Wegen der republikanischen Mehrheit in der Kammer gilt es als extrem unwahrscheinlich, dass Trump am Ende des Amtes enthoben wird. Dafür müssten 20 republikanische Senatoren mit den Demokraten stimmen. Für die Zulassung von Zeugenaussagen hingegen wäre eine einfache Mehrheit ausreichend, die Demokraten müssten dafür nur vier republikanische Senatoren auf ihre Seite ziehen. (awp/mc/ps)