Studie des L.A.K.E.S. Institutes: Um 1920 explodiert die Nährstoffzufuhr

Lago Muzzano

Algenteppich über dem Lago Muzzano im Tessin. (Bild: The L.A.K.E.S. Institute)

Lyss – Algenteppiche bedecken im Sommer viele kleine Schweizer Seen und färben sie grün statt blau. Die Analyse von Seeablagerungen liefert wichtige Hinweise für die Wiederherstellung der natürlichen Bedingungen. Eine Studie des L.A.K.E.S. Institutes aus Lyss zeigt jetzt auf, wie man den Lago di Muzzano bei Lugano auch im Sommer wieder blau machen könnte.

Sommerliche Temperaturen erfreuen viele. Doch sie können auch unerfreuliche Folgen haben. Denn in dieser Jahreszeit gedeihen Grünalgen besonders gut, wenn gleichzeitig das Nahrungsangebot stimmt. Und das tut es in vielen kleinen Schweizer Seen. Allein im Kanton Bern sind annähernd 60 Prozent der kleinen Seen stark mit Nährstoffen – besonders Phosphor und Nitrat – belastet: Jeden Sommer wächst der Algenteppich. Die Folgen des übermässigen Algenwachstums sind vielfältig. Die Wasserqualität leidet stark. Zur Aufbereitung von Trinkwasser braucht es deshalb intensivere Filterung. Der gleichzeitige Rückgang von Sauerstoff im Wasser hat auch Auswirkungen und kann in Extremfällen zu einem Fischsterben führen. Oft sind aufwändige Sanierungsmassnahmen nötig. Doch viele Projekte haben nur geringen Erfolg, weil sie nicht die Geschichte und längerfristige Entwicklung der Seen und der einlaufenden Flüsse und Bäche berücksichtigen.

Sedimente sind das Gedächtnis des Sees
Für den Tessiner See Lago di Muzzano bei Lugano liegt nun eine neue Studie vor, die zeigt, dass die Algen seit 1920 wegen fehlender Wasserumwälzung und sehr geringem Ausfluss von Nährstoffen besonders gut wachsen können. Das L.A.K.E.S. Institute in Lyss wendet eine Methode an, mit der Veränderungen in kleinen Seen längerfristig analysiert werden. «Mit Analysen der Sedimente am Seeboden kann die Geschichte in jene Zeiten zurückverfolgt werden, als noch natürliche Bedingungen herrschten und keine chemischen Messungen gemacht wurden», sagt Studienleiterin Isabelle Larocque-Tobler. Zuckmückenarten und Kieselalgen in den Sedimenten liefern demnach wichtige Hinweise auf die Qualität des Wassers. Gemäss der Forscherin weisen frühere Studien darauf hin, dass die zusätzlichen Nährstoffe aus den Ablagerungen am Seeboden stammen könnten. Doch weil in diesen Ablagerungen auch Schwermetalle vorhanden sind, können die Sedimente nur mit grossem Risiko ausgebaggert werden.

Nährstoffzirkulation gestoppt
Die neuen Auswertungen der Seebodenschichten zeigen nun in Kombination mit der Wasseranalyse, dass immer noch viel mehr Nährstoffe in den See fliessen als heraus. Genauso ist der Nährstoffeintrag bei den Zuflüssen um ein Vielfaches höher als die Menge, die der Seeboden freisetzen könnte. 34 Kilogramm Phosphor gelangen in den See, während aus dem Seeboden nur 50 Gramm freigesetzt werden. Die Analyse von Lebewesen in den Ablagerungen liefert sichere Angaben, dass sich der See vor 1920 gut durchmischte und nicht zu viele Nährstoffe einflossen. Die darauffolgenden Korrekturen und Entsumpfungen stoppten jedoch die Zirkulation.

Über längerfristige Restaurationsmassnahmen befinden demnächst Kanton Tessin und die Gemeinden im Gebiet. Das Risiko, die Sedimente mit samt den Schwermetallen zu entfernen, ist hoch, weil diese dabei auch ins Wasser gelangen können. Andere Lösungsvorschläge liegen nun auf dem Tisch. Dagegen könnten sich Filtersysteme beim Einlauf als probates Mittel erweisen. Oberhalb des Sees könnten spezielle Sande oder Pflanzenarten dem Wasser die Nährstoffe entziehen. Und so wachsen die grünen Pflanzen am Ufer und nicht zu grünen Algen auf dem blauen See. (The L.A.K.E.S. Institute/ots/mc/ps)

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