Studie zur grünen Gentechnik in der Schweiz

Bern – Das Nationale Forschungsprogramm «Nutzen und Risiken der Freisetzung gentechnisch veränderter Pflanzen» (NFP 59) hat keine Gesundheits- oder Umweltrisiken der grünen Gentechnik festgestellt. Ihr wirtschaftlicher Nutzen ist unter den heutigen Bedingungen der Schweizer Landwirtschaft bescheiden. Er könnte in Zukunft allerdings steigen, wenn Pflanzen mit kombinierten Merkmalen, beispielsweise Herbizid- und Krankheitsresistenzen, zum Einsatz kommen.

Die Schweizer Landwirtschaft steht vor einer zweifachen Herausforderung: Sie muss die Umwelt schonen und gleichzeitig ihre Produktionskosten senken um wettbewerbsfähiger zu werden. Kann die grüne Gentechnik einen Beitrag zur Erreichung dieser doppelten Zielsetzung leisten? Um diese und andere Frage zu klären, hat der Bundesrat den Schweizerischen Nationalfonds (SNF) mit der Durchführung des Nationalen Forschungsprogramms «Nutzen und Risiken der Freisetzung gentechnisch veränderter Pflanzen» (NFP 59) beauftragt, das nun zu Ende geht.

Keine Risiken für Umwelt und Gesundheit festgestellt
Zwei im Rahmen des NFP 59 durchgeführte Literaturstudien haben weltweit über Tausend wissenschaftliche Publikationen ausgewertet. Sie kommen zum Schluss, dass gentechnisch veränderte Pflanzen nach derzeitigem Stand des Wissens weder der menschlichen Gesundheit noch der Umwelt schaden. Wo im Anbau von gentechnisch veränderten Nutzpflanzen unerwünschte Effekte auftreten, sind diese nicht eine Folge der Gentechnik selbst. Vielmehr sind sie auf mangelhafte landwirtschaftliche Praktiken (beispielsweise Monokulturen) zurückzuführen.
Zum gleichen Ergebnis kommen elf Forschungsprojekte, die im Rahmen des NFP 59 die möglichen Umweltrisiken von gentechnisch verändertem Weizen, Mais oder Erdbeeren untersuchten: Sie konnten keine negativen Auswirkungen auf nützliche Insekten, Mikroorganismen oder die Bodenfruchtbarkeit feststellen.

Gentechnik umstritten, Wahlfreiheit gewünscht
Trotzdem ist der Einsatz der Gentechnik in der Schweizer Nahrungsmittelproduktion umstritten. Studien des NFP 59 zeigen, dass nur rund ein Viertel der Konsumentinnen und Konsumenten bereit wäre, Lebensmittel zu kaufen, die mit Hilfe der Gentechnik hergestellt wurden. Jedoch sprechen sich über 80 Prozent für die Wahlfreiheit zwischen Produkten mit und ohne Gentechnik aus.

Ob Schweizer Landwirte nach einem Ende des gegenwärtigen Moratoriums gentechnisch veränderte Pflanzen anbauen würden, hängt unter anderem von der Entscheidung der jeweiligen Nachbarbetriebe ab – und vom wirtschaftlichen Nutzen der Pflanzen. Dieser ist für die Schweizer Landwirtschaft zurzeit relativ gering. Dies könnte sich jedoch ändern, wenn der Schädlingsdruck steigt – zum Beispiel aufgrund klimatischer Veränderungen – oder wenn gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut werden, die mehrere neue Merkmale aufweisen und denen zum Beispiel weder Herbizide oder Pflanzenschutzmittel noch gewisse Krankheitserreger etwas anhaben können.

Koexistenzkosten sinken, wenn sich Betriebe absprechen
Grundsätzlich ist die Koexistenz landwirtschaftlicher Anbauformen mit und ohne Gentechnik auch in der kleinräumigen Schweiz möglich. Sie erfordert allerdings eine Anpassung des Gentechnikgesetzes, wie eine rechtswissenschaftliche Studie des NFP 59 nahelegt. Schätzungen einer weiteren NFP-59-Studie zeigen, dass sich der finanzielle Zusatznutzen gentechnisch veränderter Pflanzen und die Kosten der Koexistenz (etwa wegen den Isolationsabständen zwischen den Feldern und der Trennung der Warenflüsse) im Moment ungefähr die Waage halten. Jedoch könnten die Koexistenzkosten sinken, wenn sich Landwirtschafsbetriebe absprechen und zu Produktionszonen zusammenschliessen.

Risikobewertung auf die Pflanze ausrichten
Aus den Studien des NFP 59 zu den Auswirkungen auf die Umwelt ergibt sich: Nicht das Züchtungsverfahren sollte für die Risikobewertung von Pflanzen ausschlaggebend sein, sondern die Eigenschaften der für den Anbau vorgesehenen Sorte. Deshalb sollten gentechnisch veränderte Pflanzen hinsichtlich ihrer ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen mit konventionell (also ohne Gentechnik) gezüchteten Pflanzen verglichen werden. Diese Vorgehensweise ist besonders auch deshalb empfehlenswert, weil sich neue gentechnisch veränderte Pflanzen oft kaum mehr von konventionell gezüchteten Pflanzen unterscheiden lassen. Somit erweist sich eine Sonderbehandlung gentechnisch veränderter Pflanzen aus wissenschaftlicher Sicht zunehmend als fragwürdig.

Dieser Befund zur Risikobewertung ist auch bei der Ausgestaltung des ökologischen Leistungsnachweises (ÖLN) von Bedeutung: Die an den ÖLN gebundenen Direktzahlungen an landwirtschaftliche Betriebe sollten an den ökologischen Auswirkungen des Anbaus bestimmter Kulturpflanzen ausgerichtet sein, unabhängig davon ob diese mit oder ohne Gentechnik gezüchtet wurden.

Feldversuche sind notwendig
Die Feldversuche des NFP 59 haben unter anderem gezeigt, dass sich Pflanzen in der geschützten Umgebung eines Gewächshauses anders verhalten als im Freiland. Erst im Freiland zeigen sich die für die landwirtschaftliche Nutzung entscheidenden Vor- und Nachteile. Weil die Freilandversuche des NFP 59 mehrfach Ziel von Vandalenakten waren, schlägt das Forschungsprogramm die Errichtung geschützter Versuchsfelder vor, damit die Schweizer Forschungskompetenz in der Pflanzenbiotechnologie aufrechterhalten werden kann. (SNF/mc/pg)

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