SZKB Marktkommentar: Märkte stehen vor mehreren Wendepunkten

Thomas Heller, ehemaliger CIO der Schwyzer Kantonalbank (bis 31.08.2022). (Foto: SZKB)

Ein Wendepunkt ist gemäss dem Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache (www.dwds.de) ein «Zeitpunkt, zu dem sich etwas entscheidend verändert, wendet».

von Thomas Heller, CIO SZKB

Dieses Jahr bringt womöglich einige solcher Wendepunkte. Zum Beispiel in der Corona-Krise. Die pandemische Phase, bei der sich eine Krankheit über Länder und Kontinente hinweg ausbreitet, könnte sich dem Ende zuneigen. Das Virus verschwindet nicht, aber es wird endemisch, das heisst, es tritt regional regelmässig auf und die Zahl der Erkrankten bleibt dabei im Zeitablauf relativ konstant. Wir lernen, damit umzugehen, sind bereit, eine gewisse Anzahl Krankheits- und Todesfälle in Kauf zu nehmen. Wie bei der jährlichen saisonalen Grippe. Das heisst, dass die Eindämmungsmassnahmen weitgehend aufgehoben werden könnten. Das wären gute Nachrichten für die Konjunktur und die Märkte.

In der Geldpolitik hat die Wende bereits begonnen. Oberste Priorität geniesst nun die Bekämpfung der Inflation, nicht mehr die Stützung der Konjunktur und der Märkte. Die Bank of England hat den Leitzins schon zweimal erhöht, die Fed sowie die australische RBA beenden ihre Wertpapierkäufe und in den USA steht womöglich eine ganze Serie an Zinserhöhungen bevor. Es ist sogar von baldigen Verkürzungen der aufgeblähten Notenbankbilanzen die Rede, was dem System effektiv Liquidität entziehen würde. Auch wenn noch nicht ausgemacht ist, dass dies alles im skizzierten Ausmass erfolgen wird – das hängt wesentlich von der Inflationsentwicklung ab –, kann man das als scharfe Wende bezeichnen. Mit Risiken für die hochbewerteten und liquiditätsgetriebenen Finanzmärkte.

Bei besagter Inflation hoffen alle auf eine ebenfalls deutliche Wende. Die Teuerung hat sich als stärker und hartnäckiger erwiesen als erwartet. Sie ist aktuell noch immer wesentlich von Basis- und Sondereffekten geprägt. Diese werden abnehmen oder teilweise ganz verschwinden und damit vermutlich schon bald die Wende an der Teuerungsfront einleiten. Sie führt klar unter die Niveaus von derzeit 7% (USA) bzw. über 5% (Eurozone), aber nicht auf das anvisierte Ziel von 2%. Es wird keine 180° -Wende.

Zu guter Letzt stehe ich persönlich an einem Wendepunkt, indem ich mich einer neuen beruflichen Herausforderung stelle. Dies ist der 86. und letzte Standpunkt-Leitartikel aus meiner Feder. Es war mir stets eine Freude, für Sie, liebe Leserinnen und Leser, zu schreiben. Ich danke Ihnen für Ihre Treue und das Wohlwollen, das Sie mir während der letzten Jahre entgegengebracht haben. Ich verabschiede mich an dieser Stelle von Ihnen und wünsche Ihnen alles Gute. Und vor allem: bleiben Sie gesund! (SZKB/mc)

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