Terence Kast, COO Procimmo SA, im Interview

Terence Kast, COO, Procimmo SA (Bild: Procimmo)

Von Helmuth Fuchs

Moneycab: Herr Kast, die Zentral- und Nationalbanken sorgen weiterhin für steigende Zinsen. Wie beeinflusst das Ihre Anlage- und Produktstrategie, welche Entwicklung erwarten Sie bis Ende des Jahres?

Terence Kast: Die Finanzierungskosten sind natürlich angestiegen und haben steigende Gesamtkosten zur Folge. Auch wenn einiges an Aufwand in die Verlängerung von Laufzeiten mit moderaten Zinsen investiert wurde, beeinflussen ein paar Basispunkte mehr die Rendite eben schon. Die höheren Zinsen ermöglichen es uns jedoch auch, die indexierten Mietzinsen zu erhöhen. Die höheren Kosten können mit zeitlicher Verzögerung kompensiert werden. Zudem können wir unser Potenzial durch die Vermarktung der leerstehenden Mietflächen heben, was unser Fokus für die nächsten Monate sein wird. Wir erwarten einen weiteren Anstieg der Zinsen mit einer darauffolgenden Stagnation.

«Die höheren Zinsen ermöglichen es uns jedoch auch, die indexierten Mietzinsen zu erhöhen. Die höheren Kosten können mit zeitlicher Verzögerung kompensiert werden.»
Terence Kast, COO Procimmo SA

Ende 2022 haben Sie die Fondsleitung des Procimmo Real Estate SICAV der Solutions & Funds SA übergeben. Was waren die Gründe dafür, wie ist die Neuausrichtung angelaufen?

Nach einem ersten erfolgreichen Wechsel der Fondsleitung im Jahr 2019 für den Fonds Procimmo Swiss Commercial Fund II von der GAM zur Firma Solutions & Funds SA wollten wir auf dieser positiven Erfahrung weiter aufbauen. Alle Fonds in einer einzigen Fondsleitung zusammenzufassen, war daher ein strategisches Ziel der Procimmo-Gruppe, nicht zuletzt auch deshalb, weil dadurch ermöglicht wird, die Verwaltung und die Prozesse zu optimieren. So sind heute also alle Kompetenzen der Fondsverwaltung bei einem einzigen Spezialisten mit langjähriger Erfahrung vereint. Mit dem Wechsel konnte zudem der Grundstein für die anstehende Vereinigung der beiden Produkte gelegt werden.

Im Mai dieses Jahres wurde der Procimmo Swiss Commercial Fund II ein Teilvermögen des Procimmo Real Estate SICAV und im Verlauf des Jahres soll dieses Teilvermögen mit dem Teilvermögen des Swiss Commercial Fund der bestehenden SICAV vereint werden. Was ist die Strategie dahinter, welche realen Vorteile erhoffen Sie sich mit dem Umbau?

Die Umwandlung des Fonds Procimmo 2 in ein Teilvermögen innerhalb der SICAV war die erste Etappe einer Umstrukturierung. Das neue und noch schlagkräftigere Anlagevehikel wird mit einem Volumen von rund CHF 2 Mrd. der grösste Fonds an der SIX Swiss Exchange bzw. in der Schweiz im Bereich Gewerbe, Industrie und Logistik sein. Diese neue Grösse des Fonds ermöglicht auch positive Synergieeffekte, eine gewisse Kostenoptimierung und sollte aufgrund seiner Diversifikation mit über 100 Immobilien und rund 2’200 Mietern auch ein guter Schutz in Krisenzeiten sein.

«Das neue und noch schlagkräftigere Anlagevehikel wird mit einem Volumen von rund CHF 2 Mrd. der grösste Fonds an der SIX Swiss Exchange bzw. in der Schweiz im Bereich Gewerbe, Industrie und Logistik sein.»

Immobilienportfolios werden auf Wunsch von Anlegern und Anlegerinnen vermehrt auch nach Umwelt- und Klimaaspekten ausgerichtet. Wie werden diese Themen bei Ihren Investitionen berücksichtigt, welche Richtlinien werden berücksichtigt?

Die Procimmo-Gruppe setzt eigentlich schon fast seit 10 Jahren Projekte um, die wir heute mit dem Begriff «ESG» assoziieren. Unsere Gruppe hat bereits früh auf den Dächern ihrer Liegenschaften Photovoltaik-Anlagen installiert. In einer unserer Liegenschaften in Onnens/Bonvillars (VD) am Neuenburgersee befindet sich übrigens die grösste Solarstromanlage der Schweiz, die eine Produktion gewährleistet, welche einem jährlichen durchschnittlichen Stromverbrauch von rund 2’300 Haushalten entspricht.

«In einer unserer Liegenschaften in Onnens/Bonvillars (VD) am Neuenburgersee befindet sich übrigens die grösste Solarstromanlage der Schweiz»

Auf der Anlageseite haben die Anforderungen, der Druck und die Regulierungen zugenommen. Procimmo als Real Estate Asset Manager verfolgt dabei eine Strategie zur Reduzierung der CO2-Emissionen und des Energieverbrauchs sowie der Förderung der non-fossilen Energieformen im gesamten Immobilienportfolio, die er seinen Investoren transparent kommuniziert. Die ESG-Herausforderung ist seit der Zinserhöhung und der Zurückhaltung des Marktes bei der Kapitalbeschaffung allerdings noch grösser geworden. Daher ist es wichtig, die Ausgaben für Energieoptimierungen und die Erhaltung der Liquidität gut aufeinander abzustimmen.

Neben dem Asset Management bietet Procimmo auch Leistungen beim Bau und Umbau von Immobilien sowie deren Kauf und Verkauf an. Wie sehen die verschiedenen Bereiche aus bezüglich ihres Beitrages zum Gesamtergebnis, wo sehen Sie die grössten Wachstumschancen?

Procimmo ist einer der wenigen Akteure, der ein internes technisches Team aus Ingenieuren und Architekten beschäftigt. Das kostet zwar Geld, trägt aber zur Wertschöpfung unserer Immobilien bei. Bei Käufen müssen wir die zu tätigenden Investitionen genau festlegen und das Wertsteigerungspotenzial identifizieren, um eventuelle negative Überraschungen zu vermeiden und um die angestrebten Renditen erzielen zu können. Bei den bestehenden Gebäuden geht es im Wesentlichen darum, die Neuvermietung zu unterstützen, indem wir künftigen Mietern Gestaltungslösungen anbieten. Die grössten Wachstumschancen sehen wir in Gebäuden mit noch nicht kompletter Ausnutzung oder in solchen, die wir mit dem Bau von standardisierten Industriehallen erweitern können.

Jeder Ihrer Fonds hat ein spezifisches Profil gemäss seiner Anlagestrategie. Welche Themen möchten Sie eventuell noch erschliessen mit einem neuen Fonds oder der Erweiterung bei den bestehenden Anlagevehikeln?

Procimmo verwaltet sechs Immobilienfonds mit einem Gesamtvermögen von knapp CHF 4 Mrd. Diese Anlagevehikel haben unterschiedliche Anlagestrategien, sind sich aber in vielerlei Hinsicht ähnlich. Im Nischensegment «Value Added», in dem wir uns befinden, decken wir fast alle Typologien von Investitionen ab. Wir könnten noch mehr in den Bereichen der Logistik- oder der Multiaktivitäts-, Garten- oder «Do it»-Zentren tun. Aber wie bereits erwähnt geht der Trend eher zur Konsolidierung der Produkte als zur Auflegung neuer Fonds. Procimmo möchte daher weiter an der Positionierung seiner bestehenden Produkte arbeiten.

Die grosse Mehrheit der Immobilien befindet sich in der Westschweiz. Wo werden Sie in Zukunft den regionalen Schwerpunkt bei der Weiterentwicklung setzen? 

Die französischsprachige Schweiz wird für das Unternehmen nach wie vor ein Schwerpunkt bleiben, weshalb wir uns auch weiterhin auf diese Region konzentrieren werden. Denn hier hat das Unternehmen seine Wurzeln, verfügt über die besten Kontakte und das grösste Potenzial für eine höhere Wertschöpfung, auch wenn die Entwicklung in der Deutschschweiz in den vergangenen Jahren sehr positiv war und das Geschäft in der Deutschschweiz weiter anwachsen wird. Vom Standort Zürich aus befindet sich das Unternehmen sehr nahe an einer grossen historisch gewachsenen Investorenbasis und hat eine hohe Marktvisibilität.

«Die grössten Wachstumschancen sehen wir in Gebäuden mit noch nicht kompletter Ausnutzung oder in solchen, die wir mit dem Bau von standardisierten Industriehallen erweitern können.»

Die Digitalisierung verändert auch die Immobilienbranche nachhaltig, wie die vielen Proptechs und Themen wie BIM (Building Information Modeling) zeigen. Wie beeinflusst die digitale Transformation Procimmo?

Die digitale Transformation ist bei uns ein grosses Thema. Wir treiben die Einführung und Entwicklung neuer Verwaltungssoftware bei uns aktiv voran. Gleichzeitig möchten wir die Datenübertragungskette zwischen den verschiedenen Beteiligten wie den Liegenschaftsverwaltungen, Asset Managern und der Fondsleitung noch stärker automatisieren, um Zeit zu sparen und menschliche Fehler zu vermeiden. Das Ziel dabei ist, unsere Prozesse und Kontrollen zu digitalisieren, um effizienter und effektiver zu werden. Die Digitalisierung hat uns wie oben erwähnt auch dazu veranlasst, alle Fonds bei einer einzigen Fondsleitung zu bündeln und den Pool der Liegenschaftsverwaltungen, mit denen wir zusammenarbeiten, neu zu organisieren. Die Digitalisierung wird es uns im Weiteren ermöglichen, angemessene Verwaltungskosten zu haben.

Welche Entwicklungen im Immobiliensektor bedeuten die grössten Risiken für Ihr Geschäft und wie bereiten Sie sich darauf vor?

Die Volatilitäten der Kapitalmärkte und die damit verbundenen Unsicherheiten bezüglich der Immobilienbewertungen sowie die Finanzierungskosten sind wohl die grössten Risiken. In Tat und Wahrheit stellt die Volatilität des aktuellen Marktes zwar ein Risiko dar, ist auf der anderen Seite aber auch zugleich eine Chance. Die Kernkompetenz von Procimmo ist es, Problemimmobilien zu kaufen, zu entwickeln und dadurch einen Mehrwert zu schaffen. Der kommende Zyklus bietet für uns also viele Chancen.

Zum Schluss des Interviews haben Sie zwei Wünsche frei. Wie sehen die aus?

Die Regulierungen nehmen immer mehr zu, Freiheit und Kreativität werden eingeschränkt und Kosten daher massiv erhöht. Die Politik möchte möglichst viele günstige Wohnungen, ist aber mit seinen Regulierungen eine der Preistreiberinnen und Produktionsbremserinnen. Hier wünschte ich mir ein Umdenken.


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