Thomas Aebischer, CEO Cham Group, im Interview
von Bob Buchheit
Moneycab.com: Herr Aebischer, nach gut sechs Jahren Planung und zwei Jahren Bautätigkeit ist die erste Etappe der Entwicklung des Papieri-Quartiers mittlerweile abgeschlossen. Vor Kurzem sind die letzten Mieter und Besitzer in ihre neue Wohnung eingezogen oder haben den Betrieb ihrer Firma aufgenommen. Wird Ihre Überbauung zur Stadt in der Stadt?
Thomas Aebischer: Zum Glück nicht! Die Papieri entwickelt sich zu einem neuen, attraktiven Quartier von Cham mit hoher Lebensqualität. Wir befinden uns in Gehdistanz zum Dorfkern und Bahnhof und sind eng verzahnt mit den umliegenden Quartieren. Der frisch erstellte Steg entlang der Lorze ist bereits zu einer neuen Attraktion von Cham geworden. Dieser Austausch wird zunehmend intensiviert, etwa mit unseren Gastro- und Eventflächen im denkmalgeschützten Kesselhaus, welches wir 2025 eröffnen.
Mit Photovoltaik-Anlagen und dem eigenen Flusskraftwerk werden rund 40 Prozent des Strombedarfs auf dem Areal selbst produziert. Das ist bei den gestiegenen Strompreisen ein Pfund, mit dem Sie wuchern können. Das Investitionsvolumen für die Energiezentrale inklusive Versorgung ist mit 32 Millionen allerdings kein Pappenstiel…
In der Tat sind dies bedeutende Investitionen. Die Papieri wird bis in 10 Jahren aber 1’000 Wohnungen und 1’000 Arbeitsplätze beherbergen. Diese werden zu hundert Prozent mit CO2-neutralem Strom, Wärme und Kälte versorgt werden. Dank dem hohen Autarkiegrad – insgesamt erzeugten wir 2022 sogar 49% der Energie lokal, in Zukunft noch mehr – sind wir den aktuellen Marktpreisen deshalb weniger ausgesetzt. Das ist ein grosser Vorteil für unsere Mieter, deren Strom- und Heizkosten stabil und berechenbar bleiben.
In letzter Zeit werde ich in Gesprächen mit gewerblichen Mietinteressenten viel häufiger nach den Nebenkosten gefragt. Wir sind daher überzeugt, dass sich diese Investition mittelfristig sowohl für die Cham Group als auch für unsere Mieterinnen und Mieter auszahlen wird.
Die Konturen der zweiten Bauetappe sind bereits sichtbar, und für die dritte Etappe wurde das Baugesuch eingereicht. Wie halten Sie die Lärmemissionen während der nächsten Bauetappen für die bestehenden Mieter gering?
Wir entwickeln das Areal bewusst von Süden gegen Norden. Bereits realisierte Etappen sind so nur teilweise den Baustellenemissionen ausgesetzt. Zudem investieren wir viel in begleitende Massnahmen wie Radwaschanlagen für LKWs, Einschränkungen von lärmintensiven Arbeiten auf gewisse Zeitfenster et cetera. Wir kommunizieren mit unseren Mietern und Nachbarn pro-aktiv und transparent über die geplanten Arbeiten. Die Leute wissen, dass hier gebaut wird… die Nachfrage ist trotzdem enorm.
«Wir entwickeln das Papieri-Areal bewusst von Süden gegen Norden. Bereits realisierte Etappen sind so nur teilweise den Baustellenemissionen ausgesetzt.»
Thomas Aebischer, CEO Cham Group
Die zweite Bauetappe umfasst auch 50 Mikroapartments. Ist das eine Konzession an die hohen Preise im Kanton Zug?
Nein, Microappartments decken ein spezifisches Bedürfnis ab von Personen, die für befristete Zeit eine wohnliche und gut gelegene Unterkunft suchen – zum Beispiel für Projektmitarbeiter verschiedener internationaler Firmen in der Umgebung. Die Apartments sind also nicht vergleichbar mit unseren über 250 Wohnungen und Lofts, die wir in der 1. Etappe bereits realisiert haben, respektive den weiteren gut 90 Wohnungen der 2. Etappe. Mit diesen bieten wir einen breiten Mix aus Eigentumswohnungen, kleineren und grossen Mietwohnungen bis zu preisgünstigen Familienwohnungen mit dem Ziel, insgesamt auf dem Areal eine attraktive Durchmischung zu erzielen.
Die 61 Eigentumswohnungen der 2. Bauetappe wurden innert kurzer Zeit erfolgreich verkauft, wann wird es mit dem Verkauf der dritten Etappe losgehen?
Die dritte Etappe besteht aus 60 Mietwohnungen und rund 11000 m2 Büro- und Gewerbeflächen. Die Vermarktung starten wir voraussichtlich 2024/2025. Weitere Eigentumswohnungen wird es allenfalls erst wieder im Rahmen der 5. Etappe geben.
Die Umfahrung von Cham wird bis 2027 fertiggestellt. Erhält die Papieri dadurch nochmal eine zusätzliche Aufwertung?
Ja natürlich. Diese bringt eine noch bessere Erschliessung des Quartiers und insbesondere eine hervorragende Ausgangslage für die Vermarktung der Bürobauten der 3. Etappe, die wir auf 2026/2027 realisieren. Diese werden innert zwei Minuten von der Autobahn Richtung Zürich oder Luzern erreichbar sein.
Der Soll-Mietertrag nach Fertigstellung der 4. Bauetappe 2027 soll bei knapp 16 Millionen liegen. Da der Konzerngewinn sich im letzten Geschäftsjahr mit 74,2 Millionen mehr als vervierfacht hat, dürfte wohl auch bis 2027 das Gros der Einnahmen aus Verkaufsgewinnen stammen?
Die Entwicklung des Areals führt einerseits zu einer kontinuierlichen Aufwertung unseres Immobilienportfolios beziehungsweise entsprechender Neubewertungsgewinne. Dazu kommen 2023 und 2025 Promotionserträge aus dem Verkauf des Stockwerkeigentums der ersten und der zweiten Etappe. Weitere Verkäufe sind zum heutigen Zeitpunkt allenfalls erst mit der Realisierung der 5. Etappe wieder geplant.
«Bereits mit dem Abschluss der 3. Etappe werden wir den grössten Teil der Gewerbeflächen realisiert haben, die folgenden Etappen daher mehrheitlich aus Wohnbauten bestehen.»
Über sieben Etappen bis 2035 werden rund 830 Millionen Franken investiert sein. Bleibt es beim Mix: 75% Wohnen/25% Gewerbe oder wird Wohnen stärker zunehmen?
Der Gewerbeanteil über 25% ist so im geltenden Bebauungsplan vorgeschrieben, diesen müssen wir zwingend realisieren. Bereits mit dem Abschluss der 3. Etappe werden wir den grössten Teil der Gewerbeflächen bereits realisiert haben, die folgenden Etappen daher mehrheitlich aus Wohnbauten bestehen.
In den letzten Wochen kamen viele Immobilienfirmen von Mobimo bis Peach Property an der Börse böse unter die Räder, nicht so die Cham Group. Wo sehen sie den Markt für Immobilienentwickler für die nächsten Trimester?
Da kann ich nur für die Cham Group sprechen: Wir sind gut auf Kurs, verfügen über eine dichte Pipeline von Projekten auf dem Papieri-Areal – und voraussichtlich ab 2027 auch auf dem Pavatex-Areal. Wir entwickeln daher langfristig mit einem 10-Jahreshorizont ein neues Quartier von Cham und steigern so laufend unsere Erträge, was uns zu einem attraktiven Dividendentitel machen wird.
Der Gewinn pro Aktie beträgt über 100 CHF. Der Aktienkurs der Cham Group liegt bei rund 500 CHF etwa auf Höhe des Nettoinventarwertes. Das ergibt ein KGV von 5. Wie passt das zusammen?
Der Gewinn 2022 war stark getrieben durch einmalige Verkaufserlöse und Aufwertungen von Renditeliegenschaften der ersten Etappe. Diese Effekte sind nicht jährlich wiederkehrend, stärken aber die Bilanz und geben uns strategische Flexibilität. So werden wir für die Realisierung der Papieri- und der Pavatex-Arealentwicklung kein zusätzliches Eigenkapital brauchen.
Der zukünftige Gewinn wird sich langfristig aus den laufend steigenden Mieterträgen ergeben. Diesen schütten wir zu 75% unseren Aktionären aus. Ab diesem Jahr werden der Generalversammlung die Ausschüttung von 12 Franken pro Aktie beantragen. Die Ausschüttung sollte sich dann im Laufe der Jahre schrittweise weiter erhöhen.
«Die Ausschüttung sollte sich im Laufe der Jahre schrittweise weiter erhöhen.»
Die Planung der Entwicklung des benachbarten Geländes der ehemaligen Pavatex-Fabrik ist auch schon fortgeschritten. Der Bereich Nord wird reines Gewerbe, der Bereich Süd gemischt mit zusätzlich 6 Millionen Mietertrag pro Jahr. Wo liegt dann am Ende der Gesamtmietertrag für die Cham Group?
Stand heute rechnen wir bis 2035 mit rund 42 Millionen Franken. Davon stammen circa 35 aus dem Papieri-Areal und sieben aus dem Nord- und Südteil des Pavatex-Areals. Es ist grossartig für uns alle, ein so grosses Areal aus einer Hand und aus eigener Kraft entwickeln zu können. Für Cham, aber auch für die ganze Region entsteht ein echter Mehrwert.