Hansjürg Leibundgut mit Hybridkollektor ETH-Professor Hansjürg Leibundgut mit dem Hybridkollektor, der Teil der Dachkonstruktion ist. (Bild: Peter Rüegg/ETH Zürich)
Zürich – Ein Set an neuen Gebäudetechnologien macht es möglich, Gebäude zu heizen und zu kühlen, ohne dabei CO2 auszustossen. Unter dem Label «2SOL» will eine Firmen-Allianz den an der ETH entwickelten Komponenten nun zum Durchbruch verhelfen.
Rund 40 Prozent der CO2-Emissionen in der Schweiz gehen auf das Konto von Gebäuden. Gebäudesanierungen spielen deshalb eine wichtige Rolle in der Strategie des Bundes, die Treibhausgas-Emissionen durch Massnahmen im Inland zu reduzieren. Bessere Wärmedämmungen von Gebäuden und effizientere Öl- und Gasbrennern stellen eine Möglichkeit der Sanierung dar. Einen anderen Weg schlägt die ETH Zürich vor mit einem Set an Gebäudetechnologien, die geeignet sind, Gebäude praktisch ohne CO2-Emissionen zu heizen und zu kühlen.
Überschüssige Sonnenenergie im Sommer wird im Erdreich zwischengelagert und im Winter fürs Heizen des Gebäudes verwendet. Umgekehrt kann das Gebäude über die Fussbodenheizung im Sommer auch gekühlt werden. Die Raumkühlung mit dem Erdspeicher ist möglich, weil diesem die Wärmeenergie im Winter entzogen worden ist.
Der Kollektor als Teil des Dachs
Ein erstes wichtiges Element des Gesamtsystems 2SOL ist ein an der ETH entwickelter Hybridkollektor, der einerseits als Photovoltaik-Anlage Solarstrom liefert, anderseits als Sonnenkollektor Wärme in einen Erdspeicher einspeist. Erstmals ist es nun den Forschern gelungen, einen Hybridkollektor zu bauen, der Teil der Dachkonstruktion ist. Statt den Kollektor auf das bestehende Dach zu montieren, werden Dach und Kollektor zu einem Ganzen: Photovoltaikpaneele, thermische Absorber, Dämmung und Tragstruktur bilden eine Einheit und lassen sich auf praktisch jedes Haus montieren.
Wie ein Feuerwehrschlauch
Die so genannte Koaxial-Erdwärmesonde ist die Verbindung, welche mit Wasser als Transportmedium die abgeerntete Wärmeenergie in den saisonalen Erdspeicher führt. Die Erdwärmesonden reichen dabei bis in eine Tiefe von 500 Metern. Die Sonde besteht aus einem Polyestergarn und ähnelt einem Feuerwehrschlauch. Bisherige Erdwärmesonden sind aus harten Kunststoffrohren gemacht, welche es nötig machen, den Raum zwischen Sonde und Bohrloch mit Beton zu füllen. Das bewegliche und anschmiegsame Material der Koaxial-Erdwärmesonde hingegen wird durch den Überdruck direkt an die Wand des Bohrlochs gepresst.
Motor mit Turbokompressor
Wärme, die im Erdreich gespeichert ist, muss im Winter zum Heizen wieder ins Gebäude zurückfliessen. Der Speicher wird somit jeden Winter wieder geleert, damit er im kommenden Sommer abermals gefüllt werden kann. Das aus der Tiefe des Erdreichs hochgepumpte Wasser ist allerdings noch nicht heiss genug, um ein Haus zu heizen. Hier kommt nun die dritte zentrale Komponente des 2SOL-Systems ins Spiel, die Niederhub-Wärmepumpe, die das Wasser auf die notwendige Temperatur von 28 bis 35 Grad wärmt. Die Wärmepumpe verfügt über einen an der ETH entwickelten Elektromotor mit gekoppeltem Turbo-Kompressor, der mit 200‘000 Umdrehungen pro Minute arbeitet. Die Turbo-Wärmepumpe kann die Wärme aus dem Erdspeicher mit wenig Strom auf die gewünschte Nutztemperatur veredeln.
Zum Gesamtsystem 2SOL gehört auch, dass die verschiedenen Gebäudetechnologien durch eine intelligente Steuerung und Überwachung optimal aufeinander abgestimmt sind. Mit einer Fläche von rund 80 Quadratmetern Hybridkollektoren auf dem Dach, dem Einsatz der neusten Erdwärmesonde und der Turbo-Niederhub-Wärmepumpe kann eine Nutzfläche von rund 750 Quadratmetern beheizt werden, was einem dreigeschossigen 7-Familienhaus entspricht. Unter der Bedingung, dass der externe Strom, den es für den Betrieb der Wärmepumpe braucht, aus erneuerbaren Quellen stammt, erreicht man, dass das Gebäude ohne CO2-Emissionen beheizt und gekühlt wird.
Allianz für die Markteinführung
Eine Allianz von zwölf Schweizer Firmen hat sich unter dem Label 2SOL zusammengetan, um die verschiedenen Technologien weiter zu entwickeln und zur Marktreife zu bringen. Es sind Firmen, die unterschiedliches Know-how einbringen, von Geräte- und Systemanbietern über Ingenieur- und Planungsunternehmen bis hin zu Installationsfirmen. Ihnen gemeinsam ist, dass sie alle vom Ansatz überzeugt sind, Gebäude emissionsfrei heizen und kühlen zu können. (ETH/mc/pg)