Professor Wolfgang Wagner von der TU Wien. (Foto: TU Wien)
Wien – Die Bodenfeuchte beeinflusst das Weltklima. Durch Satellitendaten steht nun erstmals ein Langzeit-Datensatz zur Verfügung – präsentiert von der ESA, der TU Wien und der Freien Universität Amsterdam.
Wie geht es mit unserem Klima weiter? Um diese Frage zu beantworten, muss man eine ganze Reihe von Messgrößen beobachten: Von der Wolkendichte bis zur Dicke des antarktischen Eises. Einer dieser wichtigen Klimaparameter ist die Bodenfeuchte. Sie ist schwer zu messen – doch nun präsentiert die ESA gemeinsam mit dem Institut für Photogrammetrie und Fernerkundung der TU Wien und der Freie Universität Amsterdam einen Datensatz, in dem Daten über Bodenfeuchte auf der ganzen Welt seit 1978 dargestellt sind. Möglich wurde das durch aufwändige mathematische Aufbereitung ganz unterschiedlicher Satellitendaten.
Wärmeres Klima – geänderte Bodenfeuchte
Zwar macht die Bodenfeuchte nur 0.001% des weltweiten Wasservorkommens aus, doch für das Klima ist dieses Wasser von grosser Bedeutung. „Den Zusammenhang zwischen dem Klima und der Bodenfeuchte hat man noch immer nicht gut verstanden, bisher fehlten einfach die langfristigen Daten dafür“, erklärt Professor Wolfgang Wagner von der TU Wien. Die Klimaerwärmung kann die Verdunstung erhöhen und somit die Böden austrocknen, und durch trockenere Böden wird die Luft stärker aufgeheizt. So entsteht eine positive Rückkoppelung, die zu häufigeren extremen Hitzewellen führen kann. Andererseits kann wärmere Luft auch mehr Wasser aufnehmen und dann zu erhöhtem Niederschlag führen. „Die Auswirkungen des Klimawandels sind von Region zu Region unterschiedlich“, sagt Wolfgang Werner, „gerade deshalb brauchen wir langfristige verlässliche Modelle Daten für die ganze Welt.“
Mikrowellen aus dem Weltraum
Die Bodenfeuchte kann weltweit mit Hilfe von Satelliten gemessen werden: Man greift dabei auf Mikrowellenstrahlung zurück, die im Gegensatz zu sichtbarem Licht die Wolkendecke problemlos durchdringen kann. Entweder wird die natürliche Mikrowellenstrahlung der Erde gemessen und daraus auf die Bodenfeuchte geschlossen (passive Messung), oder der Satellit sendet gezielt Mikrowellenpulse auf die Erde und misst, wie stark dieser Puls von der Erdoberfläche reflektiert wird (aktive Messung). Im Lauf der Jahre waren ganz verschiedene Satelliten mit unterschiedlichen Messmethoden im Einsatz. „Die grosse Herausforderung ist, aus den verschiedenen Mikrowellen-Messdaten aus mehreren Jahrzehnten zuverlässig die Bodenfeuchte zu berechnen“, sagt Wolfgang Wagner.
Ambitionierte Ziele
Die Europäische Weltraumorganisation ESA unterstützte im Rahmen ihrer „Climate Change Initiative“ die Erstellung der Bodenfeuchte-Datenbank. Messungen von unterschiedlichen europäischen und amerikanischen Satelliten wurden für die Berechnungen verwendet – nun wird der vollständige Datensatz präsentiert, in dem man die Bodenfeuchte auf der ganzen Welt im Zeitraum von 1978 bis 2010 nachverfolgen kann. Die Daten werden in Zukunft als wichtiges neues Werkzeug für die Klimaforschung zur Verfügung stehen. „Während die USA derzeit das Geld für klimarelevante Erdbeobachtung kürzt, plant die ESA in diesem Bereich sehr ambitionierte Projekte“, sagt Wolfgang Wagner. „Wir Europäer sind hier in einigen Bereichen der Erdbeobachtung bereits weltweit führend und haben die Chance, weitere wichtige Akzente zu setzen.“
Daten für die Klimaforschung
Die Daten aus den aktiven Satellitenmessungen wurden von der TU Wien aufbereitet (basierend auf Messungen der Satelliten ERS-1, ERS-2 und METOP-A), an den Daten der passiven Satellitenmessungen arbeitete die Freie Universität Amsterdam in Kollaboration mit der NASA. „Um diese Daten dann endgültig zu einer einzigen Datenbank zu verknüpfen, muss man sich viel Detailwissen aneignen“, sagt Wolfgang Wagner. „Technische Spezifikationen der Satellitenmissionen, Sensorkalibrierung, Verschleißerscheinungen – all das mussten wir so gut wie möglich in unsere Berechnungen einbeziehen.“ An einer weiteren Verbesserung der Berechnungsmethoden wird weiterhin gearbeitet. Durch die Veröffentlichung der Daten erwartet das Forschungsteam auch neues Feedback aus der Klima-modellierungs-Community, um damit die Datenqualität noch weiter steigern zu können. (TU Wien/mc/pg)