Massenblühen: Sicht auf die Baumkronen im Lambir Hills National Park in Borneo (Malaysia). (Bild: UZH)
Zürich – Eine Trockenperiode lässt die Bäume in Borneos Tropenwälder gleichzeitig erblühen. Evolutionsbiologen der Universität Zürich identifizierten zwei Gene, die eine unmittelbar bevorstehende Pflanzenblüte anzeigen. Überwacht man diese Gene gezielt, lässt sich das Massenblühen eher voraussagen. Dadurch können Pflanzensamen koordiniert gesammelt und für die Wiederaufforstung genutzt werden.
Tropische Pflanzen blühen in unregelmässigen, überjährigen Intervallen. Für Borneos und andere tropische Wälder ist zudem das Massenblühen typisch: hunderte von verschiedenen Pflanzenarten der Familie der hohen Zweiflügelfruchtbäume (Dipterocarpen) blühen gleichzeitig. Dieses Phänomen ist umso rätselhafter, als die Temperaturen und Tageslänge in Äquatornähe über das ganze Jahr relativ konstant sind. Bislang vermutete man, dass mehrwöchige Trockenperioden das Massenblühen in Borneos Wäldern auslösen könnten. Empirische Daten sowie Genanalysen dazu fehlten aber.
Nun identifizierte ein internationales Forschungsteam unter der Leitung von Evolutionsbiologen der Universität Zürich zwei Gene, die das Blühen eines tropischen Laubbaumes der Art Shorea beccariana auslösen. Nach Trockenperioden weisen die zwei Gene SbFT und SbSVP unmittelbar vor der Blüte eine stark veränderte Transkription auf. Die Forschenden können die Blühfunktion dieser zwei Gene zudem an gentechnisch veränderten Arabidopsis Pflanzen nachweisen.
Vierwöchige Trockenheit löst Blüte aus
Zusammen mit Kollegen aus Malaysia, Taiwan und Japan sammelten der Doktorand Masaki Kobayashi und sein Betreuer Professor Kentaro Shimizu Knospenproben eines Shorea-beccariana-Baumes – sechsmal während zweier Jahre kurz vor der Blüte. Anschliessend lasen sie das Genom des Probenmaterials mittels eines Sequenzierungsverfahrens der nächsten Generation (next generation sequencing) ab.
Kobayashi und Shimizu identifizierten dabei 98 Gene, die für das Blühen des Baumes relevant sind – darunter die Gene SbFT und SbSVP, die im Anschluss einer Trockenperiode und kurz vor der Blüte anders transkribiert wurden. Die Wissenschaftler kombinierten anschliessend ihre genetischen Resultate mit den meteorologischen Daten der Region. Das Fazit von Kobayashi: «Die Blüte des Shorea beccariana wird durch eine vierwöchige Trockenheit in Kombination mit höheren Saccharose-Werten ausgelöst.»
Gene zeigen Massenblühen an
Klimaveränderungen werden die Häufigkeit von Trockenperioden verändern und damit voraussichtlich auch die Häufigkeit des Massenblühens. Umweltschutz und Wiederaufforstung waren bis anhin durch die unregelmässigen und somit schwer vorhersagbaren Intervalle des Massenblühens stark erschwert. Man wusste nie, wann man die dazu benötigten Samen sammeln konnte. Die nun identifizierten Gene zeigen ein unmittelbar bevorstehendes Massenblühen an. «Eine gezielte Überwachung der Genaktivität kann ein bevorstehendes Massenblühen anzeigen», so Kobayashi. Somit lässt sich das Einsammeln von Samen koordinieren und Biodiversitäts- und Konservierungsprogramme können stark verbessert werden. Welche Wechselwirkungen sich dabei ergeben, erforschen Kentaro Shimizu und Kollegen weiter im neugeschaffenen Forschungsschwerpunkt «Globaler Wandel und Biodiversität» der Universität Zürich. (Universität Zürich/mc/pg)