Washington / Peking – US-Präsident Donald Trump droht China im Handelskonflikt mit einer neuen Eskalation. Trump wies seinen Handelsbeauftragten Robert Lighthizer an, eine Erhöhung der geplanten Strafzölle auf chinesische Waren im Wert von 200 Milliarden US-Dollar von 10 auf 25 Prozent zu prüfen. Die Massnahme solle die chinesische Regierung zu einem Politikwechsel bewegen, um gerechtere Marktbedingungen zu schaffen, teilte Lighthizer am Mittwoch mit.
Chinas Regierung protestierte scharf. «Wir raten den USA, ihre Haltung zu korrigieren und es nicht mit Erpressung zu versuchen», sagte der Sprecher des Aussenministeriums, Geng Shuang, am Donnerstag in Peking. «Das funktioniert mit China nicht.» Die USA sollten «zur Vernunft zurückkehren», weil sie sich am Ende nur selbst schadeten.
Die USA fordern aber vielmehr chinesisches Entgegenkommen. «Wir haben sehr deutlich gesagt, welche konkreten Änderungen China vornehmen sollte», sagte Lighthizer. Bedauerlicherweise habe die chinesische Regierung ihr Verhalten aber nicht geändert, sondern mit Vergeltung gegen amerikanische Unternehmen, Arbeiter und Landwirte reagiert. Auch fürchten in China tätige US-Firmen, dass sie unter der chinesischen Retourkutsche leiden werden.
Wie wichtig der chinesische Markt für US-Unternehmen ist, zeigt der Internetkonzern Google , der nach Medienberichten eine Suchmaschine entwickelt hat, die jetzt auch der chinesischen Zensur folgt. Die Suchmaschine namens «Dragonfly» (Libelle) würde in China gesperrte Webseiten und Suchanfragen etwa nach Menschenrechten und Demokratie aussortieren, berichteten «The Intercept» und die «New York Times». Kritiker sprachen von einem «schwarzen Tag für die Internetfreiheit».
Staatsmedien: Keine Rückkehr von Google nach China
Chinesische Staatsmedien dementierten allerdings, dass Google auf den mit 730 Millionen Nutzern weltgrössten Internetmarkt zurückkehren könne. Der Internetkonzern hatte sich 2010 zurückgezogen, weil er sich nicht mehr selbst zensieren wollte. Auch hatte es einen massiven Hackerangriff auf Google gegeben, dessen Ursprung in China vermutet wurde. Seither sind Google-Dienste in China gesperrt. Die Zensur blockt auch soziale Netzwerke wie Facebook, Twitter oder Youtube.
Die Entwicklung der neuen Suchmaschine hat nach den Berichten schon vor Ausbruch des Handelsstreits begonnen, für den eine Lösung in immer weitere Ferne zu rücken scheint. Macht Trump seine Drohungen wahr und lässt die Strafzölle auf Importe im Wert von 200 Milliarden US-Dollar in Kraft treten, wäre zusammen mit anderen Sonderabgaben etwa die Hälfte der chinesischen Ausfuhren in die USA betroffen.
Die Liste mit potenziell betroffenen Produkten, die die US-Regierung am 10. Juli vorgelegt hatte, umfasst Konsumgüter wie Möbel und Lebensmittel. Die Liste wird in den nächsten Wochen fertiggestellt. Am 5. September läuft eine Frist ab, innerhalb derer noch Anhörungen laufen. Ursprünglich sollte diese Frist am 30. August enden.
Anfang Juli waren bereits US-Zölle in Höhe von 25 Prozent auf chinesische Importe im Wert von 34 Milliarden US-Dollar in Kraft getreten. Als Vergeltung erhebt China inzwischen Sonderabgaben auf Autos aus den USA, aber auch auf landwirtschaftliche Erzeugnisse wie Sojabohnen, Schweinefleisch, Rindfleisch und Molkereiprodukte. Es zielt damit auf die Wählerschaft Trumps im ländlichen Raum ab.
China kündigt Gegenmassnahmen an
Zudem könnten in Kürze noch 25-prozentige US-Zölle auf chinesische Waren im Wert von weiteren 16 Milliarden US-Dollar folgen. Ein US-Regierungsmitarbeiter erklärte, die Überprüfung dazu laufe noch. Trump droht damit, vielleicht sogar alle Importe aus China im Wert von rund 500 Milliarden US-Dollar mit Abgaben überziehen zu wollen.
China will mit Gegenmassnahmen in ähnlichem Umfang antworten. Diese dürften über blosse Strafzölle hinausgehen, da Chinas Importe aus den USA im vergangenen Jahr nur 130 Milliarden US-Dollar ausmachen. Bisher laufen keine formellen Verhandlungen zwischen beiden Seiten. Der US-Regierungsmitarbeiter sagte, Trump sei aber weiterhin offen dafür. Derzeit führe man informelle Gespräche mit Peking über die Frage, ob «produktive» Verhandlungen möglich seien. (awp/mc/ps)