Trump belastet Beziehungen mit Grossbritannien schwer
London – US-Präsident Donald Trump hat mit einseitigen Äusserungen zur Brexit-Strategie das britisch-amerikanische Verhältnis schwer belastet. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Grossbritanniens Premierministerin Theresa May am Freitag versuchte er zwar, einige seiner zuvor in einem Interview mit der konservativen Boulevarzeitung «The Sun» gemachten Äusserungen zu relativieren. Er wiederholte jedoch seine Einschätzung in dem «Sun»-Interview, Mays grösster innenpolitischer Herausforderer, der zurückgetretene Aussenminister und Befürworter eines harten Brexit, Boris Johnson, würde einen exzellenten Premierminister abgeben.
Mit dem Interview und bereits zuvor bei der Nato in Brüssel gemachten Äusserungen in ähnlicher Richtung hatte Trump den Beginn seines Grossbritannien-Besuches mit einem Eklat beginnen lassen. Ohnehin war die Stimmung rund um die britische Hauptstadt aufgeheizt. Zehntausende gingen in Londons Zentrum auf die Strasse, um gegen die Politik des auf der Insel enorm unbeliebten US-Präsidenten zu demonstrieren. Bürgermeister Sadiq Khan hatte zum Ärger der US-Regierung erlaubt, eine überdimensionale, aufblasbare Puppe als Ballon über der Stadt fliegen zu lassen, die eine Karikatur Trumps als Baby in Windeln zeigt. Am Nachmittag stand für Trump ein Besuch zum Tee bei Queen Elizabeth II. auf Schloss Windsor auf dem Programm.
Freihandelsabkommen angestrebt
Bei den Gesprächen mit May einigten sich beide darauf, nach dem für März 2019 angepeilten Brexit des Vereinigten Königreichs ein gemeinsamen Freihandelsabkommen anzustreben. Das Weissbuch Theresa Mays sieht jedoch vor, dass es auch ein Freihandelsabkommen Grossbritanniens mit dem Rest der EU geben soll.
Besonders im Bereich der für Grossbritannien sehr wichtigen Finanzdienstleistungen könnte dies Sprengstoff liefern, weil sich das von Trump deregulierte System der Wall Street nicht mit den Anforderungen Brüssels deckt und die Londoner City dazwischen steht. «Stellen Sie nur sicher, dass wir zusammen Handel treiben können. Das ist alles was zählt», sagte Trump wörtlich. Zuvor hatten beide auch Gemeinsamkeiten und das enge Verhältnis bei den Themen Verteidigung und Informationsaustausch der Geheimdienste zum Kampf gegen den Terror betont.
May fordert härteren Kurs gegenüber Putin
May forderte Trump vor dessen Treffen mit Russlands Präsident Wladimir Putin zu einem härteren Kurs gegen Moskau auf. «Was wichtig ist, ist dass er ihm aus einer Position der Stärke und einer Position der Einigkeit innerhalb der Nato-Partner gegenübertritt», sagte May. Die Nato-Länder müssten in der Russland-Frage mit einer Stimme sprechen. London wirft Moskaus Geheimdiensten vor, an zwei Attentaten mit Nervengas auf britischem Boden beteiligt gewesen zu sein. Der Kreml bestreitet dies.
Erneute Kritik am deutschen Russland-Kurs
Trump wird nach seinem Aufenthalt in Grossbritannien nach Helsinki weiterreisen. In der finnischen Hauptstadt wird er am Montag mit Putin zu einem Gipfel zusammentreffen. Trump selbst erklärte, sein Kurs gegenüber Moskau sei strikt, auch wenn er wiederholt betonte, ein gutes Verhältnis mit Putin anzustreben. «Wir sind viel härter gegenüber Russland gewesen als jeder andere», sagte Trump. Trump verwies darauf, dass er Nato-Bündnisstaaten beim Gipfel in Brüssel zu der Zusage gedrängt habe, ihre Verteidigungsausgaben zu erhöhen. «Glauben Sie, dass Putin darüber glücklich ist? Das denke ich nicht.»
Der US-Präsident übte erneute scharfe Kritik am Russland-Kurs Deutschlands. Die deutsche Zustimmung zum Bau der Pipeline Nordstream 2 sei «entsetzlich». «Ich denke, dass es ein furchtbares Ding ist, was da gemacht wird, wenn man Milliarden und Abermilliarden Dollar vor allem aus Deutschland und anderen Ländern, aber vor allem aus Deutschland, in die Kasse Russlands spült (…).»
Er wiederholte seine Kritik vom Nato-Gipfel, Deutschland beziehe bis zu 70 Prozent seiner Energie aus Russland. Die Vertretung der Bundesrepublik bei der Nato hatte bereits zuvor klargestellt, Deutschland beziehe nur 23 Prozent seines Energiebedarfs aus Russland.
Trump erklärte auch, Deutschland habe als Reaktion auf einen Russland zugeschriebenen Nervengas-Angriff auf britischem Boden nur drei russische Diplomaten ausgewiesen. Tatsächlich hatte Deutschland vier Diplomaten ausgewiesen. Er verwies darauf, dass die USA als Reaktion auf die Attacke in Grossbritannien 60 russische Diplomaten, die Washington für Spione hielt, ausgewiesen hat.
Kritik an Migrationspolitik
Trump kritisierte erneut die Migrationspolitik der Bundesregierung. «Passt lieber auf Euch auf», riet er am Freitag den Europäern. Die Migration verändere die Kultur und verändere die Sicherheitslage. «Ich glaube nicht, dass das gut für Europa ist und auch nicht für unser Land», sagte Trump. May erklärte, Grossbritannien sei stolz darauf, Einwanderer willkommen zu heissen. Dies müsse aber nach einem geregelten System ablaufen. (awp/mc/pg)